Wochenblatt-Leser Stefan S. fragt: Meine Mutter, Witwe, ist Eigentümerin eines kleinen Hofes in der Höfeordnung. Fast alle Flächen sind seit über 15 Jahren verpachtet. Nun will meine Mutter festschreiben, dass ich den Hof erbe und mein Bruder das Einfamilienhaus meiner Mutter im Nachbardorf. Weder meine Frau, noch ich, noch mein Bruder oder ein Familienmitglied haben eine landwirtschaftliche Ausbildung. Ich bin wohl nicht wirtschaftsfähig – kann ich deshalb nicht erben? Meine Mutter will nur vererben – also per Testament.
Hubertus Schmitte, Rechtsanwalt, WLV, antwortet: Zu Recht gehen Sie davon aus, dass nach den Bestimmungen der Höfeordnung grundsätzlich nur wirtschaftsfähige Personen als Hofnachfolger in Betracht kommen. Davon gibt es aber auch Ausnahmen. § 7 Absatz 1 Satz 1 Höfeordnung bestimmt ausdrücklich, dass der Eigentümer (hier also Ihre Mutter) den Hoferben durch Verfügung von Todes wegen (zum Beispiel Testament) frei bestimmen kann oder ihm den Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge (Übergabevertrag) übergeben kann. Weiter heißt es dann aber ausdrücklich, dass zum Hoferben nicht bestimmt werden kann, wer wegen Wirtschaftsunfähigkeit als Erbe ausscheidet.
Wirtschaftsfähigkeit bedeutet, dass der Hoferbe/die Hoferbin nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den konkreten Hof selbstständig ordnungsgemäß zu bewirtschaften (§ 6 Abs. 7 Höfeordnung).
Die Wirtschaftsfähigkeit wird nicht verlangt, wenn
- Hoferbe ein noch minderjähriges Kind ist, bei dem zu erwarten ist, dass es nach den konkreten Lebensverhältnissen in eine Wirtschaftsfähigkeit hineinwächst, beispielsweise weil es auf einem Bauernhof aufwächst,
- Hoferbe der Ehegatte des Hofeigentümers ist, und
- wenn sämtliche Abkömmlinge des Hofeigentümers wegen Wirtschaftsunfähigkeit ausscheiden und auch ein wirtschaftsfähiger Ehegatte nicht vorhanden ist (§ 7 Abs. 1 S. 2 Höfeordnung).
Das wäre bei Ihnen der Fall. Sie und Ihr Bruder sind nicht wirtschaftsfähig. Daher kann Ihre Mutter im Testament durchaus Sie als Hoferben bestimmen. Denn Wirtschaftsfähigkeit setzt voraus, dass die konkreten landwirtschaftlichen Fachkenntnisse vorhanden sind, um einen Hof tatsächlich zu leiten. Das ist bei den von Ihnen aufgezählten Personen ersichtlich nicht der Fall. Aber wie gesagt: In Ihrem Fall gilt die oben zitierte Ausnahmebestimmung.
Hofvermerk eventuell löschen
Hinweisen möchten wir noch auf Folgendes: Obwohl in Ihrem Fall im Grundbuch der Hofvermerk eingetragen ist, wonach es sich um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handelt, spricht viel dafür, dass diese Hofeigenschaft „außerhalb des Grundbuchs“ entfallen ist. Denn die Gerichte wenden die Bestimmung der Höfeordnung nicht mehr an, wenn der landwirtschaftliche Betrieb in der Praxis tatsächlich dauerhaft aufgelöst wurde. In Ihrem Fall könnte dies gegeben sein, weil der Großteil der Flächen bereits seit über 15 Jahren verpachtet ist. Es könnte sich daher anbieten, zur Klarstellung den Hofvermerk im Grundbuch zu löschen. Zu raten wäre Ihrer Familie, dass alle Beteiligten, also Ihre Mutter, Ihr Bruder und Sie einen notariellen Erbvertrag schließen, in dem geregelt wird, dass Sie den kleinen landwirtschaftlichen Betrieb erben, Ihr Bruder das weitere Haus, das Ihrer Mutter gehört. Zu Lebzeiten übertragen will Ihre Mutter ja nicht. Dann bietet sich ein solcher notarieller Erbvertrag als gute Lösung an, um späteren Streit in der Familie zu vermeiden.
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(Folge 4-2024)