Der Begriff „Sattelmeier“ ist nur bekannt für eine Reihe größerer Bauernhöfe zwischen Herford, Bielefeld und Enger. Um diese Hofstellen ranken sich vielerlei Erzählungen und Riten. So sollen die Gründer dieser Höfe die engsten Gefährten des Sachsenherzogs Widukind gewesen sein, der als zeitweiliger Gegenspieler Karls des Großen um 800 gelebt hat. Berühmt ist auch der Brauch, dass nach dem Tod eines Sattelmeierbauern zunächst das Pferd dem Sarg zu folgen habe und dann erst Familie und Trauergemeinde – „erst das Ross, dann der Tross“, sagte man dazu. Das Pferd wurde sogar während der Beisetzungszeremonie zum offenen Grab geführt. Das alles sollte die enge Bindung zwischen dem Sattelmeier und dem Pferd unterstreichen.
Die Sattelmeierhöfe weisen eine mehrere Jahrhunderte währende Geschichte auf. Doch die Herkunft auf Widukind und seine Gefährten im 8./9. Jahrhundert zurückzuführen, ist frei erfunden. Die ältesten Hinweise auf die „Sattelmeierhöfe“ sind erst 800 Jahre nach dem Tod Widukinds entstanden, wie der Historiker Roland Linde herausgefunden hat. Diese Hinweise stammen damit aus der Zeit, als das Minden-Ravensberger Land 1647 endgültig an Brandenburg-Preußen fiel. Für 1651 ist zum ersten Mal erwähnt, dass die Sattelmeier dem Krieg führenden Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg „dazumal ein jeder ein Pferd und einen Dragoner darauf mundiret (bewaffnet)“ bereitstellen sollten. Dem neuen preußischen Landesherrn mussten die Sattelmeier also je ein Pferd und einen bewaffneten Reiter zur Verfügung stellen.
Diese besondere Verpflichtung zur Landesverteidigung war wenige Jahrzehnte zuvor noch völlig unbekannt. Im berühmten „Ravensburger Urbar“ von 1556 beispielsweise, das sämtliche Höfe der Region auflistet und beschreibt, fehlt jeder Hinweis auf die „Sattelmeier“ und ihre Dienstpflicht.
Dass diese Bauernhöfe etwas mit Widukind zu tun hätten, wurde erst später erfunden und in die Welt gesetzt. Dieser sagenhaften Erzählung schenkte man im romantisch-nationalen 19. Jahrhundert immer mehr Glauben. Sie wurde zur Sage, zum Erzählstoff – und fehlt bis heute in kaum einer Beschreibung des Minden-Ravensberger Landes.
Ein Buchtipp zum Thema: Upmeier zu Belzen – Geschichte eines ravensbergischen Sattelmeierhofes – herausgegeben von Gisela Upmeier zu Belzen, mit Beiträgen von Roland Linde, Lutz Volmer und Herbert Upmeier zu Belzen. Lage 2010, ISBN 978-3-89918-029-9, 24,80 €.