Wochenblatt-Leserin Kerstin W. fragt: Ich habe ein Erbbaugrundstück verpachtet. Der Pächter hat auf dem Grundstück eine Halle für sein Unternehmen gebaut. Diese Halle steht allerdings nur zu 90 % auf dem Erbbaugrundstück, 10 % stehen auf dem Gelände der Firma. Kann ich verlangen, dass ich die überbaute Fläche kaufen kann, damit sich die Halle komplett auf meinem Grundstück befindet?
Sonja Friedemann, Rechtsanwältin, WLV, antwortet: Grundsätzlich gibt es für einen Eigentümer keinen Anspruch darauf, die überbaute Fläche zu Eigentum zu erwerben. Vielmehr bestimmt § 912 BGB, dass der Nachbar den Überbau zu dulden hat, sofern der Überbau ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit erfolgte. Der Nachbar ist dann durch eine Geldrente zu entschädigen, die sich nach der Zeit der Grenzüberschreitung richtet.
Insofern können Sie von dem Nachbarn, auch wenn er als Pächter den Überbau selbst vollzogen hat, nicht den Verkauf des kleinen überbauten Teiles verlangen.
Zahlung einer Restwertentschädigung
Für den Fall der Beendigung des Erbbauvertrages ist in diesem aber praktisch immer geregelt, dass der Eigentümer des Grundstückes auch Eigentümer des Gebäudes wird – gegen Zahlung einer Restwertentschädigung. Diese richtet sich dann der Höhe nach nur nach den 90 %, die auf Ihrem Grundstück stehen. Für die restlichen 10 % hat der Nachbar den Überbau zu dulden und Sie zahlen, sofern verlangt, eine kleine Überbaurente.
Selbstverständlich können Sie sich auch auf einen Erwerb des Grundstückes mit dem Nachbarn freiwillig einigen, erzwingen können Sie ihn aber nicht.
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(Folge 26-2023)