„Sollen wir zurück schießen?“

Jedes Jahr erinnert das Erzbistum Paderborn mit einem großen Volksfest an die Ankunft der Reliquien des heiligen Liborius aus dem französischen Le Mans nach Paderborn im Jahr 836. Zu den Feierlichkeiten gehört stets auch ein Tag des Landvolkes. Nach dem Motto: Kirche und Land – Hand in Hand.

Am vergangenen Dienstag hatten sich die Organisatoren um Msgr. Uwe Wischkony, neuer Direktor der katholischen Landvolkshochschule Hardehausen, das schwierige Thema „Europa“ ausgesucht: Was kann die Europäische Union (EU) tun, damit die Krise in der Ukraine nicht weiter eskaliert, der Flüchtlingsstrom aus Afrika in die EU abebbt oder im Nahen Osten die Waffen schweigen? Wie kann man „alte Mauern“ in den Köpfen und Herzen der Menschen einreißen?

60 Jahre Frieden – das sollten wir nicht gefährden

Ein leidenschaftliches Plädoyer für die Idee eines geeinten, freien Europa hielt Elmar Brok im voll besetzten Schützenhof. Brok ist seit 1980 (!) Abgeordneter des EU-Parlamentes und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Die EU habe ihren jetzt 28 Mitgliedsstaaten einen 60-jährigen Frieden, Freiheit und Wohlstand gesichert. Sie basiere auf gemeinsamen Werten und Ideen, geprägt von einem christlichen Menschenbild.

Unser Wohlstand
Kirsten Gierse-Westermeier hat 2014 den landwirtschaft- lichen Grundkurs besucht. Kürzlich bereiste sie Südafrika: „Die Armut dort hat mir deutlich gemacht, wie froh wir über die Lebens- qualität bei uns sein können. In Europa müssen wir uns abends keine Gedanken machen, ob wir am nächsten Tag satt werden oder nicht. Wir können einen Beruf erlernen, der uns Spaß macht. In anderen Staaten ist das keine Selbstverständlichkeit.“

In den Medien werde häufig die Hilfslosigkeit der EU etwa gegen Kreml-Chef Putin angeprangert, so der Abgeordnete. Doch wie solle der Westen auf die Völkerrechtsverletzungen in der Ukraine oder auf der Krim reagieren? „Sollen wir Panzer schicken oder sogar schießen? Sollen wir wie 1914 einen Krieg anzetteln, den eigentlich keiner wollte und der Mitteleuropa Millionen Tote gebracht hat?“, fragte der Festredner.

Nein, Krieg und Gewalt seien keine Optionen. Die EU könne nur auf dem Verhandlungswege und mit wirtschaftlichem Druck etwas erreichen. Brok: „Wir werfen unsere Werte und Überzeugungen in die Waagschale. Und wir verweisen auf das Völkerrecht. Danach darf jedes Volk frei entscheiden, wie es sich entwickeln will.“

Weihbischof Hubertus Berenbrinker forderte mehr Solidarität – zwischen den Generationen, innerhalb Europas und zwischen Europa und den Entwicklungsländern. Man müsse den einzelnen Menschen und nicht das Geld in den Mittelpunkt stellen. Große Hoffnung setzt der Weihbischof in Papst Franziskus. „Er lebt Solidarität in Wort und Tat vor.“ Armin Asbrand