Wie geht es dem deutschen Wald? Seit den 1980er-Jahren wird diese Frage regelmäßig im Waldzustandsbericht der Bundesregierung thematisiert. Die zurückliegenden drei Jahre haben gezeigt: Der Klimawandel ist endgültig und für alle sichtbar im deutschen Wald angekommen. Die anhaltende Dürre in den Vegetationszeiten hat verbreitet zum vorzeitigen Abfallen der Blätter geführt. Bei der Fichte begünstigte sie die Massenvermehrung von Borkenkäfern. Der Kronenzustand hat sich 2020 gegenüber den Vorjahren bei allen Baumarten weiter verschlechtert. Verstärkt wurde ein Absterben von Bäumen beobachtet.
Stetig verschlechtert
Diese Entwicklung kam nicht plötzlich, sondern zeichnete sich schon seit Jahren ab. Das konnten die Auswertungen der Bodenzustandserhebung im Wald belegen. „Die Perioden mit Trockenstress haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Das zeigen Modellierungen des Bodenwasserhaushalts an den Punkten der Bodenzustandserhebung“, sagt Dr. Nicole Wellbrock vom Thünen-Institut für Waldökosyteme in Eberswalde, die sowohl die Bodenzustandserhebung im Wald als auch die jährliche Waldzustandserhebung koordiniert.
Für die Bewertung des Waldzustandes ist die Belaubung bzw. Benadelung der Bäume ein wichtiger Indikator. Er gibt Aufschluss über ihre Vitalität. Jedes Jahr im Juli/August begutachten Inventurteams der Bundesländer auf einem 16 x 16 km Stichprobennetz rund 10 000 Bäume. Anhand von Musterabbildungen schätzen sie dabei die sogenannte Kronenverlichtung – also das Maß der Abweichung von einem voll belaubten bzw. benadelten gesunden Baum – in 5-Prozent-Stufen ab. Die ausgewerteten Daten ergeben ein bundesweit repräsentatives Bild für die wichtigsten Baumarten.
Deutlich wird: Die mittlere Kronenverlichtung der Laubbäume nimmt bereits seit Jahren zu, vor allem bedingt durch den schlechten Zustand der Eichen. Seit 2015 verschlechtert sich aber auch der Zustand der Buche.
Sorgenkind Fichte
Anders als bisher, steigt auch bei Nadelbäumen die Kronenverlichtung seit 2018 deutlich. Insbesondere der Zustand der Fichten ist besorgniserregend: Nur 21 % der untersuchten Bäume sind ohne Verlichtung, 44 % zeigen eine deutliche Verlichtung. Das sind mit Abstand die schlechtesten Werte seit Beginn der Erhebungen vor 35 Jahren.
Neben der Kronenverlichtung hat sich 2020 auch die Absterberate bei Laub- und Nadelbäumen noch einmal drastisch erhöht. Sie war mehr als doppelt so hoch wie in den Vorjahren.
Fichten zeigen eine deutliche Reaktion auf Wassermangel im Boden. 2019 starben erstmals flächig Bestände ab. Dieser Trend hat sich 2020 weiter fortgesetzt. Der Borkenkäfer hat die vorgeschädigten Fichtenbestände besonders stark befallen. Aber auch die Buche, die bisher weniger auffällig war, ist von Hitze- und Trockenstress gezeichnet. Zudem hat die Buche 2020 vermehrt Früchte gebildet, was zu weiteren Kronenverlichtungen führte. Jahre mit verstärkter Fruchtbildung nehmen bei der Buche zu. Der Zustand der Eiche hat sich leicht verbessert, bleibt aber weiterhin besorgniserregend.
Keine Besserung!
Waldwissenschaftlerin Nicole Wellbrock rechnet auch für 2021 mit keiner Besserung, denn: „Schädigungen offenbaren sich meist erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung.“ Erschwerend kommt hinzu, dass die Populationen der Schadinsekten durch die milden Winter 2019 und 2020 sowie die im Wald verbliebenen Schadholzmengen auf hohem Niveau bleiben. Was kann helfen? „Konsequenter Klimaschutz, die Minderung von Stickstoffeinträgen und begleitend ein nachhaltiger Waldumbau“, urteilt die Thünen-Expertin.
Mehr zum Thema lesen Sie in der Wochenblattausgabe 9/2021.