Vogelschutz im Wald

Die heimischen Wälder sind die Ökosysteme mit den meisten Vogelarten. Durch die anhaltenden Dürre- und Borkenkäferschäden wird dieser Lebensraum aber teilweise komplett zerstört.

Auf die Frage „Welche Vögel leben im Wald?“ werden viele von uns Arten wie Buntspecht, Uhu oder Habicht aufzählen. Allerdings nutzen viel mehr Vogelarten den Wald als Brut- oder Nahrungshabitat. Von 244 in Deutschland bestätigten Brutvogelarten sind 105 an Wälder gebunden. Davon werden 76 Arten als Waldvögel im engeren Sinne bezeichnet, fand die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft heraus. Typische Arten sind neben den genannten beispielsweise Zilpzalp, Waldlaubsänger, Baumpieper, Waldohreule, Kernbeißer, Kleiber, Schwarzspecht und Trauerschnäpper.

Viele dieser „Waldbewohner“ sind auf geschlossene Bestände mit zum Teil hohen Nadelholzanteilen angewiesen. Weil diese derzeit flächig absterben, brauchen die Vögel Hilfe. Wie die aussehen kann, war in dieser Woche Seminarthema im Waldinformationszentrum Hammerhof in Warburg-Scherfede (Höxter).

Der Schwarzstorch ist eine typischer Waldvogel. Seine wenigen Bestände sind in NRW seit Jahren stabil. (Bildquelle: Jan Preller/Wald und Holz NRW)

70 Waldvogelarten in NRW

„In Nordrhein-Westfalen gibt es etwa 70 Vogelarten, deren Brut- und/oder Nahrungshabitat ausschließlich oder häufig der Wald ist“, bestätigte Ulrich Hipler, Wald und Holz NRW, die Untersuchungen der Kollegen aus Bayern. Dabei bevorzugen einzelne Vogelarten unterschiedliche Strukturen, die sich unter anderem durch das Bestandesalter ergeben – beispielsweise die Verjüngung, das Dickungsalter, die Plenterphase oder die Zerfallsphase mit starkem Alt- und viel Totholz.

Nach Hiplers Erkenntnissen favorisieren vor allem Schwarzspecht, Habicht und Raufußkauz dichte Waldbestände mit mittelstarken bis starken Bäumen. Hingegen bevorzugen Rotmilan und Baumpieper lichte Wälder mit einem Bestockungsgrad unter 0,6 sowie Waldränder. Bisher fanden die Vogelarten ihre bevorzugten Lebensräume in NRW vor. Das bestätigt sich dadurch, dass die Populationen von 41 der 70 Waldvogelartenstabil sind, erklärte Hipler. Die Population von weiteren 19 Arten nimmt sogar zu. Jedoch sind auch einige Arten in NRW vom Aussterben bedroht, wie Pirol, Haselhuhn und Raufußkauz.

Goldammern fressen überwiegend Samen. Die Nestlinge hingegen werden vor allem mit Wirbellosen, besonders Spinnen, Käfern und Schmetterlingslarven gefüttert. (Bildquelle: Jan Preller/Wald und Holz NRW)

Insektenfresser werden weniger

Neben den sich verändernden Wäldern liegt das vor allem am Nahrungsangebot. Anders als für Pflanzen-, Fleisch-, Körner- oder Allesfresser wird das Nahrungsangebot von Insektenfressern knapper. Außerdem sinken die Populationen von Bodenbrütern und Bewohnern lichter Wälder.

Besonders die Großkalamität verändert den Lebensraum der Vögel, was vor allem die Populationen von Raufußkauz und Fichtenkreuzschnabel negativ beeinflusst. Durch die Auflichtung der Wälder und mehr Totholz bietet die Kalamität für die Vogelwelt auch Chancen, besonders für Zilpzalp, Baumpieper und Grauspecht.

Maßnahmen für den Vogelschutz

Wie lässt sich den Vögeln „unter die Flügel greifen“? Auf diese Frage hat Hipler eine Antwort: den Bruterfolg erhöhen, das Nahrungsangebot verbessern und Strukturvielfalt schaffen.
Der Bruterfolg lässt sich durch das Vermeiden von Störungen während der Brut erhöhen. Im Staatswald ist es üblich sogenannte Horstschutzzonen einzurichten, die während der Brut nicht betreten werden. Je nach Art sind die Schutzzonen bis zu 200 m um den Brutplatz herum groß. Vor allem der Schwarzstorch reagiert sehr empfindlich auf Störungen während der Brut.

Auch verletzte Vögel müssen mal ins "Krankenhaus". Anna Reichel, Vogelpflegestation Essenthoer Mühle in Marsberg (HSK), bei der Auswilderung einer Waldohreule. (Bildquelle: Schlotmann)

Weitere Schutzmaßnahmen sind beispielsweise die Anlage von Waldrandstrukturen sowie das Pflanzen von Vogelnährgehölzen, sagte Hipler. Hierzu zählt der Schwarzdorn. Aber auch historische Bewirtschaftungsformen kommen einigen Arten zu Gute. Das gilt beispielsweise für den Hutewald, der einen Lebensraum für insektenfressende Arten bietet, darunter Blaumeise und Zwergschnäpper.
Niederwälder, wie sie durch die Haubergswirtschaft im Siegerland entstehen – bieten Baumpieper und Heckenbraunelle einen Lebensraum.

Mischung hilft der Vogelfauna

Für die Waldbaupraxis bedeutet das eine größtmögliche horizontale und vertikale Mischung zu schaffen. Das ist bereits bei der Wiederbewaldung möglich, unter anderem durch gruppen- und horstweise Pflanzung. Für Durchforstungen empfiehlt Hipler einen Femel-, statt Schirmschlag.
Beides bietet auch Vorteile für den Waldbesitzer: Durch die unterschiedlichen Lichtverhältnisse ist eine vielfältigere Baumartenmischung möglich.
Weitere Maßnahmen zum Vogelschutz im Wald sind Durchforstungen außerhalb der Brut- und Aufzuchtzeit, sowie eine möglichst frühe Positivauslese.

„Artenvielfalt entsteht durch Försterhand“, unterstrich Christian Finke von der Biologischen Station Kreis Paderborn-Senne. Finke referierte über die Vogelfauna in der Egge und ging näher auf die Lebensräume einzelner Arten ein. In der Egge nimmt zum Beispiel die Population des Sperlingskauzes stetig zu, die des Raufußkauzes hingegen kontinuierlich ab. Grund ist die enge Bindung des Sperlingskauzes an strukturreiche Nadel-Mischwälder.

Artenreiche Fichtenwälder

Zudem räumte Finke mit dem Gerücht auf, das Fichtenwälder artenarm sein sollen. Prominentes Beispiel für die Bewohner von Fichtenforsten ist der Schwarzspecht. Zwar brütet die Spechtart vorwiegend in Buchenalthölzern, allerdings benötigt der Schwarzspecht Fichtenwälder als Nahrungshabitat. Dadurch ist die Bindung des Schwarzspechtes an die Fichte eng.

Buntspechte sind gleichermaßen in Laub- und Nadelwäldern zu Hause. (Bildquelle: Jan Preller/Wald und Holz NRW)

Auch Michael Jöbges, Vogelschutzexperte des LANUV NRW, brachte zahlreiche Erkenntnisse aus der Praxis mit. Seinen Ausführungen nach taucht neben dem Schwarzspecht auch der Sperlingskauz überwiegend in Fichtenbeständen auf. Die Graureiherbestände in Fichtenwäldern sind derzeit stark gefährdet – infolge der starken Borkenkäferschäden.

Doch nicht nur die sich verändernden Wälder wirken sich auf die Vogelwelt aus, auch der Klimawandel hat Folgen für die Vögel, erklärte Jöbges. Demnach beginnt die Balz der Vögel im langjährigen Vergleich derzeit häufig ein bis zwei Wochen früher als üblich.