Wochenblatt-Leserin Jennifer M. in K. fragt: Der Grundstücksnachbar plant eine Photovoltaik (PV)-Freiflächenanlage. Wir wohnen direkt an der Ackergrenze. Wie werden wir über die planungsrechtlichen Schritte informiert? Wie wird sichergestellt, dass die Anlage uns nicht beeinträchtigt, Stichwort „Blenden“? Besteht die Gefahr von Wasserabfluss, sodass wir einen vermehrten Zufluss zu unserem Grundstück haben? Muss es einen Bebauungsplan geben?
Thomas Hemmelgarn, Rechtsanwalt, WLV, informiert: Zum Planungsrecht gilt: PV-Freiflächenanlagen bedürfen stets einer baurechtlichen Genehmigung und unterliegen grundsätzlich auch den Regeln der Bauleitplanung. Bei PV-Freiflächenanlagen handelt es sich nämlich, von Ausnahmen abgesehen, um nicht privilegierte Außenbereichsvorhaben, sodass zunächst eine Anpassung bzw. Fortschreibung des Flächennutzungsplanes und anschließend die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplanes durch die jeweils zuständige Kommune erforderlich ist.
Flächennutzungsplan
Seit Beginn 2023 ist allerdings eine Bauleitplanung (Flächennutzungs- und Bebauungsplan) u. a. dann nicht mehr erforderlich, wenn sich die für die PV-Freiflächenanlage in Anspruch genommene Fläche innerhalb eines 200-m-Korridors entlang von Autobahnen oder Schienenwegen mit zwei Hauptgleisen befindet.
Baugenehmigung immer erforderlich
Eine Baugenehmigung ist aber auch in diesem Fall erforderlich; der Antrag hierfür ist bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde, der Kommune oder bei kreisangehörigen Kommunen mit weniger als 25 000 Einwohnern bei der Kreisverwaltung zu stellen. In dem Baugenehmigungsverfahren wird u. a. geprüft, ob die Anlage mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie dem Boden-, Arten- oder Naturschutzrecht, im Einklang steht.
Blendgutachten
Abhängig von der vorhandenen Umgebung der Anlage ist auch ein sogenanntes Blendgutachten beizubringen, welches Lichtreflexionen und Spiegelungen der Module und hiermitetwaig verbundene Beeinträchtigungen zum Beispiel von Straßenverkehr oder vorhandener Wohnbebauung untersucht.
Wasserzufluss
Aus wasserrechtlicher Sicht sind PV-Freiflächenanlagen grundsätzlich nicht problematisch, da anfallendes Niederschlagswasser in der Regel ungehindert in dem Freiraum zwischen den einzelnen Modulreihen abfließen und versickern kann.
Bebauungsplan einsehen
Sofern für das Vorhaben ein Bebauungsplan aufgestellt werden muss, wird dieser durch die Kommune aufgestellt und für jedermann einsehbar für die Dauer eines Monats öffentlich ausgelegt. Im Rahmen der Auslegung können sodann Anregungen, Einwände oder Stellungnahmen abgegeben werden.
Ist nach den eingangs beschriebenen Voraussetzungen die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Vorhaben nicht erforderlich, bedarf der Vorhabenträger dennoch einer Baugenehmigung, die allerdings in der Regel ohne Information oder Beteiligung der Eigentümer von Nachbargrundstücken erfolgt.
Klage einlegen
Gegen eine erteilte Baugenehmigung können Sie innerhalb eines Jahres, nachdem Sie von der Baugenehmigung sichere Kenntnis erlangt haben oder hätten erlangen können, Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht einlegen, wenn Sie sich durch die erteilte Genehmigung in Ihren Rechten beeinträchtigt sehen.
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(Folge 5-2024)