Schwarze Augenmaske, langer Schwanz und große Ohren – das sind drei charakteristische Merkmale des Gartenschläfers. Der etwa faustgroße Kleinsäuger ist ein eher unbekanntes Familienmitglied der Bilche, zu denen auch der Siebenschläfer, die Haselmaus und der seltene Baumschläfer gehören. Mit der Benennung zum „Wildtier des Jahres“ möchte die Deutsche Wildtier Stiftung auf diese faszinierende und bedrohte Art aufmerksam machen, um so zu ihrem Schutz beizutragen.
Der Name kommt nicht von ungefähr: Der Gartenschläfer (Eliomys quercinus) schlummert oft in Parks und Gärten, wo er sich über Tag in Hecken, Mauerspalten, Schuppen oder Nistkästen verkriecht. Denn der Gartenschläfer ist nachtaktiv. Zudem hält er rund sechs Monate Winterschlaf.
Der Speiseplan ist vielfältig. Als Allesfresser nimmt er Käfer, Tausendfüßer und Spinnen genauso gern zu sich wie Beeren und Früchte; mitunter auch Wirbeltiere wie Mäuse, Kleinvögel sowie Vogeleier.
Im April begibt sich das Männchen auf Partnersuche. Ab Mai kommen meist vier bis sechs Jungtiere im gut gepolsterten, kugelförmigen Wurfnest zur Welt. Um ihre Aufzucht kümmert sich allein das Weibchen. Nach 18 Tagen öffnen die kleinen Bilche ihre Augen. Nach einem Monat verlassen sie zum ersten Mal das Nest. Nach etwa fünf Wochen löst sich der Familienverband auf, wobei die Jungtiere den ersten Winterschlaf oft noch gemeinsam verbringen. Zu ihren natürlichen Feinden gehören Eulen, Füchse und Marder, im Siedlungsbereich auch Katzen.
Ursprünglich war der maskierte Schläfer bei uns in vielen struktur- und felsreichen Mittelgebirgen beheimatet. Heute gibt es ihn nur noch im Harz, im Schwarzwald und in Bayern. Europaweit ist sein Verbreitungsgebiet in den vergangenen drei Jahrzehnten um etwa die Hälfte geschrumpft.
Insekt: Landkärtchen
Den Titel „Insekt des Jahres 2023“ trägt das Landkärtchen. Seinen Namen verdankt der Schmetterling der stark geaderten Zeichnung seiner Flügelunterseiten. Die Spannweite beträgt 3 bis 4 cm. Das Landkärtchen – wissenschaftlich Araschnia levana – kommt bei uns in zwei Generationen pro Jahr vor, die sich äußerlich stark unterscheiden.
Im Frühjahr schlüpfen leuchtend braunorange gefärbte Schmetterlinge aus den Puppen, die Sommergeneration hingegen hat die Grundfarbe schwarz mit weißen Bändern und gelblichen Flecken. Gesteuert wird der „Saison-Dimorphismus“ hauptsächlich von der Tageslichtdauer während der Puppenruhe sowie der Temperatur.
Ab Mitte April schlüpfen die Frühjahrs-Landkärtchen und sind dann bis etwa Mitte Juni Nektar saugend auf Schlehen- oder Weißdornbüschen sowie auf Sternmieren, Hahnenfuß und Sumpfdotterblumen zu finden. Die Tiere der Sommergeneration sind von Anfang Juli bis Ende August vor allem auf weißen Doldenblütlern zu entdecken.
Die Weibchen legen acht bis zehn grüne Eier in Form kleiner Eitürmchen an die Unterseite von Brennnesselblättern. Diese Eitürmchen unterscheiden das Landkärtchen von allen anderen heimischen Tagfaltern. Aus den Eiern schlüpfen schwarze Raupen, die zahlreiche dunklen Dornen tragen. Sie ähneln daher den Raupen des Tagpfauenauges.
Die ausgewachsen 22 mm lange Raupe des Landkärtchens verfügt allerdings über zwei Dornen am Kopf und ist damit eindeutig zu erkennen. Die Raupen halten sich in Gruppen etwa 20 bis 30 cm unterhalb der Triebspitze auf, sodass von Landkärtchen bewohnte Brennnesseln immer in der Mitte kahl gefressen werden.
Vogel: Braunkehlchen
Wenn die Braunkehlchen im April nach Deutschland kommen, haben sie mehr als 5000 km hinter sich. Denn sie überwintern in Afrika, gehören also zu den sogenannten Langstreckenziehern.
Auch wenn der „Vogel des Jahres“ nicht mit auffälligem Gefieder punkten kann, ist er dennoch hübsch anzusehen. Er hat einen sogenannten Überaugenstreif. Diese weiße Binde hat ihm unter Ornithologen den Kosenamen „Wiesenclown“ eingebracht. Kehle und Brust sind orangebraun gefärbt, der Rücken ist braun mit dunklen Flecken. Die Weibchen sind wie bei fast allen Vogelarten etwas bräunlicher gefärbt. Fliegen Braunkehlchen auf, blitzt ihre weiße Schwanzbasis hervor.
Lebensraum dieser Art sind feuchte Wiesen, Brachen und Feldränder. Nach der Ankunft im Brutgebiet im April besetzt der kleine Vogel sein Revier und beginnt mit dem Nestbau am Boden. Im Mai legt das Weibchen vier bis acht blaugrüne Eier, die es allein ausbrütet. Nach etwa zwei Wochen Brutzeit schlüpfen die Jungen, die nach weiteren knapp 20 Tagen das Nest verlassen. Mit der Wahl zum „Vogel des Jahres“ möchte der Naturschutzbund Deutschland auf den Bestandsrückgang bei dieser Art durch den Verlust an Lebensraum hinweisen.
Lurch: Kleiner Wasserfrosch
Der „Lurch des Jahres“ ist der kleine Wasserfrosch. Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde hat diese Art ausgerufen, um für ihren Schutz zu werben und auf Forschungsdefizite aufmerksam zu machen. Von den 20 Amphibienarten in Deutschland handele es sich um die am wenigsten erforschte Art.
Die Weibchen werden 5 bis 7,5 cm groß, die Männchen sind etwas kleiner. Die Oberseite ist meist grasgrün gefärbt, Wasserfrösche werden daher landläufig auch als Grünfrösche bezeichnet. Wie bei vielen Amphibien gibt es zahlreiche Färbungsvarianten, sodass auch blaugrüne oder braune Kleine Wasserfrösche vorkommen.
Der Kleine Wasserfrosch bevorzugt vegetationsreiche, eher kleine, nährstoffarme Gewässer. Die Art ist jedoch insgesamt weniger strikt an Gewässer gebunden als See- und Teichfrösche.
Kleine Wasserfrösche sind von März an aktiv. Die Paarungszeit beginnt Ende April und reicht bis in den Juli hinein. Die Männchen färben sich in dieser Zeit teilweise leuchtend zitronengelb. Die Weibchen setzen 500 bis 3000 Eier in mehreren Laichballen ab.
Libelle: Alpen-Smaragdlibelle
Die Alpen-Smaragdlibelle ist eine in Deutschland seltene Großlibelle aus der Familie der Falkenlibellen. Sie lebt, wie ihr deutscher und ihr wissenschaftlicher Name „Somatochlora alpestris“ erahnen lassen, in den Bergen. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von Norwegen über Sibirien bis in den Norden Japans. In Deutschland kommt die kälteliebende Art nur in Lagen über 750 m Meereshöhe im Harz, Thüringer Wald, Erz- und Fichtelgebirge, Bayerischem Wald und Schwarzwald sowie in den bayerischen Alpen vor.
Die Alpen-Smaragdlibelle wird bis zu 5 cm lang. Auffällig ist ihre metallisch-grün glänzende Brust. Weiteres Erkennungsmerkmal sind die leuchtend blau-grünen Augen und ihre ansonsten fast düstere, dunkelgrüne Färbung.
In den Mittelgebirgen lebt sie nahezu ausschließlich in Zwischen- und Hochmooren. Lebensräume ihrer Larven sind dort Kleinstgewässer. In den Alpen werden auch größere Gewässer wie Weiher und Kleinseen besiedelt.
Die Art ist vom Aussterben bedroht. Gefährdungsursachen sind neben der Seltenheit ihrer Lebensräume deren Bedrohung durch den Klimawandel, vor allem deren Austrocknung, Verlandung und eine für die Larven schädliche Temperaturerhöhung.
Höhlentier: Feuersalamander
Leuchtend-gelb gefleckt: Der Feuersalamander ist an seinem Muster gut zu erkennen. Der Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher hat ihn zum „Höhlentier des Jahres“ gekürt. Mit einer Körpergröße von 14 bis 20 cm gehört er zu den größten heimischen Schwanzlurchen. Am wohlsten fühlt er sich in den feuchten Laubmischwäldern der Mittelgebirge mit ihren kühlen Quellbächen und Kleingewässern.
Der Feuersalamander ist über weite Teile West-, Mittel-, Süd- und Südosteuropas verbreitet. Die Nordgrenze des Verbreitungsgebietes verläuft durch Nord- und Mitteldeutschland, wo die Art von Süden nach Norden hin immer seltener wird.
Die Paarung der Feuersalamander erfolgt an Land. Von Februar bis Mai werden die bereits voll entwickelten, jedoch noch mit Kiemen ausgestatteten Larven in kühlen Quellbächen, -tümpeln oder Brunnen abgesetzt. Dort halten sie sich bevorzugt in kleinen Stillwasserzonen auf.
Spinne: Ammen-Dornfinger
Der Ammen-Dornfinger ist die „Spinne des Jahres“. Mit der Wahl soll nicht nur eine wenig beliebte Tiergruppe ins rechte Licht gerückt und auf bedrohte Lebensräume – in diesem Fall offene trockene Standorte wie Wiesen, Weiden, Steppenrasen – hingewiesen werden. Zudem erhoffen sich die Wissenschaftler Daten zur aktuellen Verbreitung dieser Art. Gewählt wurde die „Europäische Spinne des Jahres“ von 84 Arachnologen aus 27 europäischen Ländern.
Die Körperlänge von „Cheiracanthium punctorium“, so der wissenschaftliche Name, beträgt bei Weibchen 10 bis 15 mm, die Männchen sind etwas kleiner.
Die vorwiegend nachtaktiven Tiere bauen zum Beutefang keine Netze. Stattdessen schleichen sie sich an ihre Beutetiere heran und überwältigen sie mit einem Giftbiss. Der Ammen-Dornfinger kann aufgrund seiner Größe auch große Insekten, zum Beispiel Heuschrecken, überwältigen.
Im Hochsommer bauen subadulte Weibchen auffällige, hühnereigroße Brutgespinste, die mit Grashalmen, Blättern oder Stängeln verwoben sind. Gleich daneben spinnen reife Männchen ihr Ruhegespinst. Sobald die Reifehäutung des Weibchens erfolgt ist, durchbricht das Männchen die Wand zwischen beiden Gespinsten und es kommt zur Paarung.
Im August erfolgt darin die Ablage von 80 bis 300 Eiern in einen Kokon. In diesem Zeitraum werden die Gespinste vom Weibchen vehement verteidigt – wie eine Amme ihre Kinder, was den deutschen Namen der Spinne erklärt. „Dornfinger“ bezieht sich auf einen langen, dünnen Dorn, den die Männchen an ihrem Taster tragen.
Fisch: Flussbarsch
Der Flussbarsch wurde vom Deutschen Angelfischerverband gemeinsam mit dem Verband Deutscher Sporttaucher und der Gesellschaft für Ichthyologie (Fischkunde) zum „Fisch des Jahres“ gewählt.
Der Flussbarsch ist eine in Fließ- und Stillgewässern in Eurasien weit verbreitete Art, die nur geringe Ansprüche an die Struktur und Qualität ihrer Umgebung stellt. Barsche besiedeln daher auch schnell neu entstandene Gewässer wie Baggerseen oder Tagebaurestlöcher.
Der Flussbarsch ist einer der farbenfroheren Fischarten in unseren Gewässern. Eine gelblich-grüne Grundfärbung mit schwarzen Querbinden, zwei Rückenflossen, von denen die erste stachelig ist und am Ende einen schwarzen Fleck hat, kennzeichnen die Art. Die restlichen Flossen sind rot. Barsche werden bis zu 60 cm lang und knapp 5 kg schwer. Ihre Eier legen sie zwischen März und Juni an Pflanzen in langen Laichbändern ab.
Barsche haben große Bedeutung bei der Regulation der Nahrungskette in Gewässern. Bei gutem Nahrungsangebot stellen sie schnell auf Fischnahrung um und dezimieren die Weißfischbrut. Ist das Angebot an Nährtieren gering, neigt auch der Barsch zur Kleinwüchsigkeit. Aufgrund ihres grätenarmen, festen Fleisches sind sie als Speisefisch beliebt.
Mit seiner Wahl zum „Fisch des Jahres“ möchte der Deutsche Angelfischerverband auf die allgemeine Gefährdung unserer Fischfauna hinweisen. Denn die extremen Dürreperioden der vergangenen Jahre haben viele kleine Bäche und Teiche austrocknen lassen, Phasen mit viel zu hohen Wassertemperaturen und dadurch bedingtem Sauerstoffmangel werden häufiger.
Schmetterling: Ampfer-Grünwidderchen
Das Ampfer-Grünwidderchen trägt den Titel „Schmetterling des Jahres 2023“. Die BUND NRW Naturschutzstiftung und die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen wollen mit der Wahl auf den Rückgang von artenreichem Grünland aufmerksam machen.
Das Ampfer-Grünwidderchen, „Ascita statices“, gehört zu den Widderchen, einer Familie von auffallend gefärbten, tagaktiven Nachtfaltern. Die Ampfer-Grünwidderchen schimmern metallisch grünlich bis türkisfarben und haben eine Spannweite von 25 bis 30 cm, wobei die Männchen etwas größer sind als die Weibchen. An ihren Fühlern sind sie klar zu unterscheiden: Die Männchen haben auffällig gefiederte Fühler, mit denen sie den Duft der Weibchen wahrnehmen können, während die Weibchen dünnere, fadenförmige Fühler tragen.
Die Raupen des Ampfer-Grünwidderchens ernähren sich von Sauerampfer. Die Schmetterlinge saugen bevorzugt Nektar an lila-blauen Blüten, besonders von der Kuckucks-Lichtnelke, aber auch von anderen Pflanzen wie Acker-Witwenblume, Wiesen-Flockenblume oder Wiesen-Knautien.
Die Ampfer-Grünwidderchen bilden eine Generation pro Jahr aus. Die Flugzeit beginnt etwa Mitte Mai und endet im August.
Die Nachtfalterart ist in Europa und Teilen Asiens verbreitet. In Deutschland steht das Ampfer-Grünwidderchen auf der Vorwarnliste, in NRW gilt es bereits als gefährdet, da ihre Hauptlebensräume, artenreiche wechselfeuchte Wiesen, schwinden. Doch auch Wegränder, Böschungen und Dämme werden durch häufige und unsachgemäße Mahd mit Schlegelmulchern für die Art unbewohnbar.
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