Für die Tonne


"Kälber für die Tonne" – so lautet die Überschrift eines vierseitigen Beitrages im aktuellen Heft des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Männliche Kälber, so der Tenor, würden in großer Zahl, "heimlich und illegal" getötet, weil sich deren Aufzucht nicht lohne. Der Beitrag, verfasst von Lukas Koschnitzke und Michaela Schießl, stützt sich unter anderem auf die Aussagen der Landwirtin Anneli Wehling aus Schleswig-Holstein. Sie hat sich nun über den Nachrichtendienst "top agrar online" zu Wort gemeldet und wirft den Spiegel-Journalisten vor, über den Tisch gezogen worden zu seien.

Sie sei zu keiner Zeit von den Journalisten zu dem Thema befragt worden. Vielmehr habe ein Fotograf Fotos für eine AbL-Pressemeldung auf ihrem Betrieb machen wollen und – nach Zustimmung der Bäuerin – eine Spiegel-Journalistin mitgebracht. Sie habe den Fototermin genutzt, um mit der Landwirtin zu reden.

"Habe das so nicht gesagt"

Beim Betriebsrundgang hätten sie allgemein über die Landwirtschaft geplaudert. Es sei um "Wachsen oder Weichen" gegangen oder um die Haltung der Bauern zur heutigen Tierproduktion, so Wehling gegenüber "top agrar online". In der lockeren Unterhaltung habe Wehling "freimütig ihre Sicht der Dinge dargelegt". Wehling wörtlich:

"Im Gespräch am Rande mit der Journalistin habe ich mich schon kritisch über die Ausrichtung der Landwirtschaft und auch über Kostendruck auf den Betrieben geäußert und was diese Entwicklung treibt. Aber nicht in der Form, wie im Spiegel zitiert wird, sondern so, dass ich auch dazu stehen kann! Hier bin ich offensichtlich sehr blauäugig auf billigen Journalismus gestoßen, der nur seine reißerische Story brauchte! Hätte ich gewusst, dass das gedruckt wird, hätte ich das doch ganz anders gesagt, es ist doch nicht alles schlecht."

Wellig verweist gegenüber top agrar online auf die Leistungen des DBV, wo sie ebenso Mitglied ist wie beim BDM. Hingegen sei sie nicht Mitglied im Netzwerk „Bauernhöfe statt Agrarfabriken", wie im Spiegel fälschlicherweise behauptet. Auch habe sie sich deutlich gegen das Wort "Tierfabriken" ausgesprochen – "es wurde mir trotzdem auch noch eiskalt in den Mund gelegt!", empört sich die Landwirtin über die sonderbare Arbeitsweise des "Nachrichtenmagazins". Str.

Mit dem Spiegel-Artikel "Kälber für die Tonne" befasst sich das Wochenblatt in seiner aktuellen Ausgabe dieser Woche ( Folge 18 vom 30. April 2015).

Einen ausführlichen Hintergrundbericht hat "top agrar online" hier veröffentlicht: "Landwirtin sauer – ,Spiegel‘ erschleicht sich Interview'"

Inzwischen haben sich auch Redaktion und Verlag des "Spiegel" zu Wort gemeldet. Näheres hier: