Wochenblatt-Leser Josef G. in C. fragt: Der Betreiber einer PV-Freiflächen- und Windenergieanlage möchte Stromkabel und Telekommunikationsleitungen an unserer Ackerfläche entlang verlegen. Die Kabeltrasse wird etwa 40 cm breit sein und 1 m tief verlegt werden. Sie verläuft dann direkt an der Grundstücksgrenze. Mir wurde ein Nutzungs- und Gestattungsvertrag vorgelegt. Als Entschädigung würden einmalig 10 €/lfd m Leitungsweg gezahlt, Nutzungsdauer etwa 30 bis 40 Jahre. Ist dieser Betrag angemessen?
Hubertus Schmitte, Rechtsanwalt, WLV, nimmt Stellung: Die Gestaltung der Entschädigung für die Duldung von Stromleitungen unterliegt freiem Verhandeln. Bislang gibt es keine gesetzliche Verpflichtung Ihrerseits, solche Erschließungskabel zu dulden.
Das soll sich aber ändern. Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes möchte die Bundesregierung den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen und sieht dafür Duldungspflichten zulasten von Grundstückseigentümern und Nutzungsberechtigten (Pächtern) eines Grundstücks vor. Diese sollen zukünftig die Verlegung und den Betrieb von Leitungs- und Netzanschlussinfrastruktur, die Anlagen zur Erzeugung erneuerbaren Stroms mit dem Stromnetz verbinden, auf dem Grundstück dulden müssen. Geregelt werden soll dies in § 11a des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG).
Womöglich demnächst Duldungspflicht
Die Besonderheit besteht darin, dass in Absatz 2 dieses Paragrafen geregelt werden soll, dass der Betreiber der EEG-Anlage dem Grundstückseigentümer bei Inbetriebnahme der Leitung nur einmalig 5 % des Verkehrswertes der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche zu zahlen hat. Wenn man davon ausgeht, dass Ihre Ackerfläche 10 €/m² Wert ist, wäre dies also – einmalig – ein Entgelt von 50 Cent/m² Schutzstreifen. Dies ist extrem wenig!
Daher protestieren die Landwirtschaftsverbände – auch der WLV – gegen diese Regelung, zumal wir dafür keinen praktischen Bedarf sehen. Durchweg ist der Anlagenbetreiber zusammen mit dem Grundeigentümer im Stande, eine wirtschaftlich vertretbare Einigung zu erzielen. So ist es auch in Ihrem Fall: Hier werden 10 € pro lfd m geboten, obgleich die Kabeltrasse nur 40 cm breit ist, an der Grundstücksgrenze verläuft, und in 1 m Tiefe verlegt wird. Dieser Preis ist angemessen und in Ordnung. Mitunter hört man, dass mehr gezahlt wird, mitunter weniger. Dabei entscheiden die individuellen Verhältnisse.
Vertrag mit Anlagenbetreiber abschließen
Wann über das oben genannte Änderungsgesetz im Bundestag entschieden wird, können wir noch nicht sagen. Der Bundestag hat am 19. Oktober 2023 erstmals über den Gesetzentwurf der Bundesregierung beraten. Ob diese Regelung wirklich noch verhindert werden kann, ist nicht sicher zu sagen. Daher schließen Sie besser jetzt den Vertrag mit dem Anlagenbetreiber, ehe Sie dessen Leitung gegen ein minimales Entgelt auch gegen Ihren Willen erdulden müssen.
Lesen Sie mehr:
(Folge 9-2024)