Neben seiner Funktion als Rohstofflieferant übernimmt der Wald vielfältige Schutz- und Erholungsaufgaben. Bisher sind diese zusätzlichen Leistungen aber weder bewertet worden noch haben Waldbauern dafür eine Gegenleistung erhalten.
Gerade das wird aber in den kommenden Jahren notwendig sein, damit Waldbesitzer die sogenannten Ökosystemleistungen (ÖSL) des Waldes erhalten und Schadflächen mit klimastabilen Beständen aufforsten können.
Waldumbau jetzt beginnen
Die Anpassung an den Klimawandel ist die wichtigste Aufgabe, vor der die Waldpolitik heute steht. Zu diesem Schluss kommt der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik des Bundesministeriums in seinem aktuellen Gutachten. Dessen Vorsitzender, Prof. Dr. Jürgen Bauhus von der Universität Freiburg, erklärte dazu auf dem 12. Arnsberger Waldforum: Nicht nur die bekannten klimatischen Veränderungen, auch die Einschleppung von Schadorganismen werde deutlich zunehmen. „Es gibt nichts Deprimierenderes, als sich auf Konferenzen mit Forstschützern zu unterhalten, die einem dann erzählen, welche Arten schon an unsere Tür klopfen“, sagte Bauhus.
Die Intensität von nicht vorhersehbaren Waldschäden hat demnach zwischen 2018 und 2020 um mehr als 500 % gegenüber der Spanne 1986 bis 2015 zugenommen. Stabile Verhältnisse, wie sie die Waldbauern über Jahrhunderte gewohnt waren, wird es künftig nicht mehr geben, sagte der Forstwissenschaftler voraus. Um den Status funktional und genetisch angepasster Wälder zu halten, müsse deshalb in Zukunft ständig repariert werden, warnte er. „Das wird teuer und ist ein langfristiges Vorhaben.“
Bauhus rief dazu auf, den Waldumbau unmittelbar zu starten. „Jetzt, wo wir die großen Schadflächen haben, müssen wir die Gelegenheit nutzen, um die Wälder in diese Richtung zu bringen.“
Flächenprämie als Anreiz
Aus seiner Sicht gehört auch eine intensive Nutzung der Wälder dazu. „Die Wälder weisen derzeit einen Rekordvorrat auf“, bilanzierte der Professor. Eine weitere Vorratssteigerung erhöhe die Anfälligkeit und erschwere die Anpassung der Wälder.
Bauhus verwies in diesem Zusammenhang auf die Belastungen der Waldbesitzer durch Aufforstung, Pflege oder den Forstschutz. Im aktuellen Gutachten schlägt der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik ein einfaches, schnell umsetzbares Fördersystem vor. Danach soll nicht jede einzelne Ökosystemleistung des Waldes honoriert werden. Vielmehr möchte Bauhus die allgemeine Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft (Resilienz) der Wälder honorieren.
Resiliente Bestände mit hoher Anpassungsfähigkeit erhalten volle Förderung. Risikobestände, die die Ökosystemleistung nicht erbringen, werden nicht honoriert.
„Was wir nicht brauchen, ist eine Flächenprämie, sondern es muss ein Anreizsystem sein“, sagte er. Für die Finanzierung kämen derzeit der Energie- und Klimafonds, Einnahmen aus CO2-Steuer oder ab 2022 das Klimaschutz-Sofort-Programm infrage.
Chancen auf Geld steigen
Den Wert von Wald zu ermitteln, ist relativ simpel. Geht es aber um die monetäre Bewertung der Waldleistung, wird die Sache schon schwieriger.
Forderungen, Ökosystemleistungen des Waldes zu honorieren, gibt es bereits seit rund 50 Jahren, bisher jedoch ohne Erfolg, resümierte Prof. Dr. Peter Elsasser vom Thünen-Institut für Internationale Waldwirtschaft und Forstökonomie in Hamburg. Nicht zuletzt, weil die Argumentation der Waldbesitzer bisher vergleichsweise schwach waren und Uneinigkeit darüber herrschte, wie die Honorierung erfolgen soll. Aktuelle Impulse erhöhen die Chance auf eine Honorierung, nach Einschätzung von Elsasser jedoch. Der Grund: Als Folge der Dürre und der Kalamitäten hat sich gezeigt, dass nicht nur der Bestand der Wälder, sondern auch der Forstbetriebe gefährdet ist. Damit sind auch die kostenlosen ÖSL in Gefahr.
Jedes Jahr 150 €/ha?
Einen Forstbetrieb aus dem reinen Holzverkauf zu finanzieren, sei gegenwärtig nicht mehr möglich, sagte Max Freiherr von Elverfeldt. Er forderte eine zusätzliche Entlohnung der Ökosystemleistungen und rechnete vor, wie hoch ein solcher Betrag ausfallen könnte.
Seine Kalkulation berücksichtigt:
die Wasserfilterleistung – Wasserschutzgebiete befinden sich häufig unter Waldflächen, den Naherholungswert, die CO2-Senkenleistung, die Biodiversität sowie weitere Ökosystemleistungen des Waldes.
Seine auf verschiedenen Studien basierenden Zahlen summieren sich am Ende auf einen Wert von 340 €/ha. Für die Finanzierung würde von Elverfeld gerne den Klimafonds anzapfen.
Für die Wälder Mecklenburg-Vorpommerns hat Prof. Ulrich Hampicke ebenfalls die Ökosystemleistungen für Klimaschutz, Erholung, Naturschutz, Wasserwirtschaft und Lärmschutz berechnet. In Summe kommt er auf einen Wert von 450 €/ha und Jahr. Für tatsächlich zahlbar hält er allerdings nur einen Betrag von 150 €/ha und Jahr. Begründung: Dieser Betrag würde zu einer Gleichbehandlung von Land- und Forstwirtschaft führen. Denn die Landwirte erhalten aus Brüssel über die zweite Säule etwa 2,5 Mrd. € pro Jahr, das entspricht etwa 150 €/ha.
Lesen Sie mehr: