Salopp gesagt gab es für die Waldbesitzer schon bessere Zeiten. Seit 2018 gilt für sie: Kalamität statt planbarer Forstwirtschaft. Der Borkenkäferfraß hält an und die Folgen des Wassermangels zeigen auch die Buchenwälder immer deutlicher. Für die Forstbetriebe bedeutet das finanzielle Einbußen. Denn die Holzpreise „fahren Achterbahn“, zudem kommen mit der Wiederbewaldung hohe Investitionen auf sie zu. Klar ist: Das Geld wird in den Betrieben immer knapper.
„Kyrill“ lässt grüßen
Seit Monaten schwinden die Holzerträge, wodurch die Forstbetriebe zunehmend unter Druck geraten. Für Eberhard von Wrede, Betriebswirtschaftlicher Sprecher des Waldbauernverbandes NRW, stehen drei Fragen im Fokus: Womit zahlen wir die Aufforstungen sowie die anschließende Kulturpflege und wie können wir fehlende Einnahmen der nächsten Jahrzehnte kompensieren? Die Erwerbsforstwirtschaft muss aus Sicht des Waldbesitzers sichergestellt werden. Hier sieht von Wrede das Land in der Pflicht – mithilfe praktikabler Strategien und Förderprogramme. Grund für die Forderung sind auch die Ergebnisse des aktuellen Betriebsvergleichs für NRW. Diese stellte Prof. Dr. Bernhard Möhring von der Universität Göttingen in der vergangenen Woche in Werl vor. Die seit 1969 geführte Datenreihe zeigt für 2020 einen Kalamitätsholzanteil von 90 %. Das ist ähnlich wie nach dem Sturm Kyrill 2007. Anders als damals ist aber nicht nur der Fichtenring von den Schäden betroffen, sondern auch der Kiefern- und besonders der Laubholzring. Kurzum: Die Kalamität betrifft nahezu sämtliche Regionen Nordrhein-Westfalens.
Was bleibt unterm Strich?
Im Laubholzring – der Region Ostwestfalen – war der Fichteneinschlag im zurückliegenden Jahr am größten. Über alle Baumarten wurden dort 58 Erntefestmeter (Efm)/ha entnommen. Davon betrug der Fichtenanteil mehr als 80 %. Im Vergleich dazu betrug der Einschlag über alle Baumarten im Kiefernring 20 Efm/ha und im Fichtenring 15 Efm/ha. „Die Fichte ist die risikobehaftete Baumart“, verdeutlichte Möhring. Der Leitsatz „die Fichte fällt ins Geld“ galt seiner Ausführung nach in den vergangenen drei Jahren nicht, was ein mittlerer holzerntekostenfreier Erlös bei dieser Baumart von 10 €/Efm belegt. Im Mittel über alle Baumarten betrug der erntekostenfreie Holzerlös 18 €/Efm. Vor fünf Jahren lag das Niveau noch bei 45 €/Efm. Seit 1969 gab es noch nie einen so steilen Abfall dieses Wertes.
Seitdem ist der Betriebsaufwand stetig gestiegen – Möhring beziffert diesen Wert für 2020 mit 300 €/ha. Eine Ursache hierfür sind die steigenden Lohnkosten von etwa 33 €/Stunde. Die Holzernte in Eigenregie mit eigenem Personal spielt kaum mehr eine Rolle, fasste der Forstwissenschaftler zusammen. Wie sehr Holzerlös und Lohnkosten auseinanderdriften, machte der Leiter der Abteilung für Forstökonomie und Forsteinrichtung der Uni Göttingen an folgender Zahl fest: Aus dem Verkaufserlös eines Festmeters konnte ein Forstbetrieb 1969 acht Arbeitsstunden bezahlen. Im zurückliegenden Jahr waren es gerade mal 90 Minuten.
Alles in allem ergibt sich für 2020 ein mittlerer Reinertrag von 0 €. Als Fazit zog Möhring, dass die Forstbetriebe seit 2018 das wirtschaftliche Rückgrat – die Fichte – verlieren. Dabei sind die Schäden dieses Jahres noch unberücksichtigt, betonte er. Sonstige Erträge gewinnen zunehmend an Bedeutung, was die Forderung der Waldbesitzer nach der Honorierung der Ökosystemleistungen verdeutlicht.