Interview

NRW-Waldbauern kritisieren Förderpolitik

Die NRW-Förderpolitik steht bei Waldbesitzern in der Kritik. Dr. Philipp Freiherr Heereman spricht von Fehlern im System. Doch das ist nicht alles, was den Waldbauernpräsidenten zurzeit beschäftigt.

Herr von Heereman, Sturm und Dürre haben für ein riesiges Rohholzangebot gesorgt, gleichzeitig sind aber Bauholz knapp und OSB-Platten ausverkauft. Wie passt das zusammen?

Es ist aktuell viel Bewegung im Markt. Seit rund sechs Wochen ist der Sägeholzmangel ein Thema. Ich selbst stelle das auch fest, dass Handwerksbetriebe Angebote zurückziehen oder Tagespreise ausgegeben werden. Brauchbares Holz liegt noch immer im Wald – sowohl Kiefer als auch Fichte. Borkenkäferfichten haben oft noch eine brauchbare Qualität und können eine hohe Wertschöpfung erzielen.
Warum hierzulande Bau- und Schnittholz knapp ist, liegt am Export. Amerikanische Kunden sind derzeit bereit, sehr viel höhere Preise zu bezahlen, das nutzen die Sägewerke aus. Das hat aber nichts mit dem Export von Containerholz zu tun. Die Waldbauern liefern notgedrungen nach China. Uns wäre lieber, wenn das Holz in heimischen Sägewerken verarbeitet würde.

Die Verbraucherpreise schießen durch die Decke, bei den Waldbesitzern kommt nichts davon an. Ist das gerecht?

Wir freuen uns, dass der Preis für das Leitsortiment zumindest langsam wieder steigt, allerdings muss der ganze Baum mit einem positiven Deckungsbeitrag aufgearbeitet und verkauft werden. Ein Landwirt kann schließlich auch nicht nur den Schinken vom Schwein verkaufen. Damit meine ich, wir brauchen Lieferverträge für alle Sortimente – zurzeit besonders für das Industrieholz und D-Holz-Qualitäten.

ThüringenForst will wieder Frischholz einschlagen. Auch nordrhein-westfälische Waldbesitzer verfolgen diese Strategie. Muss der Staat regulierend eingreifen?

Das lasse ich mal dahingestellt. Wir haben trotz der Kalamität immer noch wertvolle Hölzer, die gilt es zu vermarkten. Was den Frischholzeinschlag angeht, ist der Ansatz des Forstschädenausgleichsgesetzes falsch. Denn die Einschlagsbeschränkungen von 85 % beziehen sich auf normale Hiebssätze. Die Betriebe benötigen gerade jetzt wieder Einnahmen, auch um die Wiederaufforstungen stemmen zu können. Insofern müssen wir das Gesetz dringend anpassen. Wir sind aber froh und dankbar, dass es endlich auf den Weg gebracht worden ist – vor allem durch die Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen. Denn die Steuererleichterungen, die das Gesetz vorsieht, sind für viele Betriebe hilfreich.

Angesichts der Schäden und der Vermögensverluste wirken die bisherigen Extremwetter-Förderungen des Landes wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Wie sollen die Forstbetriebe in die Wiederaufforstung investieren?

Grundsätzlich neuen Wald fordern, aber nicht fördern, geht nicht! Tatsächlich ist in vielen Fällen kein Kapital für die Wiederaufforstung mehr vorhanden. Aber die Fördergelder sind nicht dafür da, entstandene Schäden zu ersetzen. Sie sollen vorrangig Eigenkapital für die Wiederbewaldung schaffen. Deshalb reichen die Fördergelder nicht!

Hinzu kommt der Förderdeckel von 50  000 €. Größere Betriebe können es nicht schaffen, mithilfe dieser Summe ihre Schadflächen wieder anzupflanzen. Das Geld reicht höchstens für 5 bis 6 ha. Hier ist zusätzliches, meist Fremdkapital, nötig.
Auch kleinere Betriebe können die Schäden der vergangenen drei Jahre nicht auffangen. Der Wiederaufbau der Wälder ist trotz einer Förderquote von rund 80 % keinesfalls gesichert.

Welche Rolle spielt eine mögliche CO2-Bepreisung in diesem Fall, für die Sie sich zusammen mit den Familienbetrieben Land und Forst einsetzen?

Eine entscheidende, denn sie würde langfristig Eigenkapital schaffen und die in den kommenden Jahren fehlenden Einnahmen aus dem Holzverkauf kompensieren. Ganz wichtig ist...