Mehr als 200 mm Niederschlag fielen innerhalb weniger Stunden in Nachrodt-Wiblingwerde (Märkischer Kreis) und verwandelten kleine Rinnsale in reißende Bäche. Die Waldwege und ihre Entwässerungen konnten dem nicht standhalten. Abbruchkanten, tiefe Rinnen und unterspülte Forststraßen sind die Folge – für Waldbesucher eine Gefahr für Leib und Leben, weshalb die Waldbesitzer jetzt schnell handeln müssen.
Wege sind völlig zerstört
„Die Kraft, die die kleinen Waldbäche entwickelt haben, ist unvorstellbar“, sagt FBG-Vorstand Ernst-Ulrich Pühl, während er sich gemeinsam mit Geschäftsführer Christian Hülle die Schäden entlang des ruhig dahinfließenden Woerdener Baches anschaut. Der Regen verwandelte den gut einen Meter breiten, knöcheltiefen Bach in einen metertiefen und mehrere Meter breiten, reißenden Fluss. Entwurzelte Bäume und tonnenweise Geröll bezeugen, welche unvorstellbare Gewalt der kleine Mittelgebirgsbach entwickelt hatte.
Was dem Wasser im Weg war, wurde weggeräumt. Das betrifft vor allem die Waldwege im Gebiet der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Nachrodt-Wiblingwerde. Nachdem das Geröll Durchlässe und Rohre zum Teil meterhoch unter sich begraben hatte, suchte sich das Wasser einen anderen Weg. Dabei trug es Böschungen ab und grub sich teilweise mehrere Meter tief in die Wegekörper ein.
„Diese Schäden sind nicht die Regel, aber „Hotspots“ dieser Art gibt es in den Wäldern der FBG auf gut 20 km Länge“, erklärt Revierförster Christof Schäfer. Gemeinsam mit dem FBG-Vorstand erstellt der Förster derzeit ein Kataster, um sich einen genauen Überblick über die Wegeschäden zu verschaffen.
Haftung und hohe Kosten
Die laufende Käferholzernte und die Abfuhr des Schadholzes ist in weiten Teilen der FBG Nachrodt-Wiblingwerde erst mal unmöglich. Zeit zum Durchatmen bleibt den Waldbesitzern damit aber längst nicht. Die Waldwege gehören vielfach den Waldeigentümern, die mit ihrem Besitz angrenzen. Weil die Wegeschäden eine Gefahr für Waldbesucher, Wanderer und Mountainbiker darstellen, sind die Waldbesitzer in Sorge. „Wer bei einem Unfall haftet, wissen wir nicht, aber wir wollen kein unnötiges Risiko eingehen“, sagt Hülle.
Bis Bauunternehmen mit Bagger und Co. verfügbar sind, kann es einige Monate dauern. Den Waldbesitzern bleibt deshalb vorerst nur eines übrig: Sie sollten die zerstörten Wege sperren. „Flatterband reicht nicht aus“, sagt Jörn Hevendehl, Leiter des Regionalforstamtes Märkisches Sauerland. Die Sperrung der „Hotspots“ muss so „sicher“ sein, dass sie sich nicht ohne Weiteres wegschaffen lässt. Dementsprechend wären Warnbaken und Bauzäune ein geeignetes Mittel, bis die Wege in Stand gesetzt werden können. Auch wenn die einzelnen Absperrungen vergleichsweise preiswert sind, ergeben sich wegen der vielen Schäden hohe Kosten. Diese müssen die Anrainer selbst tragen, weil die FBG bisher kein Rollgeld für die Holzabfuhr erhebt und auch die beiden Wegebaugemeinschaften innerhalb der FBG hierauf nicht eingestellt sind.
Die Wegesperrungen sind aber nicht die Lösung des Problems. Denn die Forststraßen müssen wiederhergerichtet werden. In der Regel werden einige Lkw-Ladungen Schotter und eine Überfahrt mit dem Planiergerät ausreichen. Aber die massiven Schäden lassen sich so einfach nicht reparieren, sind sich Pühl und Hülle sicher. Trotz einer Wegebauförderung im Rahmen der Privatwaldförderrichtlinie von bis zu 70 % kalkuliert der FBG-Vorstand mit 10 000 bis 20 000 € – je „Hotspot“. Viele Wege sind 40 Jahre alt und mehr. Darum ist fraglich, ob die Wegeaufbauten von damals heutigen Ansprüchen – auch an den Hochwasserschutz – genügen. Diesbezüglich hoffen die Waldbauernvertreter auf Pragmatismus von den zuständigen Behörden.
Ohne Hilfe geht es nicht!
Eines ist für Ernst-Ulrich Pühl und Christian Hülle aber klar: „Aufgrund unserer Waldbesitzstrukturen können wir die Kosten nicht alleine tragen.“ Da die Waldbesitzer infolge der Borkenkäferkalamität und angesichts der Wiederbewaldung ohnehin schon finanziell unter Druck stehen, ist kein Geld für den Wegebau mehr da.
Im Forstamtsbereich sind neben der FBG Nachrodt-Wiblingwerde weitere fünf Forstbetriebsgemeinschaften im gleichen Maße betroffen. Das Hochwasser zog sich vor allem entlang der Kerbtäler in der Volme-Lenne-Schiene. Ersten Schätzungen zufolge beziffert Forstamtsleiter Hevendehl das gesamte Schadausmaß auf rund 10 Mio. €.
Inzwischen hat das NRW-Umweltministerium Hilfe zugesagt.