Wochenblatt-Leser Rolf A. fragt: Im vergangenen Jahr hatte ich viel Lagergetreide (teils ausgewachsen). Ich sprach mit meiner Genossenschaft über Lieferung, Preis und Abzüge. Daraufhin lieferte ich rund 50 t. Jedoch wurde das Getreide nicht zu den mündlich verhandelten Konditionen abgerechnet, sondern eingelagert. Laut Anlieferungsschein war es für mich nicht ersichtlich, dass es so läuft. Außerdem erhielt ich später noch den Hinweis, dass es Tagespreise sind. Zudem wurden Lagerkosten berechnet. Meiner Auffassung nach habe ich das Getreide automatisch mit der Anlieferung verkauft. Wenn ich es hätte einlagern wollen, müsste ich dies extra erwähnen.
Stefan Schomakers, Rechtsanwalt, WLV, antwortet: Hier steht offenbar in Streit, welche Art von Vertrag überhaupt geschlossen worden ist. Während Sie davon ausgehen, dass ein Kaufvertrag – zu den zuvor mündlich ausgehandelten Konditionen – zustande gekommen ist, geht die Genossenschaft offenbar davon aus, dass Sie Ihr Getreide (zunächst) nur einlagern wollten, um es gegebenenfalls später für den Eigenbedarf zu nutzen oder zu einem späteren Zeitpunkt zu veräußern. Die Genossenschaft ging somit zunächst offenbar von einem Einlagerungsvertrag aus.
Fest steht jedenfalls, dass die Genossenschaft durch die Annahme des Getreides zu erkennen gegeben hat, dass das Getreide offenbar noch eine „ausreichende Qualität“ hatte. Denn ansonsten hätte die Genossenschaft das Getreide nicht angenommen und mit dem sonstigen dort einlagernden Getreide vermischt. Rein rechtlich liegt eine Vermischung (§ 948 BGB) vor. Denn selbst wenn ausschließlich ein Einlagerungsvertrag geschlossen wurde und Sie das Getreide später für den Eigengebrauch hätten wiederhaben wollen (wovon wir nicht ausgehen), wäre es unmöglich, dass Sie genau dasselbe Getreide, welches Sie abgeliefert haben, auch wiederbekommen. Sie hätten dann – gegen Zahlung der Lagerkosten – lediglich Anspruch auf dieselbe Menge (eben die rund 50 t) in selber Qualität gehabt. Letztendlich sprechen die von Ihnen geschilderten Umstände jedoch dafür, dass die Genossenschaft zwar zunächst von einem Einlagerungsvertrag ausgegangen ist, jedoch später ebenfalls von einem Ankauf, da Ihnen ansonsten nicht ein Tagespreis für das Getreide angeboten worden wäre. Die Abrechnung nach Tagespreis gilt aber nur dann, wenn zuvor vertraglich (Vorkontrakt) nichts anderes vereinbart wurde.
Nur mündliche Verhandlungen
Gerade dann, wenn die Verhandlungen – wie offenbar bei Ihnen – nur mündlich gelaufen sind, wird es schwierig sein, die Vereinbarung eines anderen Preises zu beweisen, was Sie jedoch müssten. Es wird deshalb wohl auf den Tagespreis hinauslaufen. Die Frage ist, ob Ihnen Lagerkosten in Abzug gebracht werden können. Insgesamt sprechen die von Ihnen geschilderten Umstände bei Anlieferung (insbesondere die schlechtere Qualität des Getreides) dafür, dass Sie das Getreide unmittelbar verkaufen und nicht (zunächst) nur einlagern wollten. Von daher gehen wir nicht davon aus, dass die von der Genossenschaft in Rechnung gestellten Lagerkosten hier abzugsfähig sind. Dies kann selbstverständlich – bei entsprechender Argumentation – auch anders gesehen werden. Gegebenenfalls ergeben sich aus dem von Ihnen angesprochenen Anlieferungsschein doch Anhaltspunkte für den einen oder den anderen Vertrag. Im Zweifel sehen wir Sie hier jedoch aufgrund der besonderen Situation (Vermischung nach § 948 BGB) nach Gesetzeslage im Recht, zumal Sie nach § 951 I BGB in Verbindung mit § 818 I, II BGB jedenfalls einen Entschädigungsanspruch haben. Da die Herausgabe aufgrund der Vermischung nicht möglich ist, ist Wertersatz (im Zweifel Tagespreis bei Anlieferung/Vermischung im Lager) zu leisten.
Sie sollten das Gespräch zur Genossenschaft suchen und unter Verweis auf die Rechtslage versuchen, eine einvernehmliche Lösung (für gegebenenfalls spätere Vertragsbeziehungen) zu finden.
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(Folge 14-2024)