Blume des Jahres 2022: Einbeere
Die Blume des Jahres 2022 ist die Einbeere (Paris quadrifolia) – eine eigentümliche Pflanze, deren Schönheit sich manchem vielleicht erst auf den zweiten Blick erschließt. Die Einbeere gehört zur Familie der Germergewächse. Sie bildet pro Pflanzentrieb nur eine einzige, giftige Beere, sodass ihre Fernausbreitung mittels Samen begrenzt ist. Stattdessen breitet sie sich vor allem unterirdisch über Erdsprosse (Rhizome) aus. Die Einbeere kommt in Deutschland noch häufig vor, ihre Bestände sind jedoch rückläufig. Mit der Wahl der Einbeere ruft die Loki Schmidt Stiftung in Hamburg zum Schutz alter, naturnaher Wälder auf, die der Einbeere und anderen Pflanzen und Tieren langfristig einen Lebensraum geben und die für deren Ausbreitung erforderliche Zeit.
Heilpflanze des Jahres: Große Brennnessel
Brennnesseln kennt jedes Kind, auch wenn es mit ihnen meist schlechte Erfahrungen verbindet. Denn wer die Pflanze berührt, bei dem hinterlassen die Brennhaare mindestens ein unangenehmes Gefühl auf der Haut, eventuell auch schmerzende Quaddeln.
Das Brennen entsteht durch das Abbrechen der mit Kieselsäure angereicherten und daher glasartigen Brennhaare, die dann in die Haut eindringen und dort einen Mix aus Histaminen, Ameisensäure und Acetylcholin freigeben. Diese Reaktion gilt eigentlich Fressfeinden, trifft jedoch auch arglose Spaziergänger.
Doch die Brennnessel hat auch viele positive Eigenschaften. Sie ist eine Vitaminbombe und schon seit Jahrtausenden als Heil- und Kulturpflanze bekannt. Von ihr wird das gesamte Kraut einschließlich der Wurzel therapeutisch genutzt. Paracelsus wusste schon vor 500 Jahren: „Wenn man sie kocht und mit Pfeffer oder Ingwer mischt und auflegt, hilft dies bei Gelenkschmerzen.“ Heute ist die gute Wirksamkeit von Brennnesseln bei rheumatischen Erkrankungen wissenschaftlich erwiesen, ebenso bei Harnwegsinfekten oder Nierengrieß.
Die Brennnessel ist zudem Raupenfutterpflanze für mehr als 30 heimische Falterarten, darunter Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs und Admiral. Es lohnt sich also, eine Brennnesselecke im Garten zu belassen.
Orchidee des Jahres: Braunrote Stendelwurz
Die Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens) ist die „Orchidee des Jahres 2022“. Die zart nach dem Gewürz Vanille duftenden Blüten der Orchidee haben ihr den Zweitnamen „Vanillen-Orchis“ eingebracht. Die offizielle Bezeichnung verdankt sie aber ihren braunrot gefärbten Blütenblättern. Die Braunrote Stendelwurf gehört zur Gattung der Stendelwurzarten. Sie zeichnen sich durch eine charakteristische Form der Blütenlippe aus: Im vorderen Bereich gleicht sie einer herausgestreckten Zunge, im hinteren Bereich ist die Lippe wie ein schüsselförmiges Gebilde geformt. Umrahmt wird diese besondere Blütenlippe durch fünf weitere, einfach gestaltete Blütenblätter.
Die Braunrote Ständelwurz, die ab Anfang Juni blüht, kommt auf Magerrasen, an hellen Gebüschsäumen sowie in lichten Kiefern- und Laubwäldern vor; ebenso in kalkhaltigen Steinbrüchen und in Sandgruben.
Mit ihren geringen Ansprüchen gehört diese Orchidee zu den weniger gefährdeten Arten. Mit der Wahl zur Orchidee des Jahres möchten die Mitglieder der Arbeitskreise Heimischer Orchideen auf die Schönheit dieser Pflanzenfamilie aufmerksam machen sowie auf ihr ehrenamtliches Wirken zum Schutz der deutschlandweit in der Natur vorkommenden Orchideen.
Pilz des Jahres: Fliegenpilz
Er ist nahezu weltweit verbreitet und zählt zu den häufigsten Pilzarten Deutschlands: der Fliegenpilz (Amanita muscaria). Der „Pilz des Jahres“ gilt als Glückssymbol, ist aber auch der bekannteste Giftpilz. Der bis zu 20 cm große Pilz hat einen weißen Stiel mit hängender Manschette und einen auffälligen roten Hut mit weißen Hüllresten. Nur unter der Huthaut ist das sonst weiße Fleisch gelb-orange gefärbt. Der Lamellenpilz ist zwar mit den Knollenblätterpilzen verwandt, aber kein tödlicher Giftpilz. Typisch
nach Verzehr sind zum Beispiel geweitete Pupillen, rasender Puls bis hin zu Krämpfen und zentralnervösen Störungen.
Gezuckerte und eingeweichte Stücke des „Mückenschwammes“ dienten einst als Fliegenfänger: Die Insekten fielen nach dem Genuss berauscht in die Flüssigkeit und ertranken.
Ab 1900 tauchte der Fliegenpilz verstärkt als Glückspilz, Schmuck und Kitsch auf. Er ist wichtiger Symbiosepartner vieler Laub- und Nadelbäume.
Moos des Jahres: Sparriges Kleingabelzahnmoos
Das Sparrige Kleingabelzahnmoos bildet weiche, gelbgrüne Rasen und ist eine auffällige Erscheinung in nährstoffarmen Quellfluren sowie an Bach- und Grabenrändern. Die Art ist empfindlich gegenüber Austrocknung und an kalte Standorte mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von etwa 4 °C angepasst. Die kalkmeidende Art ist über die Nordhalbkugel verbreitet. In Mitteleuropa tritt sie vor allem in den höheren Mittelgebirgen und in den Alpen auf. Die Bestände in den Mittelgebirgen gehen jedoch zurück. Bundesweit ist die Art daher als „gefährdet“ eingestuft. Ursachen für die Gefährdung sind unter anderem Entwässerungen von Mooren sowie Verbuschung und Bewaldung von Wiesenmooren.
Flechte des Jahres: Zähe Leimflechte
{{::gallery::standard::
::}}
Zum ersten Mal ist mit der Zähen Leimflechte (Enchylium tenax) eine Gallertflechte zur „Flechte des Jahres“ gewählt worden. Diese Flechten sind schwärzlich gefärbt und klein, weshalb sie oft übersehen werden.
Die Zähe Leimflechte bildet kleine, wenige Zentimeter große Lager. Als Gallertflechte quillt sie bei feuchter Witterung stark auf und ist dann gut zu erkennen, während sie in trockenem Zustand unauffällig ist. Viele Gallertflechten sind Pionierflechten und leben auf Rohböden. Da sie über einen speziellen Zelltyp verfügen, in dem Luftstickstoff zu pflanzenverfügbarem Nitrat umgewandelt wird, sorgen sie mit der Zeit für eine Anreicherung mit Stickstoff und ebnen so den Weg für die Besiedlung mit konkurrenzkräftigeren, aber auch anspruchsvolleren Gefäßpflanzen. Neben Rohböden ist die Zähe Leimflechte auch an Wegrändern, Deichen sowie an ungepflegten Mauern anzutreffen und wächst zudem in Pflasterfugen in Siedlungsnähe.
Giftpflanze des Jahres: Kartoffel
Die Kartoffel wurde zur Giftpflanze des Jahres gewählt – und das, obwohl sie heute als Grundnahrungsmittel nicht mehr aus Rezepten und Speisekarten wegzudenken ist. Doch nach der Einfuhr dieses Gewächses aus den Anden Südamerikas mussten einige Hürden genommen werden, bis Pommes, Salzkartoffel, Pellkartoffel und Co salonfähig wurden. Grund hierfür ist, dass zunächst das giftige Kartoffelkraut verzehrt wurde und es dadurch zu Krankheits- und Todesfällen kam. Die Knollen hingegen wurden verteufelt und den Schweinen oder Häftlingen zum Verzehr gegeben.
Mit der Wahl der Kartoffel zur Giftpflanze des Jahres will der Botanische Sondergarten Wandsbek auf die Giftwirkung in den grünen Pflanzenteilen und Früchten sowie in gekeimten Knollen aufmerksam machen.
Gleichzeitig fungiert die Kartoffel als Botschafterin dafür, dass es mit wenigen Grundkenntnissen problemlos möglich ist, unfallfrei mit Giftpflanzen in Haus und Garten zu leben. Denn Biodiversität ist auch auf die giftigen Vertreter in Flora und Fauna angewiesen.
Baum des Jahres: Rotbuche
Sie ist die häufigste Laubbaumart in Deutschlands Wäldern. Mit einer Wuchshöhe von bis zu 45 m kann sie alle anderen Laubbäume – außer vielleicht der Esche – übertreffen. Auffällig und einzigartig unter den Waldbäumen ist ihre bis ins hohe Alter glatte, silbergraue, allerdings gegen direkte Sonnenbestrahlung empfindliche Rinde.
Besondere Ansprüche an den Standort stellt die Buche nicht. Solange mindestens 650 mm Regen im Jahr fallen, geht es ihr gut.
Die Trockenjahre 2018 bis 2020 hat wohl keine der Waldbaumarten unbeschadet überstanden. Die geringste Absterberate wies laut Waldzustandsbericht mit etwa 0,3 % die Buche auf. Die allermeisten der abgestorbenen Buchen standen an sonnenexponierten Süd- und Südwesthängen auf Böden, die wenig Wasser speichern.
Mag also sein, dass die Buche auf diesen speziellen Standorten ihre bisherige Vormachtstellung nach und nach aufgeben muss. Aber es spricht viel dafür, dass sie ihren Platz in den Wäldern trotz der sich ändernden klimatischen Verhältnisse halten und auch erweitern kann. Ihr genetisches Anpassungspotenzial gilt als recht hoch.
Arzneipflanze des Jahres: Mönchspfeffer
Mönchspfeffer bzw. Keuschlamm (Vitex agnus-castus) hat eine geradezu mythologische Dimension: Die Pflanze gehört zu den Gewächsen, die der Göttin Hera geweiht waren. Die Gattin des Zeus galt als Hüterin der Ehe. Daneben spielte das weidenartige Gewächs auch bei Feierlichkeiten zu Ehren der Demeter, der Göttin der Erde, eine Rolle: Während der Festtage sollten die Frauen enthaltsam leben. Deshalb legten sie ihr Schlafzimmer mit Zweigen von Keuschlamm aus. Den Früchten der Pflanze wurde eine Lust-dämpfende Wirkung zugesprochen. Aus diesem Grund wurden die Früchte auch in den Männerklöstern gegessen. Weil sie einen sehr würzigen, leicht scharfen Geschmack haben, wurden sie auch als Pfefferersatz verwendet, daher der Name Mönchspfeffer.
Das Keuschlamm gehört zur Familie der Lippenblütler (Lamiaceae) und bildet einen 3 bis 5 m hohen, dicht verästelten Strauch. Die langen Fiederblätter sind fünf- bis siebenfach geteilt und ähneln Hanfblättern. Die Pflanze trägt im Frühherbst zartblaue Blüten, die in langen, attraktiven Blütenständen angeordnet sind. Aus diesem Grund findet sich der Strauch in jüngster Zeit auch in deutschen Gärten als Zierpflanze. Allerdings muss die aus dem Mittelmeerraum stammende Pflanze im Winter geschützt untergestellt werden.
Präparate aus den Extrakten der Keuschlammfrüchte werden bei Menstruationsstörungen eingesetzt. Auch bei schmerzhaften, geschwollenen Brüsten hat sich der Einsatz bewährt. Schließlich sollen Keuschlamm-Präparate auch bei Beschwerden in den Wechseljahren hilfreich sein.
Gemüse des Jahres: Mais
Mais ist eine uralte Kulturpflanze, die vom 16. Jahrhundert an ihren Siegeszug um die Welt antrat. Heute ist Mais das wichtigste Getreide vor Weizen und Reis. Der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt hat ihn zum Gemüse der Jahre 2021 und 2022 gewählt, damit traditionelle Maissorten nicht in Vergessenheit geraten.
Ursprünglich stammt Mais aus Mexiko. Dort wurde er aus Wildgräsern domestiziert und weiterentwickelt. Lange, bevor die ersten Maiskörner mit Christoph Kolumbus 1493 in Spanien ankamen, hatte sich der Mais über ganz Amerika verbreitet. Vom Mais gibt es tausende Kultursorten. Die Farbe der Körner reicht von weiß über gelb bis zu fast schwarz.
Lesen Sie mehr: