Gefährdete Wildpflanzen

Das sind die Pflanzen des Jahres 2023

Wir stellen Ihnen Pflanzen vor, die in diesem Jahr eine besondere Beachtung erfahren. Dabei erläutern wir auch, warum die Petersilie den Titel „Giftpflanze des Jahres“ trägt.

Die Kleine Braunelle ist die „Blume des Jahres 2023“. Mit der Wahl möchte die ­Loki Schmidt Stiftung in Hamburg auf den Rückgang von Wildpflanzen aufmerksam machen.

Die Kleine Braunelle (Prunella vulgaris) gehört zur Pflanzenfamilie der Lippenblütler und damit in die weitere Verwandtschaft von beispielsweise Taubnessel, Thymian, Salbei und Gundermann. Sie besiedelt Wiesen, Weiden, Rasen und Wegränder. Mit 5 bis 25 cm Wuchshöhe ist die Braunelle eine eher kleine Pflanze.

Die vielen kleinen blauvioletten Einzelblüten, die gedrängt am Ende des Sprosses sitzen, bieten während der langen Blütezeit von Juni bis Oktober Nektar und Pollen. Vor allem Hummeln und andere Wildbienen sowie zahlreiche Schmetterlingsarten finden hier Nahrung.

Der Name Braunelle bezieht sich auf die braune Farbe der verblühten Kelchblätter, die die blauvioletten Kronblätter umschließen und den Blütenstand wie einen kleinen Tannenzapfen aussehen lassen.

Flechte: Falsche Rentierflechte

Die Falsche Rentierflechte (Cladonia rangiformis) bildet bei ungestörtem Wuchs auf offenen, basenhaltigen Böden oder in lückigen Magerrasen große Polster von bis zu 10 cm Höhe und mehreren Dezimetern Durchmesser.

Falsche Rentier­flechte (Bildquelle: von Brackel)

In Europa reicht das Verbreitungsgebiet der „Flechte des Jahres“ von Kreta und Sizilien bis nach Norwegen und Island. Auch wenn die Falsche Rentierflechte regional noch ziemlich häufig ist, leidet sie unter der allgemeinen Eutrophierung der Landschaft und der Nutzungsauflassung bzw. Umwandlung von basenreichen Magerrasen. Trittbelastung, auch zu starke Beweidung, verträgt sie wegen ihres strauchigen Wuchses nur schlecht. Sie gilt daher in Deutschland als gefährdet.

Orchidee: Herz­blättriges Zweiblatt

Das Herzblättrige Zweiblatt ist von den Vorständen der Arbeitskreise Heimische Orchideen zur „Orchidee des Jahres“ gekürt worden. Die unscheinbare Orchidee, die bis zu 15 cm groß werden kann, ist von den klimatischen Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte besonders betroffen. Denn ihr Lebensraum sind luftfeuchte Nadelforste mit moosigen Untergründen. Zurückgehende Regenmengen, Borkenkäferplagen und nicht ­zuletzt das Absterben ganzer Fichtenbestände führen zum teilweise drastischen Rückgang dieser kleinwüchsigen Orchidee.

Herzblättriges Zweiblatt (Bildquelle: Stemmer)

Das Herzblättrige Zweiblatt – Neottia cordata oder auch Listera cordata in Fachkreisen genannt – zeichnet sich durch zwei herzförmige Blätter aus, die am unteren Teil des Stängels gegenüberstehen. Der Blütenstand hat fünf bis zehn locker angeordnete kleine grüne bis gelbgrüne, manchmal auch rötliche Blüten. Diese zeigt die Orchidee von Ende Mai bis Juli.

Staude: Indianernessel

Wer Pflanzen mit Persönlichkeit liebt, kommt an der Staude des Jahres 2023 nicht vorbei. Schon der deutsche Name „Indianernessel“ deutet an, was die botanische Gattung Monarda unverwechselbar macht: Die kugelartigen Blütenköpfchen schmücken sich von Juni bis September mit in-tensiv leuchtenden Lippenblüten, die an ei-ne formvollendete Punk-Frisur erinnern – oder an bunten Federschmuck.

Die Indianer­nessel stammt ursprünglich aus Nordamerika. (Bildquelle: Stemmer)

Die Stauden stammt aus Nordamerika. In Europa wurden Indianernesseln erstmals 1569 von dem spanischen Arzt und Botaniker Nicolás Monardes erwähnt, der sich mit potenziellen Heilpflanzen aus der „Neuen Welt“ befasste. Ihm zu Ehren hat der Naturforscher Carl von Linné die Gattung später Monarda getauft. Je stärker die nesselartigen Blätter und die vierkantigen Stängel behaart sind, desto trockenheitsverträglicher sind die Sorten.  

Pilz: Sumpf-Haubenpilz

Beim Sumpf-Haubenpilz (Mitrula ­paludosa), dem „Pilz des Jahres“, handelt es sich um einen kleinen Schlauchpilz. Er gehört zur Gruppe der erdzungenartigen Pilze und zeichnet sich durch seine ökologische Spezialisierung aus. Seine Lebensräume sind pfützenreiche Sümpfe und sumpfige Stellen schwach fließender Bäche und Quellgebiete.

Der Sumpf-Haubenpilz zersetzt im Wasser liegende Blätter, Nadeln, Zweige und Zapfen. (Bildquelle: Karasch)

Die kleinen, keuligen Fruchtkörper mit dem leuchtenden, dottergelben Kopfteil und dem weißen, fast transparenten Stiel sind nicht größer als 2 bis 4 cm. Die Sporen werden in Schläuchen an der Oberfläche des Kopfes gebildet und sorgen für die Verbreitung des Pilzes. Seine Nahrung bezieht das Pilzmycel aus vermodernden Blättern, Nadeln, Zweigen und Zapfen, die in sauren Nadelwäldern, Quellfluren, Sümpfen und Mooren im langsam fließenden, sauberen Frischwasser von Gräben, Senken und kleinen Bächen liegen. Lediglich die Fruchtkörper des Pilzes wachsen aus dem Wasser heraus.

Die Art meidet kalkreiche Gewässer. Der Pilz kommt von der Ebene bis in die Mittelgebirge vor, häufig im Bayerischen Wald, Harz und Schwarzwald. Die Art erscheint schon zeitig im Jahr, je nach Witterung und Höhenlage von Februar bis Juli/August.

Moos: Geneigtes Spiralzahnmoos

Das Geneigte Spiralzahnmoos (Tortella inclinata) ist das „Moos des Jahres“. Es bildet bis zu 3 cm hohe, dichte, hell- bis gelbgrüne Rasen auf offenen Kalkrohböden und ist durch den Standort, die Bildung ausgedehnter Bestände und seine kurz lanzettlichen, feucht aufrecht abstehenden und trocken gekräuselten Blätter gut zu erkennen. Die Art tritt in bis zu mehreren Quadratmeter großen Rasen auf.

Geneigtes Spiralzahnmoos (Bildquelle: von Brackel)

Da das Moos auch Sekundär­lebensräume wie Kiesgruben und Schotterflächen aller Art besiedelt, ist es in Mitteleuropa nicht gefährdet. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die natürlichen und halbnatürlichen Lebensräume wie lückige Kalkmagerrasen und Kiesflächen an Fluss- und Seeufern in den vergangenen 50 Jahren extrem zurückgegangen sind bzw. sich teilweise ­immer noch im Rückgang befinden.

Heilpflanze: Weinrebe

Von der Weinrebe lassen sich verschiedene Teile verwenden – und das in der Küche, im Weinkeller und in der Hausapotheke. Letzteres ist allerdings weniger bekannt. Mit der Ernennung zur „Heilpflanze des Jahres 2023“ möchte der Verein NHV Theophrastus neue Blickwinkel auf diese besondere Pflanze eröffnen.

Mit „Wein“ wird nicht nur das Genussmittel bezeichnet, sondern landläufig auch die Pflanze, die die nötigen Früchte dafür liefert. „Vitis vinifera subspez. vinifera“ ist die Bezeichnung für acht- bis zehntausend Sorten, von denen heutzutage nur einige Hundert im Weinbau von Bedeutung sind.

Allen Kulturreben gemein ist der durch Schnitt und Stütze vorgegebene Wuchs. Weinstöcke können mehr als 100 Jahre alt werden. Ihre Wurzeln reichen in große Tiefen und schützen die Pflanze so auch bei längerer Trockenheit. Die Blüten sind unscheinbar. Allgemein wird ihre Anordnung als Traube bezeichnet, aber ­botanisch richtig bilden sie eine Rispe.

Sogenanntes Rebwasser ist ein altes Naturheilmittel. (Bildquelle: Stemmer)

Zum Essen beliebt sind vor allem die kernlosen Früchte. Allerdings verfügen gerade die harten Kerne der Weinbeeren über ernährungsphysiologisch und gesundheitlich vorteilhafte Eigenschaften. Ballaststoffe und hoher Wassergehalt der Früchte fördern die Verdauung und wirken entgiftend. Die vielen sekundären Pflanzen­inhaltsstoffe schützen unter anderem vor Zellschäden. Zahlreiche wissenschaftliche Studien untersuchen den Nutzen von rotem Traubensaft oder dessen Einzelbestandteilen im Zusammenhang mit Herz- und Gefäßerkrankungen, Diabetes und Krebs.

Bleibt Wein länger offen stehen oder wird er bewusst mit Essigsäurebakterien versetzt, erhält man Weinessig. Dieser wirkt beispielsweise desinfizierend und verdauungsfördernd, kühlend, fiebersenkend und hautreinigend.

Der im Frühjahr an Schnittstellen austretende Pflanzensaft, das Rebwasser, ist als Rebtränen oder Rebenblut bekannt. Heilkundige wie Hildegard von Bingen verwendeten die Flüssigkeit unter anderem zur Behandlung von Hautkrankheiten und bei Augenleiden. Heute erlebt Rebwasser eine Renaissance in der Biokosmetik.

Kurz nach der Weinlese werden die tiefroten Blätter bestimmter Rotweinsorten geerntet. Sie enthalten besonders hohe Mengen an Polyphenolen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur erkennt Rotes Weinlaub als pflanzliches Arzneimittel bei Venenerkrankungen an. Liebhaber mediterraner Küche kennen Weinblätter als zartes, leicht säuerliches Gemüse. Die im Frühsommer geernteten Blätter zeichnen sich durch reichlich Ballaststoffe und Eiweiß sowie Vitamin E und K, Folsäure und Mineralien aus.

Arzneipflanze: Echter Salbei

Der Echte Salbei ist die „Arzneipflanze des Jahres 2023“. Der Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde begründete seine Entscheidung unter anderem mit der reichhaltigen Nutzung des Krauts.

„Salvia officinalis“, so der lateinische Name, ist ein stark aromatisch riechender Halbstrauch. Charakteristisch sind seine langstieligen Blätter, die auf der Unterseite weißfilzig ­behaart sind. Medizinisch wird der Salbei in Europa seit dem Altertum verwendet. Zu den traditionellen Anwendungsgebieten zählen Sodbrennen, Blähungen, vermehrte Schweißabsonderung sowie Entzündungen in Mund und Rachen. Salbeiblätter enthalten Bakterien hemmende Stoffe in ihrem ätherischen Öl und den Gerbstoffen.

Salbei ist ein bewährtes Hausmittel bei schmerzhaften Entzündungen im Hals- und Rachenraum. (Bildquelle: Imago/MiS)

In der Klostermedizin des frühen und hohen Mittelalters wuchs die Bedeutung des Salbeis. Hildegard von Bingen widmete ihm in ihrer Naturkunde eines der umfangreichsten Kapitel.

Salbei bevorzugt sonnige Standorte mit kalkhaltigen Böden. Die jungen Blätter und Triebspitzen können laufend abgeschnitten werden. Die Sammelzeit ist von Mai bis September.  

Baum: Moorbirke

Es wird wohl nur wenige geben, die eine Birke nicht sofort erkennen. Zu einzigartig und zu auf­fällig sind ihre glatten, weithin sichtbaren weißen Rindenpartien und ihre lichte, frischgrüne Laubkrone. Sie ist ein Sinnbild des Frühlings. Zum Ausschmücken aller kirchlichen Festtage in dieser Jahreszeit werden gerne Birken genommen. Auch der noch heute in vielen Ortschaften alljährlich aufgestellte Maibaum ist in der Regel eine Birke.

Doch Achtung: Es gibt zwei zu Bäumen heranwachsende Birkenarten in Mitteleuropa – die Moor- und die Sandbirke. Beide zu unterscheiden ist allerdings nicht ganz leicht. Selbst der Pflanzensystematiker Carl von Linné ging noch Mitte des 18. Jahrhunderts davon aus, dass es lediglich eine einzige baumförmige Birkenart in Europa gibt.

Die weiße Rinde und die Blattform „verraten“ die Birke. Eine Stärke der Moorbirke ist ihre hohe Kältetoleranz. (Bildquelle: Stemmer)

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Moorbirke umspannt fast den halben Globus. Es reicht von Süd-Grönland über Island und Nordeuropa bis nach Ostsibirien hi­nein. Nur in Südeuropa – südlich der Pyrenäen und der Alpen – und in den asiatischen Steppengebieten fehlt sie.

Ihre Stärke ist ihre ungewöhnlich hohe Kältetoleranz. In den nor­dischen, sogenannten borealen Wäldern ist sie eine der wenigen waldprägenden Baumarten bis hin zu reinen Moorbirkenwäldern. Auch in den alpinen Gebieten Mitteleuropas klettert die Moorbirke mehr als 2000 m bis zur Baumgrenze hoch. Das Verbreitungsgebiet der Sandbirke überschneidet sich in weiten Teilen mit dem der Moorbirke. Es reicht allerdings nicht ganz so weit nach Norden, dafür aber weiter nach Süden in den mediterranen Raum hinein.

Gemüse: Rote Bete

Traditionelle Wurzelgemüse sind keineswegs gewöhnlich. So schickt sich gerade die Rote Bete (auch: ­Rote Beete oder Rote Rübe) an, auch in der gehobenen Gastronomie salonfähig zu werden. Trotzdem ist sie den meisten von uns eher als Sauerkonserve bekannt. Um das zu ändern, hat der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt die Rote Bete zum „Gemüse der Jahre 2023 und 2024“ ernannt.

Seit Jahrhunderten werden Rote Bete in europäischen Gärten angebaut. Obwohl schon die Römer um ihre medizinischen und kulinarischen Vorzüge wussten, sind ihre Qualitäten nur wenig bekannt. Rote Bete sind reich an wertvollen Aminosäuren, Fettsäuren, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Sie haben eine positive Wirkung auf Knochenstoffwechsel, Muskelwachstum und Gehirnfunktion.

Rote Bete lassen sich einfach anbauen. Typisch sind die grünen Blätter mit den roten Blattadern. (Bildquelle: Imago/Panthermedia)

Rote Bete sind ein einfach zu kultivierendes Wintervorratsgemüse. Es werden sieben grundlegende Wurzelformen unterschieden: von flachrund am Boden aufsitzend bis lang zylinderförmig. Und es gibt sie in vielen Farben von fast schwarz bis rot-weiß geringelt.

Je weiter die Rübe in den Boden wächst, desto höher sind die Trockenmasse und der Zuckergehalt.

Bete sind zweijährig. Im ­ersten Jahr bildet sich die Rüben, die wir essen. Im zweiten Jahr entwickelt sich der verzweigte, bis zu 150 cm hohe Blütenstand. Die Rote Bete bevorzugt humose, tiefgründige, nicht frisch gedüngte Gartenerde.

Giftpflanze: Petersilie

Nach der Kartoffel im vergangenen Jahr entscheidet eine beliebte Nahrungspflanze, in diesem Fall die Petersilie, das Rennen bei der Wahl der „Giftpflanze des Jahres“ für sich. „Und wiederum zeigt sich, dass unsere Lebensmittel auch eine dunkle Seite haben“, meldet der Botanische Sondergarten Wandsbek in Hamburg. Doch keine Panik: Der Verzehr der Petersilienblätter stellt keine Gefahr da. Ganz im Gegenteil, Petersilie enthält viel Vitamin C und dieses Vitamin ist besonders wichtig, um Erkältungskrankheiten vorzubeugen.

Die Blätter der Petersilie sind sehr gesund. Die eigentliche Gefahr geht von den Samenkörnern aus. (Bildquelle: Stemmer)

Ihre dunkle Seite zeigt sich erst im zweiten Jahr. Aus der im ersten Jahr gebildeten, grundständigen Rosette entwickeln sich im zweiten Jahr 30 bis 70 cm hohe Blütenstiele. Die unscheinbaren, gelbgrünen kleinen Blüten befinden sich in Dolden. Die sich entwickelnden Saatkörner sind nicht zum Verzehr geeignet. Denn sie enthalten Peter­silienöl. Darin befindet sich Apiol. Dies wirkt auf die glatten Muskelfasern der Blase, des Darms und besonders des Uterus. Daher wurde Petersilienöl früher oftmals zur Einleitung von Aborten verwendet.

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