Wochenblatt-Leser Michael D. in L. besitzt ein Fachwerkhaus im Ruhrgebiet. In diesem Sommer ist in einer Ecke ein etwa 1,50 cm breiter Riss aufgetreten. Ein Statiker hat ihm erklärt, der Riss sei auf den Wassermangel im Untergrund zurückzuführen, ein Bodenbereich habe sich durch die Trockenheit zusammengezogen. Der Experte riet zu wässern. Nun wässert er seit mehreren Monaten mit einem 30-m-Tropfschlauch. Ist diese Maßnahme erfolgversprechend?
Architekt Wolfgang Riesner, Petershagen, gibt Auskunft: Ich kann natürlich nicht beurteilen, ob für die Rissbildung noch andere Ursachen infrage kommen, zum Beispiel Schäden am Fachwerk. Sollte dies nicht der Fall sein, ist eine Gebäudeabsenkung infolge der lang anhaltenden Trockenheit der zurückliegenden Jahre möglich. Dass die Tröpfchenbewässerung hier jedoch kurzfristig Abhilfe schaffen kann, würde ich eher bezweifeln.
Volumen der Tonschicht verringert sich
Das beschriebene Schadensbild tritt auch bei einigen von mir betreuten Bestandsgebäuden auf. Der Grund sind oberflächennahe tonhaltige Schichten im Untergrund, deren Volumen sich durch die voranschreitende Austrocknung zunehmend verringert.
Grundsätzlich nimmt bei Durchfeuchtung der Tonschichten deren Volumen durch Quellen wieder zu. Im feuchten Zustand sind die plättchenartigen Tonminerale von einem feinen Wasserfilm umgeben. Wenn diese dünnen Wasserhüllen bei zunehmender Trockenheit immer dünner werden und am Ende ganz verschwinden, verringert sich auch das Volumen der Tonschichten und es kommt zu Absenkungen der auf ihnen stehenden Gebäude. Ist dieser Vorgang über das Gebäude nicht gleichmäßig, kann es zur Rissbildung kommen.
Die Tröpfchenbewässerung dürfte kurzfristig keine Abhilfe schaffen. Überdies besteht sogar die Gefahr, dass das sehr oberflächennah dargebotene Wasser die Fachwerkbauteile durchfeuchtet.
Tiefendurchfeuchtung angeraten
Eher hilfreich wären Bohrungen, die mehr in die Tiefe gehen. Über die Bewässerung ließe sich an diesen Stellen Feuchtigkeit weiter in den Untergrund bringen. Abstände, Tiefe usw. lassen sich nicht pauschal aus der Ferne angeben. Um die Untergrundbeschaffenheit zu erkunden, könnte ein Bodengutachten helfen. Die Kosten dafür liegen vermutlich bei etwa 2000 bis 3000 €.
Rissmonitor anbringen
Bei einem mir bekannten Restaurierungsvorhaben mit ähnlicher Problematik hat der Bauherr einen sogenannten „Rissmonitor“ angebracht, um die Bewegungen der beiden Wandteile besser nachvollziehen zu können. Die Veränderungen können so leicht protokolliert werden. Dieses einfache und recht preiswerte Hilfsmittel ist im Online-Handel erhältlich. Übrigens: In diesem Fall ist der Riss nach Bewässerung der Bohrlöcher im Untergrund wieder leicht zurückgegangen.
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(Folge 43-2022)