Oh, heiliger Bürokratius!

Was die Landwirte verwaltungstechnisch auf sich nehmen müssen, um im Winter ihre „Agrarsubventionen“ zu bekommen, lässt sich einem Laien kaum noch erklären.



Klar ist nur das eine: Am 15. Mai muss der Sammelantrag bei der Kammerkreisstelle eingegangen sein. Jede Verzögerung kostet bares Geld.

Sie wollen den Antrag selbst online stellen? Dann ran an den Computer. Zusammen mit einer Programm-CD, ohne die man die Formulare gar nicht bearbeiten kann, flattern zunächst zwölf Seiten Erläuterungen für den Antrag und weitere vier Seiten „Kurzanleitung“ für die Software selbst ins Haus. Dabei können sich die Bauern in Nordrhein-Westfalen noch glücklich schätzen, denn sie können schon loslegen. Die Kollegen in Niedersachsen müssen wohl noch bis zum 15. April auf ihr Programm warten.

Vielen Landwirten ist die Arbeit mit dem Online-Antrag zu kompliziert. Also gehen sie zur Landwirtschaftskammer, um sich helfen zu lassen. Das kostet zwar Geld, führt aber letztlich zum Erfolg – wenn überhaupt noch ein Termin zu bekommen ist. Gerade in diesem ersten Jahr mit den Greeningvorschriften wird es eng in den Kalendern der Beamten.

Viel schlimmer noch sind aber die juristischen Fallstricke, die sich in den Vorschriften verbergen. So werden beispielsweise Flächen, die über fünf Jahre immer wieder mit Grünfutterpflanzen bestellt wurden, förderrechtlich zu „Dauergrünland“. Das gilt sogar dann, wenn zwischenzeitlich umgebrochen und neu eingesät wurde. Deshalb: In diesem Jahr auf solchen Parzellen unbedingt Getreide oder Silomais anbauen!

Die Europäische Kommission geht noch weiter und will dieselbe Regelung bei Flächen anwenden, die etwa im Zuge von Naturschutzprogrammen vorübergehend aus der Produktion genommen und begrünt wurden. Eine Umwandlung zu Dauergrünland durch die Hintertür. Damit verbunden: Umbruchverbot. Das darf nicht sein!
Ein weiteres Ärgernis sind die pingeligen Vorgaben. Puffer-, Blüh- und Waldrandstreifen sind auf den Quadratmeter genau anzugeben. Da muss es in der Praxis zu Differenzen bei den Kontrollen kommen. Wer denkt sich so etwas aus?

Praktisch alle Landwirte sind auf die Direktzahlungen aus Brüssel existenziell angewiesen. Aber die ausufernde Bürokratie macht es fast unmöglich, ohne professionelle Hilfe überhaupt einen fehlerfreien Antrag abzugeben. So geraten die Bauern ungerechtfertigt ins Zwielicht und verlieren obendrein Geld. EU-Kommissar Phil Hogan hat versprochen, die Gemeinsame Agrarpolitik zu vereinfachen. Jetzt wird es Zeit, das konkret umzusetzen.