Ein Streifen extensives Getreide, ein Streifen Ackerbrache und ein Blühstreifen mit Regio-Saatgut – insgesamt fünf Mal hat Landwirt Volker Storck so eine Dreier-Kombination seit 2021 „im Anbau“. Denn der Landwirt und Jäger aus Bielefeld ist Teilnehmer des LEPUS-NRW Projektes. Storck bewirtschaftet einen Vollerwerbsbetrieb mit 60 ha Acker- und 15 ha Grünland, Bullenmast, Mutterkuh- und Legehennenhaltung sowie Direktvermarktung. Auf seinen Flächen baut der 43-Jährige unter anderem Weizen, Raps, Silomais, Kartoffeln und Ackerbohnen an. Doch seit 2021 sehen rund 8 ha seiner Flächen deutlich „bunter“ und „gestreifter“ aus, hat sich die Fruchtfolge durch die besagte Dreier-Kombination geändert.
Im Rahmen einer Fachtagung vergangene Woche in Bielefeld wurden die „Streifen“ besichtigt. Fakt ist: Durch die Schaffung kleinerer Schläge erhöht sich die Lebensraumvielfalt, werden wertvolle Grenzlinien für Wildtiere geschaffen. Durch das Stehenlassen von Teilflächen bieten sich über Winter Nahrung und Deckung. Lückige Bereiche, ob im Extensivgetreide oder auf Brachflächen, bieten Vögeln Hudermöglichkeiten und Insekten neue Lebensräume.
Die Vertragsnaturschutzmaßnahmen bekommt Storck wie folgt vergütet: Blühfläche: 1250 €/ha (nächste Periode: 1680 €/ha), Ackerbrache: 1150 € (1600 €), Extensivgetreide mit Ernteverzicht: 1830 € (2140 €).
Die vielen Teilschläge bedeuten jedoch mehr bürokratischen Aufwand, wobei der Landwirt im Rahmen des Projektes Unterstützung beim Flächenantrag erhält. Auch das Kontrollrisiko steigt; ebenso der Aufwand im Ackerbau durch mehr „Beikräuter“ sowie der Pflegeaufwand durch verschiedene Bearbeitungsfristen – für viele Landwirte Grund genug, sich nicht an solchen Maßnahmen zu beteiligen. „Vertragsnaturschutz muss sich einfacher umsetzen lassen“, appellierte Hendrik Specht, Leiter des LEPUS-NRW Projektes.
Details und Stimmen zum Projekt LEPUS-NRW
Die Abkürzung LEPUS steht zum einen für „Lepus europaeus“ – der wissenschaftliche Namen des Feldhasen. LEPUS ist aber auch die Abkürzung für „Lebensräume erhalten, planen und schützen“ – und damit der Name für ein im Frühjahr 2020 gestartetes und gemeinsames Projekt der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft und der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft. Exklusiv gefördert wird das Projekt durch die NRW-Stiftung. Unterstützer sind neben WLV und RLV die beiden Verbände der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer in NRW sowie der Landesjagdverband.
„Die NRW-Stiftung wurde 1986 gegründet und hat das Ziel, das Natur- und Kulturerbe des Landes dauerhaft zu sichern“, informierte Prof. Dr. Karl Heinz Erdmann, Vorstandsmitglied der Stiftung, im theoretischen Teil der Fachtagung in Bielefeld. Ziel sei aber auch, in intensiv genutzten Gebieten Naturschutz-Akzente zu setzen. Denn die Bestände an Rebhühnern und Kiebitzen verzeichnen seit Jahrzehnten in NRW drastische Rückgänge, informierte Prof. Dr. Tillmann Buttschardt, Inhaber des Lehrstuhls für angewandte Landschaftsökologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. „Wir brauchen eine generelle Veränderung in der Landwirtschaft“, lautete seine Forderung. „Wir müssen lokaler und regionaler werden.“ Tiere müssten wieder auf die Weide, Landwirte mehr Biotope schaffen. „Vielfalt erhalten ist Trumpf“, unterstrich auch Dr. Michael Petrak, Leiter der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung in Bonn. Biodiversität und Artenschutz seien Themen, die auch stärker in die Berufsschulen reingebracht werden müssten, so Petrak.
Um den Artenschutz auf den Äckern zu steigern, sei es wichtig, die Landwirte vor Ort einzubinden, betonte Klaus Nottmeyer, Leiter der Biologischen Station Ravensberg im Kreis Herford. Hier setzt das LEPUS-Projekt an. Die insgesamt fünf Mitarbeiter beraten Landwirte, Jäger, Grundeigentümer und weitere Naturschutzinteressierte, wie sie durch konkrete Maßnahmen Lebensräume verbessern können, „ob auf dem Acker, auf dem Grünland, an Gewässern, im Wald oder in der Hecke“, erläuterte der Leiter des Projektes, Hendrik Specht. Ziel sei es unter anderem, effektiv nutzbare Grenzlinien für die Wildtiere zu schaffen und damit „kurze Wege zwischen Licht und Dicht“. Aber auch die Bejagung von Prädatoren wie Fuchs oder Waschbär sei ein wichtiger Part.
Das auf drei Jahre befristete Projekt verzeichnet laut Specht aktuell mehr als 75 Beratungen in NRW. Im Herbst folgt eine Schulung sogenannter Multiplikatoren, die die Ideen weitertragen sollen.
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