Wochenblatt-Leser Josef N. in R. fragt: Eine unsere Flächen bestellen wir mit Gras, Getreide oder Mais. Der Grundnachbar baut Gemüse an. Beide wirtschaften wir bis an die Grenze. Welche Abstände müssen wir bei Pflanzenschutzmaßnahmen einhalten?
Andrea Claus-Krupp, Referentin für Pflanzenschutzfragen bei der Landwirtschaftskammer NRW, gibt Auskunft: Grenzt eine landwirtschaftliche Fläche an eine andere landwirtschaftlich oder gartenbaulich genutzte Fläche, müssen keine generellen, rechtlich festgelegten Abstände bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) eingehalten werden, wie z. B. zu Wohnbebauungen, Gärten oder „Flächen für die Allgemeinheit“, siehe Wochenblatt-Folge 14/2022.
Risikomanagement erforderlich
Das Risikomanagement in Bezug auf einzuhaltende Abstände wird im Rahmen der Zulassung von PSM durch die Festsetzung von bußgeldbewehrten Anwendungsbestimmungen umgesetzt, die Anwender bei der Applikation einhalten müssen. Das jeweilige PSM hätte ohne diese Anwendungsbestimmungen keine Zulassung erhalten, da bei Nichteinhaltung ein Umweltrisiko entstehen würde.
Grundsätzlich ist Abdrift daher bei der bestimmungsgemäßen und sachgerechten Anwendung von PSM in jeglicher Form zu vermeiden! Dies gilt für das Überspritzen von Flächen, auch als overspray bezeichnet, genauso wie die direkte Abdrift aufgrund der Verwendung von feintropfigen Düsen in Verbindung mit ungünstiger Witterung.
Gute fachliche Praxis
Generell sollte eine Applikation nur im Rahmen der „Guten fachlichen Praxis“ erfolgen, dabei sind während der Ausbringung Windgeschwindigkeiten bis maximal 5 m/s, Temperaturen von unter 25 °C, eine Luftfeuchtigkeit von über 30 % und eine Fahrgeschwindigkeit von maximal 8 km/h maßgeblich.
Bei der Vermeidung thermischer, sogenannter sekundärer Abdrift, ist darüber hinaus bei der Verwendung stark flüchtiger, volatiler PSM-Wirkstoffe besondere Vorsicht geboten. Hierzu zählen etwa Pendimethalin, Prosulfcarb und Clomazone. Die im Rahmen der Zulassung festgesetzten Anwendungsbestimmungen tragen diesem Sachverhalt Rechnung und legen hier einen Abstand z. B. zu Gemüseflächen fest, wie beispielsweise in der „NT 154“ formuliert:
Abstände einhalten!
Bei der Anwendung des Mittels ist ein Abstand von 50 m zu Ortschaften, Haus- und Kleingärten, Flächen mit bekannt clomazone-sensiblen Anbaukulturen (z. B. Gemüse, Beerenobst) und Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, einzuhalten. Dieser Abstand ist ebenso einzuhalten zu Flächen, auf denen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 (Ökoverordnung) und gemäß der Verordnung über diätetische Lebensmittel (Diätverordnung) produziert wird.
Der Abstand von 50 m kann auf 20 m reduziert werden, wenn das Mittel nicht in Tankmischung mit anderen Pflanzenschutzmitteln oder Zusatzstoffen ausgebracht wird. Zu allen übrigen angrenzenden Flächen (ausgenommen Flächen, die mit Winterraps, Getreide, Mais oder Zuckerrüben bestellt wurden, sowie bereits abgeerntete Flächen wie z. B. Stoppelfelder) ist ein Abstand von mindestens 5 m einzuhalten.
Abdrift vermeiden
Die Vermeidung von Abdrift auf sensible rückstandsrelevante Kulturen, wie Gemüse und Kräuter, ist deshalb so wichtig, da schon geringste Mengen unzulässiger Pflanzenschutzmittel-Rückstände ein großes Hindernis bei der Vermarktung der Ernteprodukte darstellen und erhebliche Konsequenzen für den Erzeuger haben können. Es ist daher unerlässlich, in diesen Fällen selbst kleinste Verfrachtungen von Pflanzenschutzmitteln auf Nachbarflächen zu verhindern.
Pufferstreifen anlegen?
Zu empfehlen ist in solchen Fällen ein persönliches Gespräch mit dem Bewirtschafter des angrenzenden Schlages, um sich über die Anbauplanung, Behandlungs- und Erntetermine und ggf. über die Anlage eines (förderfähigen) Pufferstreifens auszutauschen.
Die Landwirtschaftskammer NRW hat dazu eine umfangreiche Broschüre im Internet hinterlegt:
www.wochenblatt.com/abdrift
Lesen Sie mehr:
(Folge 36-2022)