Interview

Wald: Nischen nutzen

Traditionelle Waldwirtschaft setzt auf die Holz­produktion als Haupteinnahmequelle. Der Klimawandel und seine Folgen wie Sturm und Käferkrise zeigen: Das ist unsicher. Gibt es Alternativen?

Herr Prof. Möhring, in NRW haben Forstbetriebe zum Teil ihren ganzen Wald verloren, ohne ausreichende Einnahmen für die Wiederaufforstung zu erzielen. Was passiert da gerade?

Die Fichte war immer eine risikobehaftete Baumart, doch selbst bei Kalamitäten gab es trotz verminderter Verkaufserlöse immer einen nennenswerten positiven Deckungsbeitrag. Jetzt kommen zwei Faktoren zusammen: Ein Marktzusammenbruch wegen des Überangebots an Holz trifft auf den Zusammenbruch der Bestände. Die Folge ist ein totaler Preisverfall. Die Betriebe büßen ihre Bestände ein, ohne dass Geld übrig bleibt. Das ist neu. Ebenso neu ist diese lang anhaltende Kalamität. Es drohen komplette Substanzverluste, denn der Käfer greift konsequent auch vitale Fichten an.

Angenommen, die Waldbesitzer forsten sämtliche Schadflächen rasch wieder auf. Wann sind erste Einnahmen erzielbar?

Das ist abhängig von der Baumartenwahl und der Gesamtinvestition. Kalkulieren wir 8000 €/ha für Pflanzmaterial und Pflanzung und weitere 4000 €/ha für einen Zaun zum Schutz der Kultur, würde es anhand der üblichen Erträge 100 Jahre und länger dauern, bis die Kosten amortisiert sind. Im forstlichen Betriebsvergleich für NRW machen die Betriebe aus Holzverkauf durchschnittlich einen Umsatz von etwa 400 €/ha und Jahr, nach Abzug aller Kosten bleiben etwa 100 €/ha übrig. Das bedeutet, das Geld muss langfristig auf der Fläche erwirtschaftet werden.

Darum waren die Forstbetriebe schon immer auf Vorerträge angewiesen: in Fichtenbeständen zum Beispiel Weihnachtsbäume, Tomatenstangen oder Holz für Jägerzäune. Diese Nischenprodukte gibt es aber praktisch nicht mehr.

Erste Maßnahmen mit positivem Deckungsbeitrag kann der Waldbesitzer meist erst nach 20 Jahren plus x erwarten. In Douglasienbeständen sind erste erntekostenfreie Holzerlöse aus dem Industrieholzverkauf bereits nach 15 bis 16 Jahren möglich. Unter anderem deshalb ist die Douglasie so eine wichtige Option für die Forstbetriebe – bei der Eiche braucht das eher 40 bis 50 Jahre.

Insgesamt müssen die Forstbetriebe sich auf eine längere ökonomische Dürrephase einstellen.

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