Ferkel: Töten ist nicht die Regel

Mit Nachdruck hat sich der landwirtschaftliche Berufsstand von der Tötung überzähliger bzw. schwächlicher Ferkel distanziert, wie es in einer Fernsehsendung gezeigt worden war.

Eine Fernsehsendung über „Deutschlands Ferkelfabriken“ veröffentlichte Filmmaterial, das mit versteckten Kameras in Abferkelabteilen größerer Sauenanlagen aufgenommen worden war. Gezeigt wird dort, wie Ferkel durch einen Schlag auf den Boden oder die Buchtenabtrennung getötet werden. Das Töten von Ferkeln in der dargestellten Form sei auf den Betrieben in keinster Weise die Regel, stellte der Deutsche Bauernverband (DBV) in Berlin klar.

Kein vernünftiger Grund

Laut Tierschutzgesetz dürften Ferkel nicht ohne „vernünftigen Grund“ getötet werden, und das Vorhandensein überzähliger Ferkel sei kein „vernünftiger Grund“. Allein schon aus ökonomischen Gesichtspunkten würden Sauenhalter keine überzähligen Ferkel töten.

Erlass zur Nottötung
Niedersachsen hat Anfang Juli einen Erlass zur Nottötung von Ferkeln herausgegeben, dem sich NRW angeschlossen hat. Dieser macht klare Vorgaben, unter welchen Umständen das Töten von Ferkeln erlaubt ist. Eine tierschutzgerechte Betäubung ist in jedem Fall unerlässlich. Zudem sollen in Niedersachsen tote Ferkel in den Kadaverbuchten stichprobenartig kontrolliert werden. Das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) überprüfe damit, ob die Tiere tierschutzgerecht getötet worden sind und ob ein Grund für die Tötung vorlag, teilte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer mit.

Nottötungen dagegen kämen nur dann infrage, wenn ein Tier an nicht behebbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden zu verenden drohe, erläuterte der DBV. Grund für das Töten von Ferkeln könnten gesundheitliche Einschränkungen wie beispielsweise Geburtsfehler, erworbene Krankheiten oder Verletzungen sein. Grundsätzlich müssten die Tiere zunächst sachgerecht betäubt und dann durch Blutentzug getötet werden. Dies lernten die Landwirte im Rahmen ihrer Praxisausbildung.

Im Schnitt 114 Sauen/Betrieb

Kritisiert wurde vom Bauernverband, dass illegale Filmaufnahmen, die bei Stalleinbrüchen erstellt worden seien, im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ohne jegliche Prüfung auf Plausibilität und Repräsentativität gezeigt würden. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz müssten umgehend zur Anzeige gebracht werden, statt die Filmaufnahmen über einen Fernsehsender zu vermarkten.

Kritik übte der Bauernverband auch daran, dass die Betriebe mit Sauenhaltung pauschal als „Ferkelfabriken“ bezeichnet würden. Tatsache sei jedoch, dass in Deutschland ein Sauenbetrieb im Schnitt nur 114 Sauen halte. 10 bis 14 Ferkel würden je Sau und Wurf geboren. Damit lägen die deutschen Sauenhalter – bezogen auf die Tiergrößen – hinter Dänemark, den Niederlanden, Schweden und Frankreich eher im EU- Mittelfeld.

Strafanzeige gegen Ferkelerzeuger gestellt

Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer erklärte, erlaubt sei das Töten nur dann, wenn die Ferkel nicht überlebensfähig seien, „weil sie zum Beispiel Anomalien aufweisen oder so unheilbar krank und so lebensschwach sind, dass sie selbst trotz Handaufzucht nicht überleben könnten“.

Auch die Bundestierärztekammer (BTK) sieht die aus dem vorherrschenden Zuchtziel hervorgegangene „fast pathologisch erhöhte Ferkelzahl“ als Grund. BTK-Präsident Prof. Theo Mantel sprach von einem „Systemfehler“. Vor allem der Einsatz dänischer Sauen habe genetisch zu „Vielferklern“ geführt; die Sauen würfen mehr Ferkel, als sie Zitzen hätten.

Unter­dessen stellte der Deutsche Tierschutzbund (DTB) Strafanzeige gegen drei Ferkelerzeugerunternehmen. Aus seiner Sicht belegen die gezeigten Bilder eindeutig Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. AgE/ri