Holznutzung

Holz in tragender Rolle

Tragwerke werden oft aus Stahlbeton hergestellt. Träger aus Brettschichtholz sind aber eine lohnende Alternative – vor allem bei großen Spannweiten.

Was haben das Elefantenhaus im Kölner Zoo, das Terminal des Osloer Flughafens und ein Viersener Biomarkt gemeinsam? In allen drei Bauwerken wurden Träger aus „Brettschichtholz“ verbaut. Aus dem konstruktiven Holzbau ist Brettschichtholz nicht mehr wegzudenken und hat mitunter sogar den Baustoff Stahl bzw. Stahlbeton verdrängt. Wie genau Brettschichtholzträger mit einer Spannweite von bis zu 65 m hergestellt werden, haben wir uns in Westerkappeln (Kreis Steinfurt) angeschaut.

Von der Lamelle zum Träger

Die Derix-Gruppe ist seit Jahrzehnten Experte für konstruktiven Holzleimbau und auf die Produktion von Trägern aus Holz spezialisiert. Brettschichtholz – kurz: BSH – wird vom Sparren bis zum Dachträger eingesetzt. Spannweiten bis zu 50 m sind keine Seltenheit. Jan Bade, Vertriebsleiter des Unternehmens, unterscheidet zwischen Bogen-, Fischbauch-, Satteldach-, Mehrfeld- und Fachwerkträgern. Auch Rundstützen lassen sich aus Brettschichtholz herstellen.

Ausgangsprodukt sind Fichtenbretter in unterschiedlichen Breiten und Stärken – Bade nennt sie Lamellen. Die Lamellenbrettware kauft der Betrieb bei Sägewerken ein. Zu 95 % verarbeitet die Derix-Gruppe Fichtenholz – bis zu 65 000 m³ jährlich. Für die Produktion wird nur getrocknetes Holz benutzt, mit einer Holzfeuchte von 10 % ± 2 %. Das Material ist sägerau und unterscheidet sich nach dem späteren Einsatzzweck in die Qualitäten „Sicht“ und „Industrie“.
80 % der Rohware stammt aus Deutschland – große Mengen kauft der Betrieb im Sauerland ein.

Penible Sortierung

Für die Produktion des Brettschichtholzes werden die angelieferten Lamellen mit moderner Kameratechnik sehr sorgfältig sortiert: Faule, nicht verwachsene und grobe Äste scheiden ebenso aus wie andere Fehler im Holz, die die Tragfähigkeit beeinträchtigen. Bei der Sortierung spielt Holzbläue übrigens keine Rolle, Fäulnis oder Käferholz ist dagegen nicht zulässig.

Weil immer die kernzugewandte mit der kernabgewandten Lamellenseite verklebt wird – um innere Spannungen zu senken – dreht eine weitere Maschine die Lamellen entsprechend.
Im darauffolgenden Arbeitsschritt werden die Lamellen fein abgehobelt und visuell kontrolliert. Dann kommt spezielle Messtechnik zum Einsatz: Mithilfe von Röntgenstrahlen ermittelt ein Rechner die Rohdichte jeder Lamelle, außerdem wird sie maschinell „angeschlagen“, um ein Schwingungsbild zu ermitteln. Es gibt Rückschlüsse auf die Elastizität der Lamellen – das sogenannte E-Modul. Rohdichte und E-Modul zusammen lassen auf die Festigkeit schließen. Die Lamellen gleicher Festigkeit, Stärke und Breite stapelt eine Maschine anschließend wieder auf eine Palette.

In der maschinellen Fertigung durchlaufen die Lamellen (Bretter) zuerst einen Leimvorhang. Anschließend stapelt eine Maschine die Lamellen, ehe sie in der Presse aushärten. Nach dem Hobeln sind die Träger verkaufsfertig. (Bildquelle: K.Schlotmann)

„Ein BSH-Träger besteht nicht aus Lamellen ein und derselben Festigkeitsklasse“, erklärt Bade. Die Lamellen werden gemischt, damit auch Hölzer mit geringerer Festigkeit nutzbar sind.

Kappen und verbinden

Die Anzahl der gesunden Äste je laufendem Meter spielt auch eine Rolle. Deshalb kappt eine Säge die Lamellen an zuvor markierten Stellen. Später bringt eine Fräse eine Keilzinkung an den Lamellen an, damit sie sich wieder zusammenfügen lassen. In den weiteren Schritten werden die Lamellen abschließend gehobelt und auf Länge gesägt. „Zur Aushärtung der Keilzinkung wandern die Lamellen für mindestens vier Stunden ins Lamellenlager“, beschreibt Bade.

Im nächsten Arbeitsschritt beginnt die eigentliche Produktion der BSH-Träger. Am Produktionsstand in Westerkappeln verläuft die Herstellung in zwei Produktionslinien, wobei der Herstellungsprozess nahezu gleich ist.
Eine Linie ist größtenteils automatisiert und stellt BSH-Träger in Standardlängen her. Hierzu durchlaufen die Lamellen schrittweise einen Vorhang aus Leim und Härter, bevor sie eine Maschine zusammenfügt. Nachdem der Leim ausgehärtet ist, werden die Träger gehobelt und auf Länge gebracht.

Handarbeit für die „Großen“

In der zweiten Produktionslinie ist Handarbeit gefragt. Hier fertigen die Mitarbeiter Träger mit großen Spannweiten. Dazu schichten sie die mit Leim bestrichenen Lamellen zwischen speziellen Pressböcken auf – es entstehen immer zwei Träger gleichzeitig. Die einzelnen Pressböcke sind auf einer Schiene gelagert und verschiebbar, sodass unterschiedliche Trägerformen herstellbar sind. Zum Aushärten verbleiben die Träger etwa acht Stunden in der Presse. Später transportieren die Mitarbeiter die Träger zum Hobel. Optional erhalten die Träger eine Lackschicht, Bohrungen, Nute und Feder oder andere Verbindungselemente.

Vertriebsleiter Jan Bade kontrolliert die rund 30 m langen Brettschichtholzträger noch einmal vor dem Abtransport mit dem Lkw. (Bildquelle: K.Schlotmann)

Zum Schluss werden alle BSH-Träger in Folie verpackt und verladen. Durch die Sortierung, das Sägen und Hobeln ergibt sich von der Rohware bis zum fertigen Produkt ein Ausschuss von mehr als 40 %.

Holz ist ein Multitalent
Die ersten BSH-Träger setzte das Unternehmen bereits vor mehr als 50 Jahren ein. Sie wurden für den Bau der Rad- und Reitstadien für die Olympischen Spiele in München benutzt.
Je nach Produkt kosten die Träger aus Brettschichtholz heute zwischen 450 und 650 €/ m³. Produziert wird ausschließlich auf Bestellung. „Kunden sind vor allem Zimmereibetriebe und Bauunternehmen“, fasst Jan Bade zusammen. BSH-Träger sind überall einsetzbar – in Dachstühlen gewöhnlicher Einfamilienhäuser bis hin zu großen, freitragenden Hallen. Die Derix-Gruppe verkauft ihre Produkte in ganz Europa, vor allem aber in Deutschland, Frankreich, England und den Niederlanden. Mit ihrem Produkt steht das Unternehmen in Konkurrenz zum herkömmlichen Stahlbetonbau. Über den Absatz macht sich Vertriebsleiter Bade keine Sorgen, denn BSH-Träger haben seiner Meinung nach gegenüber einem Stahlträger einen wesentlichen Vorteil: „Je größer die Spannweite, desto günstiger wird der BSH-Träger“, sagt er.