Die Prognose für die diesjährige Saatguternte fällt mäßig aus. Grund dafür ist das wetterbedingt schwache Blühverhalten der Bäume. Eine Baumart überrascht allerdings mit ungewöhnlich satter Blüte. Sie will Wald und Holz NRW unbedingt beernten.
Erholung statt Samenanlage
Die meisten Bäume haben in diesem Frühjahr gar nicht oder nur schwach geblüht. „Das ist mit Blick auf die Wiederbewaldung schade“, sagt Johannes Jesch, Saatgutexperte bei Wald und Holz NRW. Andererseits bedeutet es für die Bäume ei-ne enorme Kraftanstrengung, viele Tausend Samen zu produzieren. Die geringe Blüte kann also prinzipiell zur Erholung der Waldbäume beitragen, nach den zurückliegenden drei Stressjahren.
Grund für die schwache Blüte sind die Wetterkapriolen in diesem Jahr. Zum einen war das Frühjahr kühl und feucht, was die Blütenanlage grundsätzlich nicht begünstigt. Hinzu kamen die Niederschläge, die die Blüten beispielsweise von Douglasie, Tanne oder Eiche schlichtweg wegspülten. Somit blieb auch der sonst übliche gelbe Pollenstaub auf Gartenmöbeln oder Fensterbänken aus, erklärt Jesch.
Die Buche hingegen hat in den vergangenen drei Jahren intensiv geblüht und Früchte gebildet. In diesem Jahr fehlte beides nahezu ganz. Die Ursache: Der Vitalitätsmangel der Buche infolge des Wassermangels in den vergangenen Sommern zeichnet sich zunehmend ab. Anders gesagt: Die Buche hat keine Reserven mehr, um Früchte zu bilden. Auffällig ist: Eine so geringe Blüte der Nadelbäume wie in diesem Jahr, liegt lange zurück. „Insgesamt ist es in diesem Jahr mau“, urteilt der Experte.
Folgen für die Aufforstung?
Inwieweit natürliche Wiederbewaldungsprozesse von der schwachen Blüte betroffen sind, lässt sich nicht pauschal beantworten – hier gilt sicherlich ein Stück weit das „Gesetz des Örtlichen“. Für die typische Vorwaldbaumart Birke stellt Jesch ein gutes Zeugnis aus. „Die Birke hat gut geblüht und fruktifiziert“, meint der Förster. Hingegen bleiben Erle und besonders die Vogelbeere deutlich hinter den Erwartungen zurück.
Trotz der Wetterkapriolen haben neben der Birke auch die Kirsche und die Linde sehr gut geblüht – besonders die Lindenblüte fällt spät, aber dafür sehr satt aus. Ärgerlich für den Saatgutmanager: Die Kirsche hat landesweit viele Früchte gebildet, durch Starkregenereignisse sind regional aber bis zu 50 % der Früchte verloren gegangen. Dennoch konnte Jesch bereits erste Verträge für die Kirschenernte abschließen. Auch für die Waldkiefer hofft der Förster Kunden zu finden, eine abschließende Einschätzung ist aber noch zu früh. Alles in allem gibt es aber Voranfragen für die Beerntung aller Baumarten.
Genug Saatgut im Lager
Für Baumschulen und Forstleute ist die jährliche Prognose wichtig, um die herbstliche Saatguternte vorzubereiten und die Verfügbarkeit von Pflanzgut zur Wiederbewaldung abschätzen zu können. Üblicherweise ziehen Baumschulen die Samen in Beeten an, bevor Forstleute sie als meist zwei- bis vierjährige Bäumchen in den Wald pflanzen. Die mäßige Ernte in diesem Jahr wird sich also ohne Ausgleich erst ab 2023 auswirken.
Aktuell sind die Baumschulen ausreichend mit Saatgut versorgt. Denn in den vergangenen Jahren führte das sehr reiche Blühverhalten bei fast allen Baumarten zu guten Saatguternten. So gab es beispielsweise 2019 überdurchschnittliche Ernteerträge bei der Roteiche. Im vergangenen Jahr kamen besonders bei den Rotbuchen, Eichen und Weißtannen größere Mengen zusammen. Auch bei der Kirsche fiel die Ernte in NRW 2020 vergleichsweise gut aus.