Zugegeben, die Frage, die wir den Besucherinnen und Besuchern der Agrar Unternehmertage gestellt haben, klingt etwas philosophisch. „Was würden Sie Ihrem 18-Jährigen Ich mit ihrer heutigen Lebenserfahrung raten?“ Im Vorfeld waren wir uns hier in der Redaktion selbst nicht ganz sicher, ob im Messerummel jemand eine Antwort darauf haben würde. Die Reaktionen fielen dementsprechend sehr unterschiedlich aus. Die einen waren schlicht weg überfragt. Andere wiederum waren sehr reflektiert. Da war der Messebesucher, der sein jüngeres Ich immer wieder dazu ermutigen würde, sich schon als Kind mit dem damals noch etwas schrägen Hobby, den Computern, zu widmen. Denn bis heute hilft ihm das Grundlagenwissen. Da war die Besucherin, die ihrem jüngeren Ich raten würde, Landwirtschaft zu studieren, statt eine hauswirtschaftliche Ausbildung zu absolvieren.
Vielleicht haben Sie Lust, sich die Frage selbst einmal zu stellen. Hätten Sie eine Antwort parat?
Alles richtig gemacht
„Ich würde meinem früheren Ich sagen: ,Alles richtig gemacht!‘ Ich habe als junge Frau einige Urlaube genießen dürfen und auch noch den passenden Ehemann gefunden. Außerdem bin ich sehr glücklich, dass ich zwar von Kühen zu Sauen gewechselt habe, aber in der Landwirtschaft geblieben bin.“
Margret Sicking, 57 Jahre, Coesfeld-Lette
Vertrauen in andere Wege
„Mein Rat an mich selbst: Hab Vertrauen in dich selbst – der richtige Weg wird sich finden. Ich wusste schon mit zwölf Jahren, dass ich einen Bauern heiraten würde. Das habe ich getan. Als nächstes träumte ich von einem Hofcafé – doch es kam anders: Mein ältestes von vier Kindern hat eine Behinderung und so landete ich schließlich bei der Bauernhofpädagogik. Damit bin ich total glücklich.“
Janina Mindrup, 40 Jahre, Münster
Möglichkeiten suchen und nutzen
„Ich hätte mich rückblickend betrachtet dazu ermutigt zu studieren. Bei uns in der Familie hat keiner studiert. ,Mit der Ausbildung hast du was solides‘, hieß es da. Ich wusste damals nicht, welche Möglichkeiten es gibt. So habe ich eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht. Damit bin ich zwar nicht unglücklich, mit einem Studium hätte ich aber eine andere Position haben können. Vielleicht wäre ich Medizinerin geworden.“
Sandra Seidl,52 Jahre, Tecklenburg
Erst Zahnarzthelferin, dann Landwirtin
„,Gehe deinen eigenen Weg bei der Berufswahl‘, das ist ein Tipp, den ich meinem jüngeren Ich geben würde. Meine Eltern haben mir damals geraten, mir eine Ausbildungsstelle zu suchen, die verkehrlich gut angebunden ist. Und so habe ich Zahnarzthelferin gelernt, obwohl ich schon damals für die Landwirtschaft brannte. Zehn Jahre habe ich in diesem Beruf gearbeitet. Anschließend habe ich doch noch eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert und sogar meinen Meister gemacht. Ich bin bei einem Sauenbetrieb angestellt und habe die Leitung des Abferkelstalls. Für mich war das damals genau die richtige Entscheidung. Denn es hat mir nicht gereicht, nur einen Job zu haben, um Geld zu verdienen. Ich wollte etwas machen, was ich gerne mache und bin heute mit meinem Beruf sehr glücklich.“
Melanie Meyer, 49 Jahre, Ostercappeln
Einfach machen!
„Den Mut haben, Dinge einfach zu machen! Man kann die Dinge ohnehin nicht bis ins letzte durchplanen“, mit dieser Einstellung ist das Landwirtsehepaar Barbara und Josef Rochell aus Brakel-Gehrden im Kreis Höxter in den vergangenen Jahrzehnten gut gefahren. Und das würden sie auch ihrem jüngeren Ich immer wieder raten. „Mit Mitte 20 dachten wir jedoch noch, wir planen für die Ewigkeit. Mittlerweile wissen wir, dass jeder nur für seine eigene Generation planen kann“, sagt Barbara Rochell. Ihr Mann ergänzt: „Das ermöglicht es der nächsten Generation aber auch, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.“
Sicht auf Thema Tierwohl früher weiterentwickeln
„Ich würde meinem 18-jährigen Ich empfehlen, mehr Zeit für sich selbst einzuplanen und beispielsweise früher mit dem Reisen anzufangen. Bei uns stand durch den Hof die Arbeit viele Jahre im Vordergrund“, sagt Renate Große-Wietfeld aus Langenberg-Benteler, Kreis Gütersloh. Mit Blick auf die Betriebsentwicklung sind sie und ihr Mann Hubert sich einig, dass sie zu den damaligen Zeiten immer die richtigen Entscheidungen getroffen haben. „Früher lautete die Devise jedoch anders als heute ,Masse bringt Klasse‘ oder „Wachse oder weiche“ sagt der Landwirt selbstkritisch. Seine Frau ergänzt: „Mit 18 Jahren hatten wir das Thema Tierwohl auch schon im Blick, aber die Sichtweise war damals eine andere. Rückblickend würde ich mir wünschen, die Sichtweise hätte sich früher in diese Richtung entwickelt.“
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