„Ein Blick hätte gereicht“

Urteil zum Unfall am Bahnübergang bei Laggenbeck 2015: Das Amtsgericht Ibbenbüren verurteilt den 25-jährigen Schlepperfahrer zu Bewährungsstrafe. "Schlendrian und unglückliche Umstände" kosteten damals zwei Menschen das Leben.

Urteil zum Unfall am Bahnübergang bei Laggenbeck im Mai 2015: Das Amtsgericht Ibbenbüren verurteilt den 25-jährigen Schlepperfahrer zu Freiheitsstrafe auf Bewährung. Laut Gericht kosteten "Schlendrian und unglückliche Umstände" zwei Menschen das Leben.

Unter Tränen bat Jonas E. die Unfallopfer im voll besetzten Saal des Landgerichtes Münster um Entschuldigung. Der Treckerfahrer, 25, war maßgeblich schuld, dass im Mai 2015 zwei Menschen getötet und 15 weitere Fahrgäste in der Westfalenbahn verletzt wurden.

Am Montag dieser Woche verurteilte das Amtsgericht Ibbenbüren Jonas E. zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe, die drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem muss der Angeklagte 2000 € an den Verein Notfallseelsorge im Kreis Steinfurt zahlen sowie die Kosten des Strafverfahrens tragen.

Gülle zur Biogasanlage

Der Unfall hatte sich am Samstag, dem 16. Mai 2015, um 11.31 Uhr auf einem Bahnübergang bei Laggenbeck ereignet. Der Landwirt Ludger B. hatte Jonas E. beauftragt, Gülle zu einer Biogasanlage zu transportieren. Der gelernte Nutzfahrzeugmechatroniker will die Anschlüsse (Hydraulik, Luft, Elektrik) kontrolliert haben. Vom Schleppersitz aus konnte er aber nicht sehen, ob die unter der Zapfwelle sitzende Kugelkopfkupplung mit einem Bolzen gesichert war. Weil die Sicherung fehlte, hob sich auf dem Bahngleis die Anhängung des Fasses. Es wurde vom Schlepper getrennt und blieb mit dem hinteren Teil im Schienenbereich liegen.

Der Fahrer versuchte zunächst, Hilfe zu holen. Als sich die Schranken senkten, lief er der Bahn entgegen und versuchte vergeblich, den Zugführer zu warnen. Am Ende einer Rechtskurve erkannte der Zugführer das Hindernis zu spät. Trotz Voll­bremsung prallte der Zug mit 127 km/h gegen das Fass. Der Lokführer, 42, und eine Frau, 18, starben an ihren Verletzungen. Weitere 15 Fahrgäste wurden zum Teil schwer verletzt.

Die Westfalenbahn bezifferte ihren Schaden auf 1,76 Mio. €. Zudem muss die Haftpflichtversicherung des Schleppers für alle weiteren Schäden etwa der verletzten Personen aufkommen (Krankenkosten, Verdienstausfall, Schmerzensgeld usw.).

"Mittlere Fahrlässigkeit"

Das Gericht befragte zehn Zeugen und einen Gutachter. Der Angeklagte räumte alle Vorwürfe des Staatsanwaltes ein (fahrlässige Tötung, fahrlässige Körperverletzung, gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr). Unklar blieb, wer das Güllefass zuvor angekoppelt und genutzt hatte. Der Landwirt machte von seinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Sein Sohn hatte sich krank gemeldet und blieb der Verhandlung fern.

Nach Beweisaufnahme und Plädoyers sprach Richter Stefan Lagemann ein mildes Urteil. Man müsse bei dem Unfall von mittlerer Fahrlässigkeit ausgehen. Weil ein kleiner Bolzen fehlte, sei ein großes Unglück geschehen. Lagemann: „Der Unfall war Folge von unglücklichen Umständen und eines alltäglichen Schlendrians, den wir leider immer wieder erleben.“ As

Den ausführlichen Bericht lesen Sie im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben, Folge 43/2016, vom 27. Oktober 2016.