Gut gemeint bedeutet nicht immer gut gemacht. Das zeigt sich aktuell auf tragische Weise im Kreis Coesfeld. Bei einem Teich, der an das Naturschutzgebiet „Welter Bach“ angrenzt, hat ein Verantwortlicher des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) das Wasser abgelassen und dann 1 t Branntkalk auf dem Teichgrund verteilt. Laut Christoph Hüsing, Pressesprecher des Kreises, sei dann mittels Bagger der Teich ausgehoben und mit dem Teichgrund das Ufer modelliert worden.
Das Ganze hat sich im August zugetragen, also in einer trocken-heißen Wetterphase, wo jeder Vogel für eine Wasserstelle dankbar war. Doch hier wurden sie den Tieren zum tödlichen Verhängnis. Denn Branntkalk wirkt insbesondere ungelöscht stark ätzend. Die Folge: viele tote Wasser- und Singvögel. „Bis einschließlich Freitag vergangener Woche waren es 30 tote Vögel“, berichtet Hüsing. Seitens des Veterinäramtes wird nun geprüft, ob Strafanzeige erstattet wird.
Wollte Fische beseitigen
Am 1. September war der Kreis von einem Anlieger auf den Vorfall hingewiesen worden, der bereits rund 14 Tage vorher geschehen sein soll. Doch warum hat der BUND-Vertreter, der auch Aufseher im angrenzenden Naturschutzgebiet sein soll, überhaupt das Teichwasser in dieser Zeit abgelassen? Der Teich ist Teil eines rund 2 ha großen, umzäunten Privatgeländes, das vom BUND bewirtschaftet wird. In diesem sollen Katzenwelse und damit invasive Raubfische gelebt haben.
Gegenüber der Allgemeinen Zeitung Coesfeld berichtete der Verantwortliche des BUND, er habe das Wasser abgelassen, „um die Fische zu beseitigen“. Denn der Teich sei zunehmend von diesen vereinnahmt worden. Andere Lebewesen seien aus dem Gewässer dagegen verschwunden, ob Libellen, Frösche oder Erdkröten. Gegenüber der Tageszeitung äußerte sich der BUND-Vertreter reumütig: „Das war eine Dummheit. Ich habe einen Fehler gemacht.“
Allen Schuldgefühlen zum trotz ist er dennoch nicht vollständig der Aufforderung des Kreises nachgekommen, den am Uferrand aufgetragenen, problematischen Teichgrund zu entfernen. „An zwei Stellen hat er dies nicht getan“, berichtet Hüsing. Kollegen aus dem Kreishaus würden das Geschehene „sehr, sehr ernst“ nehmen. Derzeit seien täglich Mitarbeiter des Kreises vor Ort. Während die Proben des Restwassers im Teich im Vergleich mit Wasserproben aus einem Nachbarteich unauffällig waren, deute bei einem von drei untersuchten Wasservögeln alles daraufhin, dass dieser an den Folgen des Branntkalkes verendet ist. „Daraufhin ist noch ein viertes Tier zur Untersuchung eingeschickt worden, auf dessen Ergebnisse wir derzeit noch warten“, so Hüsing am Montag dieser Woche.
Ortsgruppe distanziert sich
Die BUND Ortsgruppe Dülmen bezog am Freitag vergangener Woche öffentlich Stellung zu den Geschehnissen. Die Ortsgruppe bedauere außerordentlich, dass es im Zuge der „Umgestaltung eines Teilbiotopes in den Welter Bachauen zu Tierverlusten gekommen ist“. In der Stellungnahme weist die Gruppe jedoch auch darauf hin, dass sie über keine Kenntnisse verfüge und keinerlei Verantwortung für diese Vorgänge trage. Daher könne sie nicht zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes beitragen. Die Planung und Bewirtschaftung des Naturschutzgebietes Welter Bachauen liegt nach Angaben der Ortsgruppe „seit vielen Jahren in der alleinigen Verantwortung eines vom BUND Landesverband bestellten Verwalters“. Die BUND Ortsgruppe Dülmen sei hier nicht involviert. „Für weitere Informationen stehen Mitglieder der Ortsgruppe anlässlich des Bürgertreffs am 3. Oktober am Stand des BUND in der Dülmener Innenstadt zur Verfügung.“
(Britta Petercord)
Wann und warum werden Teichanlagen gekalkt?
Bei der Bewirtschaftung von Fischteichen ist Kalk ein wichtiger Faktor. Fische und andere Wassertiere können nur innerhalb begrenzter Werte von beispielsweise Temperatur, Sauerstoffgehalt und Säuregrad (pH-Wert) existieren. Beim pH-Wert liegt der Bereich etwa zwischen 6 bis 8. Mittels Kalkung kann saures Wasser (pH <5) in den neutralen, für Fische notwendigen Bereich gebracht werden. Durch den Kalk wird die Säure neutralisiert. Dabei wird auch vorkommendes Eisen gebunden, das sich sonst auf den Kiemen der Fische niederschlagen oder Eier zum Absterben bringen kann.
Des Weiteren sorgt Kalk für eine gute Verfügbarkeit von Nährstoffen. Besonders in der Karpfenteichwirtschaft hängt das Wachstum der Jungfische stark vom Angebot an Naturnahrung ab. Winzige Algen dienen Planktonorganismen wie Flohkrebsen und Hüpferlingen als Nahrung. Diese werden von der Karpfenbrut gefressen. Daher werden „Vorstreckteiche“, in denen die Karpfenbrut herangezogen wird, besonders gedüngt und gekalkt.
Auch nach dem Abfischen vor Winter kommt Kalk zum Einsatz. Durch seine stark ätzenden Eigenschaften wird Branntkalk zur Desinfektion eingesetzt. Er entsteht, indem Kalkgestein (CaCO3) auf mehr als 800 °C erhitzt und dabei das Kohlenstoffdioxid (CO2) ausgetrieben wird. Gelangt Branntkalk mit Wasser in Kontakt, kommt es zu heftigen Reaktionen mit starker Wärmeentwicklung. Indem der Teichgrund mit Branntkalkpulver (unter Beachtung von Sicherheitsmaßnahmen wie Schutzbrille, Handschuhe und Windrichtung) bestreut wird, lassen sich Fischparasiten und Krankheitserreger abtöten. Nach etwa 14 Tagen ist die ätzende Wirkung vorbei und der Kalk sorgt über Winter, während der Teich trocken liegt, für den Abbau der Schlammschicht und die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit. Kohlensaurer Kalk besteht dagegen aus fein gemahlenem Kalkstein. Dieser kann direkt zur Düngung und pH-Wert Einstellung ins Wasser gegeben werden.
(Dr. Bernd Stemmer, Fischereidezernent im Regierungsbezirk Arnsberg)
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