Die Hochwasserkatastrophe ruft auch Deutschlands bekanntesten Förster, Peter Wohlleben, auf den Plan. Seine These: Schuld am Hochwasser und den Sturzfluten sind die abgehackten Fichtenplantagen sowie die Holzernte mit Harvester und Co.! Hat der Bestsellerautor damit vielleicht sogar recht?
Mit mehr als 200 l/m² waren die Regenmengen enorm, die vor gut drei Wochen innerhalb weniger Stunden niederfielen. Die unvorstellbare Wucht, die kleine Bäche daraufhin entwickelten, ließ sich auch anhand der schrecklichen Fernsehbilder für Außenstehende nur erahnen. Kurz gesagt: Eine solche Umweltkatastrophe hat es in Westdeutschland jahrzehntelang nicht gegeben.
Die Erklärung für den rasanten Anstieg der Bäche und Flüsse ist komplex. Neben der Regenmenge an sich sind auch die wassergesättigten Böden mit schuld an den Hochwassern. Für Peter Wohlleben – Deutschlands bekanntesten und streitbarsten Förster – ist die Erklärung sehr viel einfacher: Laubwald ist gut, Nadelwald ist schlecht. Im jüngsten „Spiegel“-Interview beklagt der Bestsellerautor, dass es überall Kahlschläge gebe, funktionierende Laubwälder das Wasser aber hätten bremsen können. Zudem speichere intakter Wald 200 l Wasser je m² – ähnlich wie ein Schwamm. Weil Holzerntemaschinen den Waldboden aber verdichtet hätten, ist bis zu 95 % dieser Speicherkapazität verloren gegangen, urteilt Wohlleben, der selbst in der Eifel wohnt. Gegenüber dem „Spiegel“ schließt er damit ab: Ein intakter Buchenwald, auch an einem Steilhang, hätte die Wassermassen weggesteckt.
Warum der „Spiegel“ Wohlleben ausgerechnet jetzt interviewt hat, könnte auch mit dem Erscheinen seines neuen Buches oder seinem selbst initiierten „Nationalen Waldgipfel“ in dieser Woche zu tun haben. Interessant ist, dass dieser auch von einem „Spiegel“-Redakteur moderiert wird.
Für Waldbesitzer und Forstwissenschaftler sind Wohllebens Äußerungen einmal mehr der Beweis, dass dieser Förster wichtige Vorlesungen versäumt haben muss. So einfach, wie Peter Wohlleben glauben machen will, ist die Welt nicht, und der Wald schon gar nicht. Die Fakten sprechen jedenfalls eine andere Sprache: In den Hauptschadensgebieten sind etliche Forsten mit Laubmischwäldern bestockt. Hätten sie die Wassermassen einfach „wegstecken“ können, wäre es nicht zu dieser schlimmen Naturkatastrophe gekommen. So viel Wasser in kurzer Zeit konnten die Baumkronen einfach nicht bremsen.
Ebenso sind die Schadflächen nicht am Hochwasser schuld – sonst hätte es beispielsweise Erosionsschäden geben müssen. Und dass durchwurzelte Waldböden 95 % ihrer Wasserspeicherfähigkeit verloren haben sollen, ist ebenso haltlos dahergesagt. Mit wissenschaftlichen Erkenntnissen belegt der Förster seine Behauptungen jedenfalls nicht.
Dass Wohlleben eher durch Polemik als durch Fachwissen glänzt, ist Kennern nicht neu. Dass er aber auf dem Rücken Leidtragender für seine Zwecke wirbt, ist voll daneben.