Wochenblatt-Leserin Verena S. fragt: Wir möchten einen Stall zu zwei Wohnungen ausbauen. Die Genehmigung haben wir nicht erhalten. Begründung: Es gebe keine Zuwegung zur öffentlichen Verkehrsfläche. Ein Teil des Weges (etwa 20 m) von unserem Hof zur öffentlichen Straße gehört nicht uns, sondern einem Nachbarn. Ein Wegerecht ist nicht eingetragen. Der Nachbar steht unserem Bau kritisch gegenüber. Wie ist die Rechtslage?
Sonja Friedemann, Rechtsanwältin, WLV, antwortet: Bei Ihrem Vorhaben handelt es sich um ein sogenanntes begünstigtes Bauvorhaben nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB. Auch hierfür muss eine ausreichende Erschließung gesichert sein. Daran werden zwar im Außenbereich nicht allzu hohe Anforderungen gestellt, eine wegemäßige Erschließung liegt jedoch nur dann vor, wenn sich die Zuwegung bis zum Bauvorhaben über öffentliche Wege oder eigene Privatwege darstellen lässt. In Ihrem Fall erfüllt ein Teil der Zuwegung (20 m lang) diese Voraussetzung nicht, da es sich um einen Privatweg des Nachbarn handelt.
Schon im Jahr 1990 stellte das Bundesverwaltungsgericht klar, dass die verkehrliche Erschließung eines Baugrundstückes, das zum zusammenhängenden Grundbesitz eines einzelnen Grundeigentümers gehört, nicht dadurch gesichert ist, dass ein anderes Grundstück an eine öffentliche Straße grenzt. Auch wäre es laut Bundesverwaltungsgericht nicht ausreichend, dass der Nachbar lediglich eine Baulast erklärt, die Ihr Hinterliegergrundstück als erschlossen gelten lässt. Es ist also notwendig, dass eine befahrbare, rechtlich gesicherte Zufahrt zu einem öffentlichen Weg besteht.
Dienstbarkeit im Grundbuch eintragen
Die rechtliche Sicherung muss so gestaltet sein, dass die Zufahrt auf Dauer, das heißt für die Zeit der Nutzung, gesichert ist. Dies kann zum Beispiel durch Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zu Ihren Gunsten erfolgen, die im Grundbuch eingetragen wird. Nur ausnahmsweise, und dies sollten Sie vorher mit der Baugenehmigungsbehörde besprechen, kann auch eine einseitige Verpflichtungserklärung des Grundstücksnachbarn ausreichen. In dem Vertrag muss sich der Nachbar dabei zusätzlich verpflichten, den Vertragsinhalt an Rechtsnachfolger weiterzugeben, damit im Falle des Eigentumswechsels die Sicherung nicht verfällt. Solche Verpflichtungserklärungen werden in der Regel von den Baugenehmigungsbehörden nur anerkannt, wenn eine Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen wird.
Nun schildern Sie aber, dass Ihr Nachbar Ihrem Bauvorhaben skeptisch gegenübersteht und es deshalb wohl nicht aktiv unterstützen wird. Wenn es sich um die einzige Zufahrt handelt, die zu Ihrem Hof besteht, könnten Sie von Ihrem Nachbarn die Einräumung eines Notwegerechtes gegebenenfalls auch gerichtlich verlangen. Allerdings trägt ein solches Vorgehen in der Regel nicht zur nachbarschaftlichen Freude bei. Deswegen ist es sicher aussichtsreicher, mit dem Nachbarn eine Vereinbarung zu treffen. Gegebenenfalls können Sie ihm anbieten, sich an den Unterhaltungskosten des Weges zu beteiligen oder ihm eine kleine Geldzahlung, quasi eine Notwegrente, bezahlen. Gegenüber der Bauordnungsbehörde kann man argumentieren, dass das Angebot auch einer vom Bauherrn noch vorzunehmenden Erschließung angenommen werden muss, wenn die Erschließung dann bis zum Bezug der ausgebauten Wohnungen tatsächlich erfolgt ist.
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(Folge 13-2023)