Insgesamt 36 Mio. € umfasste der Fördertopf „Extremwetterfolgen“, den NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser im Juli im Kottenforst bei Bonn freigab. Jetzt informierte das Ministerium: Der Fördertopf ist leer – weitere Förderanträge werden nicht genehmigt. Viele Forstbetriebe hatten die Zuschüsse für die Aufarbeitung des Käferholzes fest eingeplant. Trotz gestellter Anträge werden aber nicht alle Waldbauern Fördergelder bekommen, andere mussten lange um ihre gestellten Anträge bangen – so wie die Mitglieder der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Balve im Märkischen Sauerland.
Sammelantrag gestellt
Der FBG-Vorstand hatte für seine Mitglieder Sammel-Förderanträge beim zuständigen Forstamt in Lüdenscheid eingereicht. Mithilfe des Fördergeldes sollten die Aufarbeitungskosten des Borkenkäferholzes zumindest teilweise kompensiert werden.
Zuletzt hatte die FBG im vergangenen Juli einen Sammel-Förderantrag in Höhe von rund 730 000 € gestellt, sagt FBG-Vorsitzender Hubert Priggel. Zu dieser Zeit gab es einen noch laufenden Förderantrag der FBG, was förderrechtlich in Ordnung ist. Der Grund des zweiten Förderantrags: Die Aufarbeitung des forstschutzrelevanten Käferholzes sollte zu keiner Zeit ohne gültigen Förderantrag geschehen. Die Neuanträge durfte das Forstamt aber erst nach Abschluss des noch offenen Sammel-Förderantrags bewilligen. Das geschah Ende Oktober, erklärt Priggel. Um das Käferholz schneller aufarbeiten zu können, hatte Umweltministerin Heinen-Esser im September die Möglichkeit des „vorzeitigen Maßnahmenbeginns“ auf den Weg gebracht. Das bedeutet: Auf Antrag der FBG hatte der Förster vor Ort den Beginn der Aufarbeitung erlaubt, auch wenn das Forstamt den Förderantrag noch nicht abschließend bewilligt hat. Die Krux: Trotzdem ist keine Bewilligung garantiert, sodass die FBG ein gewisses Restrisiko trägt.
Damals wurden die Fördermittel bereits immer knapper. Darum wies die Geschäftsstelle Forst – die zuständige Förderstelle in Münster – an, Neuanträge in höchstens 40 000-€-„Portionen“ zu bewilligen.
Bis dahin konnte der im Juli gestellte Sammel-Antrag der Balver Waldbesitzer noch nicht bewilligt werden. Eine Teilfreigabe erster 40 000 € bezogen auf den Neuantrag lehnte das Forstamt wegen fehlender Fördermittel ab, sagt Priggel.
Mittel reichen nicht aus
Das Forstamt hat bisher insgesamt etwa 5,9 Mio € von insgesamt 40 Mio. € aus der landesweiten Extremwetterförderung zugewiesen bekommen und auch bewilligt. Die zugewiesenen Millionen reichen aber längst nicht aus, um alle im Forstamt eingegangenen Förderanträge zu bewilligen. Deshalb hat das Lüdenscheider Forstamt nach Priggels Aussage frühzeitig einen „Nachschlag“ in Höhe von rund 3 Mio. € beim Umweltministerium angefordert.
„Das Forstamt als auch die Geschäftsstelle Forst haben sich richtlinienkonform verhalten und auch immer rechtzeitig den Bedarf weitergemeldet. Leider wurde kein Geld vom Ministerium mehr freigegeben“, kritisiert der FBG-Vorsitzende.
Ende November erhielt der FBG-Vorstand die Nachricht: In diesem Jahr werde das Umweltministerium keine Mittel mehr zur Verfügung stellen. Somit dürfen bisher nicht bewilligte Anträge – darunter auch jener der FBG Balve – vom Forstamt nicht mehr genehmigt und ausgezahlt werden, unabhängig von der Zusage des „vorzeitigen Maßnahmenbeginns“.
Nur Schaufensterreden?
„Das ist leider rechtlich korrekt, einen Anspruch auf Fördergeld gibt es ja bekanntermaßen trotz der Erlaubnis, die Aufarbeitung vorzeitig beginnen zu dürfen, nicht. Aber die wiederholten Schaufensterreden der Ministerin haben vermittelt, dass die Waldbesitzer die Förderhilfen nicht abrufen würden. Das Gegenteil ist der Fall“, beklagt Hubert Priggel.
Die Konsequenz: Die Mitglieder der FBG Balve drohten für die bereits durchgeführten Käferholzeinschläge und Holzabtransporte in der Größenordnung von 35 000 fm leer auszugehen. Somit hätte die FBG auf etwa 450 000 € Förderung verzichten müssen. Glück im Unglück: Statt bei der Holzernte in Vorkasse treten zu müssen, erledigte ein Selbstwerberunternehmen die Aufarbeitung. Dieser erntet und vermarktet das Holz eigenständig und zahlt später die erwirtschafteten Überschüsse an die Waldbesitzer aus.
„Wir als Vorstand haben durch das Förderverfahren unverschuldet das Vertrauen vieler unserer Mitglieder verloren“, sagt Priggel. Die FBG-Balve dient nur beispielhaft für ein Problem, das Waldbesitzer in allen Regionen NRWs betrifft.
Kürzlich hat das Ministerium auf die hohe Nachfrage nach Förderhilfen reagiert und noch einmal rund 10 Mio. € bereitgestellt. Hiervon profitiert auch die FBG Balve, die nun die beantragten Fördergelder erhält.
Zudem wurde ein Teil der von Waldbesitzern beantragten Fördermittel bereits im Vorgriff auf die Fördermittel des Jahres 2021 bewilligt, im Rahmen sogenannter Verpflichtungsermächtigungen, teilte das Ministerium mit. 2021 plant die Landesregierung im Rahmen der Extremwetter-Förderung mehr als 75 Mio. € zur Verfügung zu stellen. Darin bereits enthalten ist der voraussichtliche Bundesanteil.
Nachfrage größer als erwartet
Wie groß der Bedarf an Fördergeldern ist, zeigt sich daran, dass die 36 Mio. €, die NRW in diesem Jahr als Fördermittel im Rahmen der Extremwetter-Richtlinie zur Verfügung gestellt hat, ausgeschöpft sind. Insgesamt richteten die Waldbesitzer mehr als 3400 Förderanträge im Volumen von rund 60 Mio. € an das Land, teilt das Umweltministerium mit. Etwa ein Fünftel davon beziehen sich auf Maßnahmen, die 2021 beendet werden sollen. Bewilligt wurden bisher etwa 2600 Anträge mit einem Volumen von rund 40 Mio. €, ein Teil davon im Rahmen von „Verpflichtungsermächtigungen“ für das kommende Jahr. Maßnahmen für den Durchführungszeitraum 2021 können bereits jetzt wieder bewilligt werden, wenn sie bisher noch nicht durchgeführt wurden. Haben Antragstellende „2020“ als Durchführungszeitraum angegeben und noch nicht durchgeführt, so ist ein formloser Änderungsantrag auf „2021“ hinreichend, heißt es aus dem Ministerium. Bewilligungen von Maßnahmen, die ohne vorzeitigen Maßnahmenbeginn bereits abgeschlossen wurden, sind im Nachhinein nicht möglich.
Das Verfahren im Überblick
Die Abwicklung der Förderung läuft in groben Zügen so ab:
1. Antragstellung, gegebenenfalls inklusive Antrag auf vorzeitigen Maßnahmenbeginn (VZM),
2. gegebenenfalls Genehmigung des VZM,
3. Prüfung des Antrages und bei Erfüllen der Voraussetzungen die Bewilligung von Finanzmitteln,
4. Beginn der Maßnahme,
5. Vorlage des Verwendungsnachweises und Bestätigung, dass die Maßnahme wie beantragt durchgeführt wurde.
6. Auszahlung der Mittel an die Antragsteller.
Die Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmenbeginns enthält keine Fördermittelzusage. Darauf weist die Landesforstverwaltung in ihren Schreiben explizit hin. Der VZM ist das Mittel der Wahl, wenn dringende Maßnahmen bereits vor der Bewilligung der beantragten Fördermittel begonnen werden sollen, ohne dadurch die Chance auf Fördermittel zu verlieren.
Anspruch auf Auszahlung besteht für alle Antragsteller im Umfang der Bewilligung erst nach Vorlage eines Verwendungsnachweises. Die Fördermittel können im Rahmen des vorzeitigen Mittelabrufs auf Antrag auch direkt nach der Bewilligung ausgezahlt werden. So müssen Betriebe nicht in Vorleistung treten.