Wochenblatt-Leser Sebastian H.in E. hat im Herbst 2021 Wintergersten-Z-Saatgut gesät. Trotz zehnjähriger Anbaupause stand viel Roggen in der Gerste. Das Saatgut hat er nachträglich bei der Genossenschaft moniert, die das unreine Erntegut zum Marktpreis gekauft hat. Kann er Schadenersatz verlangen? Was kann er zukünftig tun?
Rechtsanwalt Stefan Schomakers vom WLV nimmt Stellung: Es war richtig, dass Sie das Saatgut, nachdem Sie den Mangel festgestellt haben, unmittelbar gegenüber der Genossenschaft moniert haben. Ihnen stehen deshalb Sachmangelhaftungsansprüche nach §§ 434 ff. BGB zu. In erster Linie ist dies immer die Nacherfüllung (Mängelbeseitigung oder Neulieferung). Beide Alternativen der Nacherfüllung sind in diesem konkreten Fall jedoch faktisch unmöglich, zumal das Saatgut ja nicht einfach ausgetauscht werden kann. Aber selbst für den Fall, dass dies theoretisch (mit hohem technischem Aufwand) möglich gewesen wäre, hätte die Genossenschaft sich insoweit auf § 439 Abs. 4 BGB berufen können und die Nacherfüllung aufgrund eines unverhältnismäßigen Aufwandes als unwirtschaftlich ablehnen können.
Grundsätzlich Schadenersatzanspruch
Dafür steht Ihnen dem Grunde nach jedoch ersatzweise ein Schadenersatzanspruch zu. Die Höhe berechnet sich danach, wie Sie bei mangelfreier Lieferung des Saatgutes im Vergleich zu jetzt gestanden hätten (Differenzhypothese). Hier stellt sich die Frage, ob Ihnen überhaupt ein Schaden entstanden ist bzw. ob dieser messbar ist. Hinsichtlich der Qualität der Ernte wird dies zu verneinen sein, zumal die Genossenschaft die gesamte Gerstenpartie zum Marktwert der Gerste von Ihnen käuflich erworben hat. Insoweit spielt es also keine Rolle, wie hoch der Roggenanteil nun tatsächlich war, da Ihnen nicht etwa ein Minderbetrag aufgrund des enthaltenen Roggenanteils ausgezahlt wurde.
Ertragsschaden?
Allenfalls könnte Ihnen ein Ertragsschaden aufgrund der Quantität der Ernte mit der Folge eines insgesamt geringeren Auszahlungspreises (Gewicht der Gesamternte) entstanden sein. In Betracht kommt hier einerseits ein Gewichtsverlust aufgrund des durchschnittlichen „Tausendkorngewichts“, welches bei der Gerste ggf. marginal höher als beim Roggen anzusetzen ist. Andererseits könnte ein Minderertrag bei geringerer Gesamternte auch auf die unterschiedlichen Reifegrade der Getreidekörner zurückzuführen sein, zumal der „Ausschuss“ bei möglicherweise nicht reifen Pflanzen (hier gegebenenfalls Roggen) höher sein könnte, was sich am Ende auf das Gewicht der Gesamternte auswirken kann.
Ein etwaiger Minderertrag wird hier jedoch nur schwer messbar sein. Sie sollten die Argumente gegenüber der Genossenschaft darlegen und versuchen, eine einvernehmliche Einigung erzielen. Gegebenenfalls kann der Minderertrag bezogen auf das Gewicht der Gesamternte einvernehmlich pauschal (etwa 1 bis 2 %) festgelegt werden und die Differenz an Sie ausgezahlt werden.
Weitere Schäden aufgrund des erhöhten Roggenanteils – etwa dauerhafte Probleme bei der Fruchtfolge oder dauerhafte Ertragseinbußen – sehen wir nicht.
Unbedingt Rückstellprobe
Zukünftig hätten Sie gegebenenfalls nur die Möglichkeit, das Saatgut vor der Aussaat stichprobenartig zu kontrollieren bzw. kontrollieren zu lassen. Sollten Sie hier dann bereits einen Mangel feststellen, sollte das Saatgut nicht ausgesät, sondern moniert werden. Dann hätten Sie einen Anspruch auf Neulieferung (Austausch des Saatgutes).
Wir empfehlen immer eine Rückstellprobe des Saatgutes.
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(Folge 34-2022)