2024 feiert die Schützenbruderschaft Haarbrück ihren 200. Geburtstag. Ihre Wurzeln sind noch älter und liegen im 16. Jahrhundert. Doch in diesem Jahr gibt es in dem 480-Einwohner-Dorf ein Novum: Auf der Mitgliederversammlung im Januar traten die ersten Frauen der Bruderschaft bei. Nun können sie bei den Umzügen mitmarschieren, im Vorstand mitwirken und die Königswürde erringen. „Dazu brauchten wir nicht die Satzung ändern. In ihr ist von Mitgliedern die Rede. Der Ausdruck ist geschlechtsneutral“, erklärt Stefan Bobbert, Oberst und erster Vorsitzender des Vereins. Nichtsdestotrotz ließ der Vorstand im vergangenen Jahr die Versammlung abstimmen, ob Frauen aufgenommen werden sollen. „Eine deutliche Mehrheit stimmte zu“, erinnert er sich. Dumme Sprüche verstummten schnell.
Wegbereiter im Hintergrund
Für Bobbert ist es ein Schritt, der sich in Haarbrück schon lange anbahnte und absolut zeitgemäß ist. Die Frauen der Schützen hätten gefühlt schon immer das Fest mitorganisiert. Vor allem für das Schützenfest, das alle drei Jahre in Haarbrück gefeiert wird, waren sie die heimlichen Wegbereiter. Laut Bobbert kümmerten die Frauen sich meist um die festliche Kleidung für die gesamte Familie und richteten Haus und Hof für die großen Besuchermassen aus der Verwandtschaft her. Außerdem halfen vor allem die Frauen der Vorstandsmitglieder direkt beim Fest mit. „Es kann nicht sein, dass sie nur die Arbeit machen, aber nicht Mitglied werden dürfen“, fasst der Oberst zusammen.
In Haarbrück gibt es im Kreis der Frauen schon länger Interesse am Schützenwesen. Seit 50 Jahren übernehmen die Frauen am Schützenfestmontag das Kommando. Am Morgen marschieren sie bereits beim Antreten im Umzug unter der Führung ihres weiblichen Frauenfeldwebels mit. Danach spielt in der Festhalle die Tanzmusik nur für die Damen und den Hofstaat.
Seit 2001 gibt es ein extra Ordensschießen nur für Frauen. Vor 20 Jahren kam daher auch die Debatte auf, Frauen endlich als vollwertige Mitglieder aufzunehmen. „Damals gab es auch schon eine Tendenz, aber noch keine klare Entscheidung“, erinnert sich Bobbert, der damals schon dem Vorstand angehörte.
Verschiedene Generationen
Passend zum Jubiläum war die Zeit aber reif. Der Vorstand, der laut Bobbert zu 100 % hinter der Entscheidung steht, warb bei den Frauen dafür, in den Verein einzutreten. Beim Bäcker im Ort hängte er Plakate auf. Mehrere Frauen im Alter von 17 bis 50 Jahren folgten dem Aufruf schon bei der Versammlung im Januar, weitere Eintritte erwartet Bobbert beim Jubiläumsfest im Juni.
Auch seine Frau Sonja ist Neumitglied. Für sie ist das eine Form der Anerkennung. Zahlreiche Stunden hat sie sich auch ohne Mitgliedschaft für den Verein engagiert. „Bei den Schützen kommen Alt und Jung zusammen. Hier habe ich Kontakt zu Menschen aus anderen Generationen, mit denen ich sonst im Freundeskreis nicht so viel zu tun hätte“, beschreibt sie. Doch mitmarschieren mit Uniform wird sie nicht. „Das ist nicht meins.“
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