Hier liefern wir nochmal die spannendsten Fragen aus unserem zweiten Wochenblatt-Online-Finanzseminar mit fundierten Antworten von unserem Referenten Professor Hartmut Walz, unabhängiger Finanzexperte, Blogger, Autor von "Einfach genial entscheiden in Geld- und Finanzfragen".
Frage: Ist die Riester-Rente heute noch eine gute Alternative bzw. was gibt es noch?
Antwort: Dr. Hartmut Walz, Professor für Bankbetriebslehre an der Hochschule Ludwigshafen am Rhein
Die Riester-Rente war – von wenigen Ausnahmen (Geringverdiener mit vielen Kindern) noch von Anfang an keine gute Alternative. Sie ist im Detail kompliziert und kann in – vereinfacht – vier Arten abgeschlossen werden, nämlich als Sparvertrag, traditionelle Versicherungssparen, Fondssparplan oder Wohnriester. Da kaum noch eine Bank einen Riestersparvertrag abschließen möchte (Negativzins der EZB) und der Wohnriester wegen wahrscheinlich langfristig geringen Zinsen für Immobilienkredite wirtschaftlich unvorteilhaft ist, sind die meisten Riesterverträge versicherungsgebunden.
Auch wenn mich manche Vermittler für meine Ehrlichkeit hassen, die Riester-Rente war von Anfang an eine Fehlkonstruktion. Die zwei zentralen Gründe waren meist viel zu hohe Kosten sowie die gut gemeinte aber schlecht gemachte Beitragsgarantie, die eine rentable Anlage der Beitragszahlungen verhinderte. In den letzten Jahren wurde das Riesterkonzept noch durch zwei zusätzliche Faktoren schlechter:
Erstens die sinkenden Zinsen bis hin zur Nullgrenze, so dass der Kaufkraftverlust durch Inflation ungemildert auf den „armen Rentner“ durchschlägt.
Und zweitens die steigende Lebenserwartung, welche zu einer längeren Bezugsdauer der Rente führt (eigentlich ja erfreulich), dadurch aber eine noch geringere Rentenhöhe bewirkt. Kein Wunder, dass Fachleute vom „Riesterrentchen“ sprechen. Die wahre Lage ist erheblich schlechter, als allgemein bekannt.
Viele Versicherer bieten für Arbeitnehmer im Alter von fünfzig Jahren und mehr, die also keine zwanzig Jahre mehr bis zur Rente haben überhaupt keine Verträge mehr haben, da sich die Beitragsgarantie z. B. in 12 oder 15 Jahren durch die erzielbaren Minizinsen gar nicht mehr darstellen lässt. Und für Verträge von jungen Menschen können Fachleute für den Fall der garantierten Versicherungsleistung einen über die lange Laufzeit kumulierten Inflationsschaden in Höhe von rund 2/3 der Kaufkraft errechnen.
Hier finden Sie Analysen, Einschätzungen und Tipps wie Sie Ihre Finanzen auch in Zeiten von Null- und Negativzinsen fest im Griff behalten.
Alternativen zu Riester - Anlagetipps
Ihre Frage nach sinnvollen Alternativen drängt sich hier wirklich auf. Eine für viele Betroffene gute und praktikable Lösung ist der Verzicht auf die steuerfinanzierte Riesterförderung von der der größte Teil ohnehin in den Kosten dieser Verträge hängen bleibt.
Empfehlenswert ist die Anlage in einem kostenarmen, transparenten und möglichst breit streuenden ETF-Sparplan, der bis zirka zehn Jahre vor Renteneintritt ausschließlich in Aktien investiert. Aktien sind seit vielen Jahrzehnten – bei allen kurzfristigen Schwankungen – die rentabelste Aktienklasse überhaupt. Und wer noch Zeit bis zur Rente hat, kann die Schwankungen von Aktienkursen ganz gelassen aussitzen – siehe Corona-Crash.
Bitte bedenken Sie, dass Sie am Tag Ihres Renteneintritts auch nicht das ganze Geld auf einmal benötigen – Sie wollen sich doch noch mindestens 25 bis 30 Jahre daran erfreuen. Also fangen Sie z. B. mit 55 Jahren an, einen Teil Ihre Aktien-ETFs in die unrentablen aber kaum schwankenden Anleihen-ETFs umzuschichten oder als – wahrscheinlich unverzinsliche Liquidität zu halten.
Die praktische Durchführung dieses Vorschlags ist überraschend einfach. Wichtig ist nur die Disziplin, dass Sie nicht während der vielen Sparjahre schwach werden und das Geld für einen roten Ferrari oder eine Weltreise „auf den Kopf“ hauen. Als neutraler Finanzexperte rate ich Ihnen jedoch ganz klar zu dieser eigenverantwortlichen Strategie, denn sie verspricht eine echte Rente statt einem „Rentchen“. Die Höhe der Riesterrente – ganz ohne Förderung – um den Faktor drei bis vier zu schlagen, ist bei Verträgen mit längerer Laufzeit durchaus realistisch.
Tipps für Sparer und Geldanleger: