Am 21. Juni war der Wisentbulle völlig entkräftet und schwer verletzt im Bereich der Verbandsgemeinde Selters im Westerwaldkreis (Rheinland-Pfalz) gefunden worden. Laut Mitteilung der Kreisverwaltung Montabaur „hatte sich das Tier mutmaßlich mehrere Beine gebrochen und lag wohl schon länger an Ort und Stelle; Madenbefall war bereits festzustellen“, meldete vor wenigen Tagen die Tageszeitung „Westfalenpost“. Nach Abstimmung von Polizei, dem Jagdausübungsberechtigten und einem tierärztlichen Notdienst sei der Bulle dann von einem Jäger erschossen worden, um das Tier von seinen Leiden zu erlösen.
Bereits im November 2021 waren Meldungen aus Rheinland-Pfalz laut geworden, dass der Wisentbulle – 140 km von seiner ursprünglichen Herde im Rothaargebirge entfernt – im Westerwald umherstreifte. Dabei sorgte er für Ärger in der Region, indem er Buchen schälte, Jagdeinrichtungen umstieß und auch Ackerkulturen schädigte. Wie der Südwestrundfunk (SWR) meldete, hatte die Gemeinde Ewighausen im Westerwald daraufhin Schadenersatz von dem Trägerverein Wisent-Welt Wittgenstein gefordert – allerdings ohne Erfolg. Der für die Freisetzung der Wisente am Rothaarsteig verantwortliche Verein argumentierte, er sei nicht mehr für das Tier zuständig, erklärte den Bullen als herrenlos.
Reaktion des Vereins
Zu den aktuellen Geschehnissen äußerte sich der Pressesprecher des Wisent-Vereins, Dr. Michael Emmrich, gegenüber der Tageszeitung wie folgt: „Wir sind im regelmäßigen und konstruktiven Austausch mit den zuständigen Umweltbehörden in Rheinland-Pfalz und informierten einander stets über aktuelle Kenntnisstände. Der schlechte Gesundheitszustand des Tieres war weder den dortigen Behörden noch dem Trägerverein vor der Entnahme des Tieres gemeldet worden. Sobald die Behörden über die Entnahme des Tieres informiert worden waren, haben sie sich mit dem Wisent-Trägerverein ausgetauscht.“
„Lückenlose Aufklärung“
Wie die „Westfalenpost“ berichtete, wird der Wisentbulle nun im Landesuntersuchungsamt in Koblenz untersucht. Der Naturschutzbund (NABU) Rheinland-Pfalz verlangt, dass die Tötung des Tieres lückenlos aufgeklärt wird. „Da Wisente (…) streng geschützt sind und eine ganzjährige Schonzeit genießen, ist es uns wichtig, dass der Fall lückenlos aufgeklärt wird“, zitiert der Westerwald-Kurier die Vorsitzende des NABU Rheinland-Pfalz, Cosima Lindemann: „Vor allem vor dem Hintergrund des schon häufiger geäußerten Wunschs, das für zahlreiche Schäden in Forst und an jagdlichen Einrichtungen verantwortlich gemachte Tier zu entnehmen, stellt sich die Frage, warum das Tier in einem so schlechten Zustand vorgefunden und vermeintlich erlöst werden musste“. Durch die vom NABU geforderte Aufklärung solle gezeigt werden, dass kein Versuch getätigt wurde, die ganzjährige Schonzeit des Tieres zu umgehen. „Die Sicherung des getöteten Tieres und die Untersuchung im Landesuntersuchungsamt begrüßen wir und sehen es als wichtige Schritte, hier Klarheit zu schaffen“, so Lindemann. Jan Budde, Pressesprecher des Umweltministeriums in Mainz, teilte auf Nachfrage des Wochenblattes mit, dass die Untersuchung aktuell noch nicht abgeschlossen sei.
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