Wochenblatt-Leserin Dorothee V. fragt: Ich pachte seit über zehn Jahren eine Weide für meine Rinder. Meinem Verpächter gehört die angrenzende Ackerfläche und er ackert bis an die Grenze. Er hat damals einen Zaun gezogen und diesen auf die Grenze gesetzt. Nun fressen die Rinder teils den Aufwuchs ab. Wie ist die Rechtslage?
Heinrich Barkmeyer, Wald und Holz NRW, antwortet: Grundsätzlich haben Sie als Tierhalter dafür zu sorgen, dass die von Ihnen gehaltenen Rinder keine Schäden – etwa Schäden durch Verbiss – auf den benachbarten Flächen anrichten können. Der geschädigte Nachbar kann dabei verlangen, dass Sie Maßnahmen ergreifen, beispielsweise durch das Setzen eines zusätzlichen Elektrozaunes, damit Ihre Rinder die Pflanzen auf seinem Grundstück nicht mehr erreichen. Er braucht die Beschädigungen grundsätzlich nicht zu dulden, sondern hat einen Anspruch auf Beseitigung dieser Störung (§ 1004 BGB).
Zur Duldung verpflichtet
Etwas anderes gilt dann, wenn Ihr Nachbar zur Duldung verpflichtet ist (§ 1004 Absatz 2 BGB). Anhaltspunkte dafür ergeben sich aus Ihren Schilderungen zum bestehenden Pachtverhältnis. Seit mittlerweile über zehn Jahren nutzen Sie die Weide für die Haltung Ihrer Rinder. Dabei bestand immer Einigkeit mit dem Verpächter, dass sich dieser um den Zaun kümmert. Der Zaun stellt die erforderliche Abgrenzung zwischen den beiden unterschiedlichen Nutzungsformen Tierweide und Acker dar. Hätte Ihr Verpächter dabei ausschließen wollen, dass die Rinder beispielsweise das Getreide bzw. den Mais erreichen, hätte er den Zaun von vorneherein mit entsprechendem Abstand zur Ackerfläche setzen oder mit der Saat zurückbleiben können. Er hat sich aber anders entschieden und damit bewusst in Kauf genommen, dass die Rinder infolge des natürlichen Fressverhaltens auch seine Pflanzungen erreichen konnten. Anhaltspunkte dafür, dass Sie zusätzliche Maßnahmen im Rahmen des Pachtverhältnisses ergreifen sollten, um den Verbiss auf der Nachbarfläche zu unterbinden, ergeben sich aus Ihren Angaben über die Absprachen mit Ihrem Verpächter nicht.
Sie sollten Ihren Verpächter deshalb noch einmal darauf hinweisen, dass er es war, der den Standort des Zaunes zur Abgrenzung der von Ihnen gepachteten Weidefläche festgelegt hatte und damit mögliche Auswirkungen auf die angrenzenden Flächen voraussehen konnte.
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(Folge 38-2023)