In der neuen Welt

Eine Ausstellung in Lage, Kreis Lippe, erinnert an die Auswanderung aus Westfalen in die USA.

"Man muss sein Leben in der Alten Welt begonnen haben, um zu begreifen, wie gut es ist, frei zu sein und um zu verstehen, wie notwendig Freiheit ist für ein wirklich ruhiges Leben.“
Das schrieb die westfälische Gutsbesitzerstochter Mathilde Franziska Anneke im Rückblick auf ihr Leben, das sie aus Westfalen in die „Neue Welt“, nach Amerika geführt hatte. Sie ist eine von 300 000 Personen aus Westfalen, die im 19. Jahrhundert ihre Heimat verlassen haben, um der Armut zu entfliehen und um Freiheit, Sicherheit und Wohlstand zu finden.

Ländliche Migration

Von Annekes bewegtem Schicksal und von den vieltausendfachen Aufbrüchen aus Westfalen nach Amerika erzählt eine Ausstellung im Ziegeleimuseum Lage, das zum Verbund des Westfälischen Industriemuseums beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gehört. Die Schau trägt den Titel „Vom Streben nach Glück“ und erinnert an eine Epoche, als Migranten nicht nach Deutschland, sondern aus Deutschland kamen. Es war eine millionenfache Massenbewegung über den Atlantik – um 1900 war in Städten wie Chicago oder New York jeder dritte Einwohner ein Deutscher oder hatte deutsche Eltern.

Reisewege, Fotos, Karten

Die Ausstellung zeichnet die Reisewege nach und erzählt aus den Biografien westfälischer Emigranten. Mehr als 100 Ausstellungsstücke sind zu sehen – von Fotos und Postkarten über persönliche Gegenstände der Auswanderer bis hin zum Modell eines Auswandererschiffes oder dem Taufstein aus einer von Lippern gegründeten Kirche in Wisconsin.

Die westfälischen Immigranten organisierten sich in den USA in Schützenvereinen, Männerchören und Turnbünden, sie gründeten Gewerkschaften und Parteien, Karnevalsclubs und Kirchengemeinden – es entstanden eine eigene Parallelgesellschaft der „German Americans“. Im Ersten Weltkrieg mussten sie sich entscheiden, ob sie Deutsche bleiben wollten und damit „Kriegsfeinde“ waren – oder ob sie „echte“ Amerikaner werden wollten.

Die Ausstellung widmet sich auch den mehr als 120.000 deutschen Juden und Intellektuellen, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 nach Amerika fliehen und damit ihrem sicheren Tod entkommen konnten.

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Die Ausstellung „Vom Streben nach Glück – 200 Jahre Auswanderung aus Westfalen nach Amerika“ ist bis zum 24. September im Ziegeleimuseum in Lage, Sprikernheide 77, zu sehen.

Öffnungszeiten: donnerstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr.

Eintritt: Erwachsene 3 €, ermäßigt 2 €, Kinder und Jugendliche 1,50 €, Familien 7,50 €. Der 164 Seiten umfassende Begleitkatalog kost 14,95 €.

Weitere Informationen: Tel. (0 52 32) 9 49 00, www.lwl.org/industriemuseum

Text: Strotdrees
Foto: LWL/Holtappels