Mehr als 200 Mio. Festmeter Schadholz sind seit dem Sturm Friederike bundesweit angefallen, fasste Dirk Wiese, SPD-Bundestagsfraktionsvize und Forstexperte, zu Beginn des digitalen Walddialogs zusammen. Wiese hatte zu diesem Walddialog eingeladen und konnte mehr als 120 Teilnehmer begrüßen.
Hans-Georg von der Marwitz, Präsident der AGDW (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände), ging auf die dringend erforderliche Wiederbewaldung ein: „Es wird Jahre dauern.“ Nach von der Marwitz Meinung wird die Kalamität auch in diesem Jahr fortschreiten und weiteres Schadholz auf den Markt schwemmen. Inwieweit sich der Rohholzpreis erholt bzw. steigt, bleibt offen. Durch die fehlenden Einkommen aus dem Holzverkauf und die mitunter verlorenen Vermögen, sind Investitionen in die Wiederbewaldung aber nicht in allen Betrieben möglich.
Wiederaufforstung: Keine Investition ohne Kapital
Damit den Waldbesitzern aber Kapital für diese Mammutaufgabe zur Verfügung steht, erneuerte von der Marwitz seine Forderung, die Ökosystemleistungen des Waldes in Wert zu setzen. Der AGDW-Präsident spricht sich grundsätzlich für eine CO2-Bepreisung aus: „Diese ist richtig und gerecht“, sagt der CDU-Politiker. Durch entsprechende Mittel aus dem Energie- und Klimafonds könnten den Waldeigentümern jährlich etwa 125 €/ha zukommen. Mittel, die für die Wiederaufforstungen und den Waldumbau dringend benötigt werden. Denn neben der Aufforstung der Schadflächen hält von der Marwitz auch den Waldumbau für entscheidend auf dem Weg hin zu klimastabilen Mischwäldern. „Der Umbau ist nötig, aber nicht stärker mit Laubholz“, unterstrich er. Weil 80 % des Laubholzes vor allem energetisch genutzt wird, muss weiterhin Nadelholz produziert werden. Auch deshalb, um von Exporten unabhängig zu bleiben. Eine aus ideologischen Gründen eingeschränkte Baumartenwahl lehnt von der Marwitz darum kategorisch ab.
Holzproduktion und Artenschutz verknüpfen!
Die Frage „welcher Wald“ künftig entstehen soll, führt nach Meinung von Waldbesitzer Franziskus von Ketteler zu Zielkonflikten. Denn die Gesellschaft habe oftmals andere Forderungen an den Wald, als seine Besitzer. Aber Waldbesitzer Ketteler hat eine Lösung parat: „Wir müssen die Holzproduktion und den Naturschutz parallel betrachten.“ Trotzdem ist auch er überzeugt, dass die Gesellschaft ihren Teil zur Wiederbewaldung leisten muss. Denn viele Familienbetriebe sind existenzbedroht oder ihre Existenz zerstört.
Um die Betriebe zu erhalten, ist für Ketteler eine entsprechende Perspektive erforderlich. Diese sieht er in einer Entlohnung für beispielsweise die Wasserspende und den Artenschutz – Waldleistungen, die bislang allesamt mithilfe der Holzeinnahmen Querfinanziert worden sind. Eine Berechtigung gibt es für Ketteler allemal: „Der Wald ist hinsichtlich des Klimawandels nicht Täter, sondern Opfer und Lösung.“
Trotz des enormen Förderaufkommens sind bisher kaum Gelder in die Wiederaufforstung geflossen, teilte Frank Rosenkranz, Leiter des Forstamtes Oberes Sauerland in Schmallenberg mit. In seinem Zuständigkeitsbereich ist etwa ein Drittel des Fichtenvorrats durch Sturm, Dürre und Schädlingsfraß zerstört worden. Verglichen mit den „Kyrillschäden“ ist das Schadausmaß doppelt so groß. Trotz der verlorenen Festmeter hielt auch Rosenkranz fest. „Alle Waldfunktionen sind betroffen.“ Wegen dieser vielen Funktionen wird die Waldwirtschaft künftig noch komplexer, als sie ohnehin ist. Deshalb ist für ihn der Erhalt der kostenlosen, forstfachlichen Beratung sehr wichtig. Diesbezüglich ist das Land in der Pflicht.