Rüffel für die Gänsefreunde



Eine immer größere Anzahl von Grau-, Nil- und Kanadagänsen, die das ganze Jahr über in der Nähe von Wasserflächen leben, bereiten den Landwirten am Niederrhein erhebliche Verluste.

Doch sie können jetzt aufatmen: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW hat Ende März entschieden, dass die Jagdbehörde die Schonzeit für die nicht brütenden oder nicht jungtierführenden, flugfähigen Gänse sowie die flugfähigen Gössel (Jungtiere) im Frühsommer unter bestimmten Voraussetzungen aufheben muss. Nämlich dann, wenn ein Landwirt erhebliche Schäden erleidet und andere Mittel zur Schadenabwehr nicht greifen.

Teurer Gänse-Besuch

2011 verzeichnete Roderich Freiherr von Loë knapp 8.000 € Schaden durch Gänse auf seinen Ackerflächen, 2012 waren es auf 9,3 ha Getreide laut Gutachter über 11.000 €. Das Land NRW ersetzt die Gänseschäden der Sommergänse nicht. Auch vom Jagdpächter erhält Freiherr von Loë keinen Ausgleich.

2011 und 2012 hatte der Landwirt beim damals zuständigen Landesbetrieb Wald und Holz beantragt, die Schonzeit für die nicht brütenden Gänse sowie die flugfähigen Gössel in bestimmten Jagdrevieren vom 1. April bis 15. Juli aufzuheben. Sein Jagdpächter wolle die Junggesellenschwärme „letal“ vergrämen, einzelne Tiere also abschießen. Der ehrenamtliche Jagdberater beim Kreis Wesel und die Kreisstelle der Landwirtschaftskammer hatten Freiherr von Loës Anträge befürwortet.

Doch der Landesbetrieb lehnte seine Anträge und andere Anträge von Landwirten auf Anweisung der Oberen Jagdbehörde in Düsseldorf ab. Auch Klagen vor dem Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf blieben erfolglos. Gegen ein VG-Urteil legte Freiherr von Loë Berufung ein.

Die Richter des OVG beschäftigten sich intensiv mit der Frage, ob die vorgeschlagenen Vergrämungsmethoden effektiv und für den Kläger zumutbar seien. Im Mittelpunkt stand dabei der Gänsezaun, der von der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadensverhütung des Landes NRW empfohlen wird. Dieser soll laut Forschungsstelle Elterngänse mit ihrem Nachwuchs von bestimmten Fressflächen fernhalten.

Junggesellenschwärme

Dies bezweifelten Freiherr von Loë und sein Rechtsbeistand Hans-Jürgen Thies. Nach Beobachtungen des Landwirtes verursachen nicht die brütenden Eltern, sondern die flugfähigen Junggesellenschwärme fast 98 % aller Schäden auf seinen Feldern. Nur für diese Gänse hatte der Kläger die befristete Aufhebung der Schonzeit beantragt.

Richter Dr. Franz Schemmer folgte in ganzer Linie den Argumenten des Klägers und verpasste den Gänsefreunden im Düsseldorfer Ministerium einen kräftigen Rüffel. Im vorliegenden Fall hätten die Voraussetzungen des Landesjagdgesetzes NRW (§ 24 Abs. 2) zur Aufhebung der Schonzeit vorgelegen. Der gezielte Abschuss in der Schonzeit wäre die am geeignetste Maßnahme gewesen, übermäßige Wildschäden zu vermeiden. Auch die anderen Maßnahmen zur Vergrämung, etwa Vogelscheuchen oder Schreckschüsse, seien nicht effektiv, weil die Gänse sehr schlau und lernfähig seien.

Daneben bestritt das Gericht, dass eine Steigerung der Jagdbemühungen innerhalb der regulären Jagdzeit ein geeignetes Mittel sei, um übermäßige Wildschäden zu vermeiden. Viele Flächen des Klägers lägen direkt am Wasser, seine Felder seien für die Gänse besonders attraktiv, so der Richter.

Der OVG-Senat hat keine Revision gegen das Urteil zugelassen. Dagegen ist Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet (Az. 16 A 1610/13). Armin Asbrand