Tierschutz kommt immer gut

Das Thema Tierschutz ist für Politiker eine sichere Bank, wenn es darum geht, sich zu profilieren. Ob die immer strengeren Auflagen für Landwirte noch erfüllbar sind, scheint erst einmal zweitrangig.



Die großen Themen der Agrarpolitik stehen auf der Tagesordnung, wenn sich die Agrarminister von Bund und Ländern treffen. In Potsdam diskutierten sie jetzt über den russischen Importstopp, die EU-Ökoverordnung, über den Bodenmarkt und das Greening. Beschlossen haben sie aber auch, Verbesserungen beim Tierschutz in der Nutztierhaltung anzugehen.

So ein Plan kommt immer gut an. Tatsächlich hat sich die öffentliche Wahrnehmung der Landwirtschaft verändert. Heute stehen Tier-, Natur- und Umweltschutz im Mittelpunkt, wenn es um die Agrarbranche geht. Dass alle Menschen in Deutschland stets gut und reichlich zu essen haben, wird als selbstverständlich vorausgesetzt.

Was aber soll jetzt konkret kommen? Neue Vorschriften für die Tierhaltung? Ein Tierschutz-TÜV für Stalleinrichtungen? Noch mehr Kontrollen in den Ställen?

Machen wir uns nichts vor: Nutztierhaltung an sich wird skeptisch betrachtet. Hier versuchen die Politiker neuerdings ständig, sich gegenseitig mit neuen Forderungen zu übertreffen. Und wenn die Bauern vor lauter Auflagen nicht mehr mitkommen und die Tierhaltung aufgeben, dann wird das von vielen Agrarministern nicht einmal als Verlust empfunden: Besser gar keine Tierhaltung als eine, die nicht ins eigene Weltbild passt.

Dabei ist die Branche gerade gemeinsam mit Schlachtern und dem Lebensmitteleinzelhandel dabei, mittels der Initiative Tierwohl klare Angebote zu unterbreiten: Die Konsumenten bekommen die höheren Tierschutzstandards für einen kleinen Mehrpreis. Anfang 2015 soll es endlich losgehen, nachdem der Handel lange gezögert hat. Solche Ansätze würden durch eilig erlassene neue Vorschriften klar ausgebremst.

Eine besonders tolle Idee hat jetzt der baden-württembergische Agrarminister Alexander Bonde: Er will Fleisch nach Haltungssystemen kennzeichnen lassen, ähnlich wie Hühnereier: mit einer 0 für Bioprodukte, einer 1 für Haltung mit Auslauf, einer 2 für Tiere mit besonders großzügigem Platzangebot und einer 3, wenn „nur“ die gesetzlichen Standards erfüllt sind.

Dabei blendet der Minister völlig aus, dass die Haltungssysteme sich niemals auf solch ein simples Schema reduzieren lassen. Ganz abgesehen davon, dass es gar nicht praktikabel wäre, diese Kennzeichnung verlässlich zu überprüfen. Im Grunde genommen ist dieser Vorstoß nur Schaufensterpolitik. Aber weil er angeblich dem Tierschutz dient, kommt er bei Laien gut an – und bei Bondes Kollegen seltsamerweise auch.