Steuer für Fungizide und Co?

Die seit Jahren immer wieder aufkommende Diskussion um die Einführung einer Steuer auf Pflanzenschutzmittel erhält neue Nahrung. Nach Meinung des Landwirtschafts- und Umweltministeriums des Landes Schleswig-Holstein werden in der Landwirtschaft zu hohe Mengen an Pflanzenschutzmitteln ausgebracht.

Es besteht Handlungsbedarf, so der grüne Umweltminister Robert Habeck und hat das Helmholtz-Institut für Umweltforschung beauftragt, die Einführung einer Abgabe auf Pflanzenschutzmittel in Deutschland zu prüfen.

Gutachten empfiehlt Steuer

Das Gutachten liegt nun vor: Eine Steuer auf Pflanzenschutzmittel wird empfohlen, um Hersteller, Händler und Anwender an den ökologischen und gesundheitlichen Folgen des Pflanzenschutzmittel-Einsatzes zu beteiligen.

In dem Gutachten wird empfohlen, den Beispielen von Dänemark, Frankreich und Schweden zu folgen und auch in Deutschland eine Steuer auf Pflanzenschutzmittel zu erheben. Dabei sollen ähnlich der dänischen Steuer Mittel mit hohen umwelt- oder gesundheitsschädlichen Risiken überdurchschnittlich besteuert werden, um die Verwendung weniger riskanter Mittel zu fördern.

Grundabgabesatz von 20 €/ha und Jahr

Ein Blick in die Zusammenfassung des Gutachtens zeigt die drastischen Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Vorgeschlagen wird, eine Steuer bzw. Abgabe bei den inländischen Herstellern und Importeuren bzw. den Groß- und Einzelhändlern zu erheben. Das Konzept sieht einen Grundabgabesatz in Höhe von 20 €/ha und Jahr vor. Ergänzt werden soll dieser Pauschalbetrag um einen sogenannten humantoxikologischen Faktor, der in Abhängigkeit vom jeweiligen Risikopotenzial für Verbraucher und Anwender erhoben wird sowie ein Zusatzfaktor für in der Zulassung gefährdete Wirkstoffe, die in der EU als sogenannte Substitutionskandidaten eingestuft sind.

Die Abgabe lasse im Ackerbau einen durchschnittlichen kurzfristigen Rückgang der Pflanzenschutzmittel-Nutzung um 20 % erwarten.

Höhere Kosten tragbar

Allein der Basisabgabesatz in Höhe von 20 €/Jahr führt nach Meinung der Umweltforscher zu einer Preissteigerung pro Pflanzenschutzmittel von über 40 % pro ha und Jahr. Für die Landwirtschaft, so das Gutachten, erscheine eine Abgabe in dieser Höhe insgesamt ohne Weiteres tragbar zu sein. Nach Abschätzung des Umweltinstitutes liege der Einfluss auf den Gewinn im Ackerbau „unter oder bei 20 %“. Gleichwohl räumt das Umweltinstitut ein, dass die Rentabilität des Anbaus einzelner landwirtschaftlicher Kulturen mit nur wenig zugelassenen Pflanzenschutzmitteln in Deutschland gefährdet sei. Dabei müsse die Abgabe auch für Fälle gelten, in denen die Gewinnsituation empfindlich getroffen wird.

Das Aufkommen der Pflanzenschutzmittel­abgabe könnte sich auf rund 1 Mrd. € je nach Ausgestaltung und Mengenreaktion belaufen. Ein großer Teil der Einnahmen soll dem Gutachten zufolge den Ländern zur Verfügung gestellt und „die bezweckten positiven Wirkungen auf Mensch und Umwelt“ verstärken.

Keine Lenkungswirkung

Heftige Kritik übt Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, an dem Vor­-stoß des schleswig-holsteinischen Land-wirtschaftsministers. Eine Pflanzenschutzsteuer bringe keine Zusatznutzen für die Landwirtschaft. Sie sei vielmehr Ausdruck einer technikfeindlichen Haltung und eines Misstrauens gegenüber den weltweit vorbildlichen Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel in Deutschland und Europa. Die Studie gehe von einer Belastung der Landwirtschaft durch die Steuer in Höhe von 1 Mrd. € aus. Dies entspreche einem Beitrag von über 80 €/ha Ackerfläche.

Auch der Bundesverband der agrargewerblichen Wirtschaft (BVA) weist die Steuer entschieden zurück. Es sei ein Irrweg zu glauben, dass sich mit einer Pflanzenschutzsteuer ein ökonomischer Anreiz zur Verringerung von Pflanzenschutz-Anwendungen schaffen ließe. In anderen Ländern habe sie nicht zu dem gewünschten Lenkungseffekt geführt.

Nach Meinung des Deutschen Raiffeisenverbandes führt die Steuer die deutsche Agrarwirtschaft ins Abseits. Die Steuer verteuere die Produktion und schaffe Anreize für illegale Importe von Pflanzenschutzmitteln. ekg