Bis zum Jahresende müssen sich alle forstlichen Zusammenschlüsse in NRW für die direkte Förderung forstlicher Dienstleistungen wappnen. Das bekannte System – der staatliche Förster übernimmt alle Aufgaben für die Waldbesitzer zu vergünstigten Konditionen – ist dann Geschichte. Konkret bedeutet das neue Fördersystem für die Waldbesitzer: Ausschreibungen, Vergabe- und Förderverfahren. Kurzum: Mehr Bürokratie. Das will die Gemeinde Burbach im Kreis Siegen-Wittgenstein zusammen mit einigen Waldbesitzern umgehen: Sie haben einen „Kommunalen Zweckverband“ gegründet.
„Waldgemeinde“
Die Gemeinde Burbach besitzt rund 650 ha Wald und ist Hauptanteilseigner zweier Waldgenossenschaften (WG). Bis 1994 beschäftigte die Gemeinde für die Forstbetriebsleitung einen eigenen Gemeindeförster. Als dieser in den Ruhestand ging, wurde die Gemeinde Mitglied der neugegründeten Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Hickengrund. Sie ist etwa 1400 ha groß und umfasst neben der Gemeinde Burbach weitere 21 Waldbesitzer sowie sechs Waldgenossenschaften. Der Privatwald ist sehr klein strukturiert und macht etwa 25 ha der FBG aus. Seit 1995 wurde die FBG Hickengrund vom Land NRW beförstert, bis zur Umstellung des Fördersystems, fasst Burbachs Bürgermeister, Christoph Ewers, die Hintergründe zusammen.
Mit der Einführung der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der nachhaltigen Waldbewirtschaftung in forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen“ (direkte Förderung) ist nun auch die Gemeinde Burbach als Mitglied der FBG gefordert, die Beförsterung umzustellen.
Alle Möglichkeiten abgewogen
Entsprechend der Förderrichtlinie hätte die FBG die Dienstleistungen für einen externen Förster ausschreiben können. Das Vergabeverfahren ist allerdings kompliziert, zudem muss jeder Zusammenschluss gemäß der Richtlinie den „wirtschaftlichsten“ Förster einstellen und ist somit in der Wahl des Försters eingeschränkt.
Ein weiterer Aspekt: „Die Beförsterung durch das Land schaffte Kontinuität – das ist mit einem Dienstleister nicht zwingend gegeben“, sagt Ewers. Denn die Ausschreibung muss alle fünf Jahre erneut erfolgen. Deshalb entschied der FBG-Vorstand sich gegen dieses Verfahren.
Die Gemeinde könnte aber selbst einen Förster einstellen und Dienstleistungen für Dritte anbieten. Somit wäre der „eigene“ Förster ausgelastet. „Das ist kommunalrechtlich aber nicht möglich, denn eine Gemeinde darf sich nicht privatwirtschaftlich betätigen“, sagt Ewers, der selbst ausgebildeter Förster ist. Darüber hinaus sind Kommunen nicht förderberechtigt – die Förderung gilt nur für forstliche Zusammenschlüsse. Somit könnte die FBG Personal einzustellen. Das lehnte der Vorstand allerdings ab, weil es nicht wirtschaftlich wäre und die ehrenamtliche Arbeit nur bedingt weniger würde.
Die Lösung des Problems bietet der Kommunale Zweckverband. Diese gebietsübergreifenden Kooperationen sind beispielsweise bei Industriegebieten oder Volkshochschulen üblich, erklärt Ewers. Zudem dürfen auch andere Körperschaft mitmachen, sofern eine Gemeinde dabei ist. Aber: Kommunale Zweckverbände waren zunächst ebenfalls nicht zuwendungsberechtigt. „Eine Hintertür bot uns das Landesforstgesetz“, sagt der 58-Jährige.
Die Förderrichtlinie sieht einen Zuschuss für eigenes, forstfachliches Personal von bis zu 50 000 €/Jahr vor – pro Person. Damit der Betrieb auch im Urlaubs- oder Krankheitsfall des Försters reibungslos weiterlaufen kann, plant der Zweckverband zwei Förster einzustellen.
Eigenes Personal möglich
Trotz der Förderhilfen in Höhe von bis zu 100 000 € rechnet, brauchte die FBG aber weitere Partner bzw. Fläche. Diese waren schnell gefunden. Aktuell erstreckt sich der Zweckverband über gut 5000 ha und umfasst eine zusätzliche Forstbetriebsgemeinschaft inklusive sieben Waldgenossenschaften, zwei weitere WG sowie ein flächenmäßig größerer Waldbesitzer, der bisher nicht organisiert war. „Betreuungsgebiet“ ist das gesamte Gemeindegebiet von Burbach.
Um den Aufwand für die Geschäftsführung so gering wie möglich zu halten, haben sich die Beteiligten für einen einheitlichen Hektarsatz entschieden. „Dieser erlaubt uns eine pauschale und unkomplizierte Abrechnung“, begründet der Bürgermeister. Konkret beziffert sich die Pauschale auf 12 €/ha und Jahr. Inbegriffen sind sämtliche Dienstleistungen, ohne den Holzverkauf – Dieser läuft über das Holzkontor Rhein-Berg-Siegerland.
„Die Kosten für den Waldbesitzer sind bei unserem Modell wahrscheinlich etwas höher, als die eines externen Dienstleisters“, räumt Ewers ein. Wegen der Struktur des Zweckverbands ist das aber schwer vergleichbar, denn die Gemeinde stellt die Geschäftsstelle und übernimmt Abrechnungen und ähnliches. Dadurch steigt der Nutzen für die Mitglieder. Den höheren Aufwand für die Gemeinde rechtfertigt Ewers mit strukturellen Vorteilen für die Gemeindeverwaltung, die sich durch die Beschäftigung zweier Förster ergeben, besonders in den Bereichen Naturschutz und Jagd.
Eine Krux bleibt: „Die Förderung gilt erstmal für fünf Jahre, keiner weiß, was danach politische Leitlinie in NRW ist“, gibt Ewers zu bedenken. Um langfristig planen zu können – besonders personell – dürfen die Mitglieder deshalb frühestens nach zehn Jahren aus dem Zweckverband austreten. Danach muss die Gemeinde das Personal übernehmen. Nach Meinung des Bürgermeisters ein überschaubares Risiko.
Gründung dann Stillstand
Der Zweckverband ist seit September 2020 gegründet und rechtsfähig. Angesichts der Beförsterung vor Ort herrscht allerdings Stillstand. Der Grund: Eine Initiative von Waldgenossenschaften fordert von der Landesregierung ihren begünstigten Stellenwert gegenüber anderen forstlichen Zusammenschlüssen zurück. Dieser ist mit der aktuellen Förderrichtlinie verloren gegangen.
Wegen eigener Anteile an WG sowie der angeschlossenen Genossenschaften würde eine eigene Förderrichtlinie für den Gemeinschaftswald auch für den Burbacher Zweckverband Vorteile ergeben. Dazu zählen höhere Fördersummen für das Personal. Die Förderrichtlinie „Gemeinschaftswald“ ist allerdings noch nicht veröffentlicht, deshalb kann die Gemeinde derzeit keinen Förderantrag stellen. Das bremst wiederum die Stellenausschreibung und den Start der Beförsterung. Ziel für Bürgermeister Ewers ist aber, spätestens zum Jahresbeginn 2022 zu starten.
Das Modell der Burbacher ist in dieser Form landesweit einzigartig. Weiter wachsen will der Zweckverband aber nicht. Denn damit würden Aufwand und Risiko unverhältnismäßig steigen, begründet Ewers.