Wochenblatt-Leserin Karin I. in S. fragt: Direkt neben der Zuwegung zu unserem Hof fließt ein Bach. Vor vielen Jahren hat die Stadt die Böschung mit Pfählen, Draht und großen Steinen befestigt. Die Pfähle sind inzwischen gebrochen und die Steine in den Bach gefallen. Wer ist für die Instandsetzung der Böschung zuständig? Wer haftet, wenn etwa ein Lkw wegen der nachgebenden Böschung in den Bach stürzt?
Rechtsanwalt Thomas Hemmelgarn, WLV, nimmt Stellung: Wir gehen davon aus, dass es sich bei dem Bach um ein Gewässer im Sinne des Landeswassergesetzes NRW (LWG) handelt und die Stadt für die Gewässerunterhaltung dieses Baches zuständig ist.
Diese Gewässerunterhaltungspflicht gibt einem Drittbetroffenen (z. B. Gewässeranlieger) grundsätzlich keinen Rechtsanspruch gegenüber dem Unterhaltungspflichtigen auf Erfüllung der Unterhaltungspflicht oder auf Vornahme bestimmter Unterhaltungsarbeiten. Wird jedoch ein Betroffener durch eine Verletzung der Gewässerunterhaltungspflicht in seinem Eigentum beschädigt, kann ein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch gegeben sein.
Gewässerunterhaltspflicht nach Wasserhaushaltsgesetz
Inhalt der Gewässerunterhaltungspflicht nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ist u. a. die Erhaltung des Gewässerbettes, auch zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses, die Erhaltung der Ufer, insbesondere durch Erhaltung und Neuanpflanzung einer standortgerechten Ufervegetation und die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers.
Die Stadt als Gewässerunterhaltungspflichtiger ist auch verantwortlich im Sinne der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht für den Fall, dass sie eine Gefahrenquelle geschaffen hat oder andauern lässt, welche zu einer Schädigung Dritter führen kann. Für diesen Fall wäre die Stadt verpflichtet, alle zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen, um gerade diese Schädigung zu verhindern.
Verkehrssicherungspflicht der Stadt
Aus Vorgenanntem folgt, dass die Stadt im Rahmen der Gewässerunterhaltung nicht verpflichtet ist, den ursprünglichen Zustand der vorhandenen Böschungssicherung wiederherzustellen. Ob und in welchem Ausmaß aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht Maßnahmen zur Befestigung der Böschung seitens der Stadt ergriffen werden müssen, ist abhängig von der konkreten Gefährdungssituation. Generell geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Umfang der Verkehrssicherungspflicht nicht so weit reicht, dass ein leichtes Absacken des Erdbodens in unmittelbarer Nähe der Böschung verhindert werden muss, da Bodenveränderungen in der Gewässerumgebung nicht vollständig zu vermeiden sind und gewässertypische Veränderungen im Böschungsbereich hinzunehmen sind. Sofern allerdings diese Veränderungen so gravierend sind, dass die Benutzung des an das Gewässer angrenzenden Weges – sofern dieser in baurechtlich zulässiger Weise errichtet worden ist – mit unmittelbar drohenden Gefahren verbunden ist, kann eine Verpflichtung für die Stadt zur Ergreifung geeigneter Sicherungsmaßnahmen bestehen.
Es ist daher zu empfehlen, die Stadt auf diese Gefahrensituation hinzuweisen; bei Untätigkeit könnten Sie Ihren Anspruch gerichtlich geltend machen, Sie selbst sind aber – auch als Eigentümer gewässerangrenzender Grundstücke – nicht berechtigt, selber Maßnahmen an dem Gewässer bzw. der Böschung durchzuführen.
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(Folge 37-2022)