„Alarmierender Antibiotika-Einsatz“

Eine Studie des NRW-Umweltministeriums informiert über Medikamenteneinsatz in der Putenhaltung: Neun von zehn Durchgängen erhielten Antibiotika. Der Verband Deutscher Putenerzeuger ist bereits mit der Verbesserung der Situation beschäftigt.

Am Dienstag stellte NRW-Umweltminister Johannes Remmel in Düsseldorf einen Bericht über den Medikamenteneinsatz in der Putenhaltung vor. Die wesentlichen Aussagen der Pressemitteilung hierzu lassen sich so zusammenfassen:

Im Auftrag des Ministeriums hat das Landesamt für Umwelt, Natur und Umweltschutz (LANUV) im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. November 2013 eine Erhebung in der Putenhaltung durchgeführt. Erfasst wurde, wie oft und zu welchen Therapiezwecken antibiotisch wirksame Substanzen im Mastputenbereich eingesetzt werden. Darüber hinaus sollten auch Erkenntnisse über die Besatzdichte und Verlustraten gewonnen werden.

Im Rahmen der Erhebung haben 20 Kreisordnungsbehörden für 516 Durchgänge in Aufzucht- und Mastbetrieben Daten erhoben. Von diesen 516 Durchgängen wurden 479 (92,8 %) antibiotisch behandelt, im Durchschnitt auch mehrmals. In einem Mastdurchgang waren es 21 Behandlungen mit Antibiotika. Dabei kamen bis zu zehn verschiedene Wirkstoffe pro Durchgang zum Einsatz. Darunter waren auch Präparate, die nicht für die Behandlung von Puten zugelassen waren. Das Landesamt prüft derzeit im Hinblick auf einzelne Ergebnisse in einigen Fällen die Einleitung rechtlicher Schritte.

"Nicht akzeptabel"

Johannes Remmel schlug bei der Vorstellung der Daten einen scharfen Ton an: „Der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Intensivtierhaltung ist weiterhin Alltag, obwohl wir in den letzten Jahren eine große Debatte über den zu hohen Einsatz von Medikamenten hatten. Wenn neun von zehn Durchgängen mit Antibiotika behandelt werden, können wir auch in der Putenmast längst nicht mehr von Ausnahmen sprechen. Dieses Ausmaß ist nicht zu akzeptieren.“

Und weiter: „In deutschen Ställen werden mehr als 11 Mio. Puten gehalten. Viele von ihnen leiden an Krankheiten, die offenbar mit gewaltigen Mengen von Antibiotika behandelt werden. In vielen Fällen ist das das Ergebnis aus Über­züchtung und unzureichenden Haltungsbedingungen. Das ist ein Systemfehler, doch die Bundes­regierung scheint auf diesem Auge blind zu sein“, so Johannes Remmel.

Das sagen die Putenhalter

Der Verband Deutscher Putenerzeuger arbeitet bereits daran, den Antibiotika-Einsatz zu reduzieren. "Wir als Branche sind zuversichtlich, den Antibiotika-Einsatz bei Puten in den kommenden drei Jahren zu halbieren", wird Thomas Storck, Vorsitzender des Verbandes, in einer Pressemeldung zitiert. Als Maßnahmen nannte er unter anderem den verstärkten Einsatz stallspezifischer Impfstoffe zur gezielten Vorbeugung von Krankheiten. Auch die zu erwartenden genetischen Fortschritte bezüglich der Widerstandskraft der Tiere könnten zur Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes beitragen. ri/hu