Die Waldbesitzer rund um den „Kleinen Berg“ am Rande des Teutoburger Waldes nahe Bad Rothenfelde (Osnabrück) sind verärgert: Auf dem trockenen Kalkstandort stirbt die Buche ab. Baumkronen sind in der Zerfallsphase, einige Bäume schon umgestürzt und das Stammholz wegen Weißfäule unverkäuflich. Doch mit dem wirtschaftlichen Schaden nicht genug: Weil sich der „Hainsimsen-Buchenwald“ im FFH-Gebiet befindet, müssen die Waldbesitzer die Buche erhalten und wiederaufforsten – obwohl sich der Standort offensichtlich nicht für die Baumart eignet.
Absterbende Buchen: Gefahr für Waldbesucher
Seit diesem Jahr ist der 120-jährige Buchenbestand im Waldgebiet „Kleiner Berg“ auf etwa 530 ha Fläche abgängig. Grund dafür ist die Trockenheit der zurückliegenden Sommer. Auf diese reagieren Buchen langsamer als gleichalte Fichten. Der Absterbeprozess bringt aber größere Gefahren für Waldbesucher mit sich: Denn äußerlich noch stabil aussehende Buchen, können innerlich bereits massiv von Weißfäule befallen und morsch sein. Besonders im viel besuchten Waldgebiet nahe Bad Rothenfelde, ergibt sich dadurch für die Waldbesitzer eine erhöhte Verkehrssicherungspflicht. Doch damit nicht genug: „Wir sind hier im FFH-Gebiet verpflichtet diese Baumart zu erhalten“, sagt Johannes Meyer zum Alten Borgloh, Vorsitzender der Waldschutzgenossenschaft Osnabrück Süd.
Nach einem Trockenereignis leidet die Buche nachweislich bis zu 10 Jahren lang, ehe sie abstirbt. Wie groß das Schadausmaß insgesamt sein wird, lässt sich also noch gar nicht abschätzen. Neben der Buche zählen weitere „Lebensraumtypische“ Baumarten zum FFH-Gebiet „Kleiner Berg“, beispielsweise die Esche, die Schwarzerle oder die Stieleiche.
Im Schutzgebiet gelten praxisferne Regelungen
Die 280 Waldbesitzer im betroffenen Gebiet kritisieren die getroffenen Regelungen der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Osnabrück scharf. Einerseits sollen Altholzanteile erhalten oder sogar entwickelt werden, obwohl diese Absterben. Gleichzeitig ist vorgeschrieben, bei Pflanzungen wieder mindestens 50 % Buche aufzuforsten. Zwar sind neben der Buche auch Anteile anderer Laubbäume gestattet, aber Meyer zum Alten Borgloh erklärt: „Die Esche ist wegen des Triebsterbens ebenfalls abgängig.“
Ludger Spiegelburg, Geschäftsführer der Waldschutzgenossenschaft, findet die getroffenen Regelungen schlichtweg praxisfern. „Wir haben hier Waldbesitzgrößen von 0,02 bis 44 ha“, erklärt er. Der Großteil ist kleinparzellierter Privatwald. Dadurch ist das Wirtschaften aus Spiegelburgs Sicht ohnehin schon schwer genug. „Die zusätzlichen Einschränkungen durch die Gebietsverordnung macht doch keiner mit“, urteilt der Waldbauer. Johannes Meyer zum Alten Borgloh geht noch einen Schritt weiter: „Wir erleben hier einen massiven Eingriff in die Eigentumsrechte und fühlen uns durch die Vorschriften gegängelt.“
Holznutzung ist Klimaschutz
Die Ziele des Artenschutzes scheinen vor jenen des Klimaschutzes politische Priorität zu genießen. Ein sterbender Buchenbestand erfüllt die wichtigen Funktionen CO2-Speicher und Grundwasserneubildung jedenfalls nicht mehr, meint Hans-Josef Avermann, Beirat im Verein Kulturlandschaft Osnabrücker Land – ein Zusammenschluss von Grundstückseigentümern und -nutzern. Zum Erhalt des Waldes sind auch im FFH – Gebiet klimastabile Baumarten erforderlich, urteilen die drei Waldbesitzer. Darum fordern sie praxisnahe Lösungen. Dazu zählt vor allem mehr Baumarten – darunter auch fremdländische Laub- und Nadelbäume – in der FFH-Gebietskulisse zuzulassen. Darüber hinaus fordern sie eine Entschädigung für den Erhalt von Habitatbäumen, weil dieser einen wesentlichen wirtschaftlichen Verlust für den einzelnen Waldbesitzer bedeutet.
Die Schutzgebietsverordnung ist starr
Die zuständige Fachbehörde des Landkreises Osnabrück bewertet die Situation im FFH-Gebiet Teutoburger Wald, Kleiner Berg so:
"Dass die Lage der Buchen bereits nach drei zu trockenen Jahren (2018-2020) problematisch ist, bereitet auch der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) Sorgen", sagt Burkhard Riepenhoff, Pressesprecher des Landkreises, gegenüber dem Wochenblatt.
Nach Einschätzung der UNB könne man aber nicht davon sprechen, dass ganze Bestände zusammengebrochen seien. Gemeinsam mit den Fachstellen für Wald und Forst – wie die Landwirtschaftskammer und die Niedersächsischen Landesforsten (NLF) – werde bereits seit längerem darüber diskutiert, wie Wälder resilienter gestaltet werden können.
Nutzung steht hintenan
Bei Wäldern in Schutzgebieten, wie der Kleine Berg, stehe nicht die Nutzfunktion als Wirtschaftswald im Vordergrund, sondern der Arten- und Habitatschutz sowie die Erholungsfunktion. Gerade in FFH-Gebieten, wo aus gesamteuropäischer Sicht das Ziel der Erhalt und die Förderung der Biodiversität ist, ist die wirtschaftliche Nutzung bereits durch die Schutzgebietsverordnung eingeschränkt.
„Auf Gesamtniedersachsen betrachtet gehen auch die NLF davon aus, dass der Buchenanteil im Landeswald weiter zunehmen wird. Das hängt zum einen mit der Schutzgebietskulisse zusammen, darüber hinaus aber auch damit, dass fast alle Waldentwicklungstypen ein 20 bis 40-prozentige Buchenbeteiligung vorsehen“, erklärt Riepenhoff.
Da die wirtschaftliche Nutzung natürlich nicht verboten sei, werde sich die UNB in Abstimmung mit den Fachbehörden des Landes Niedersachsen auch weiterhin damit beschäftigen, wie Wald-Lebensraumtypen in Schutzgebieten weiterentwickelt werden können, bzw. ob die Schutzgebietskulisse für Buchenlebensräume unter Berücksichtigung des steigenden Trockenstressrisikos gegebenenfalls neu abgegrenzt werden müsse – unter Sicherstellung der Ziele des Arten- und Habitatschutzes.
Aus Sicht der UNB müsse in Niedersachsen, aber auch im Bund, darüber nachgedacht werden, für die Waldbesitzer, die mit den Vorgaben der Schutzgebietsverordnungen leben müssten, einen angemessenen finanziellen Ausgleich zu schaffen. Das sorge für deutlich mehr Akzeptanz.
"Wir nehmen die Kritik ernst"
Die UNB nehme die Kritik und die Sorgen sehr ernst und stehe in ständigem Austausch mit den Waldbesitzern und den einschlägigen Behörden. „Allerdings hat die UNB nur wenige Möglichkeiten, von den Vorgaben einer Verordnung abzuweichen, zudem sind wir den Zielen der FFH-Richtlinien verpflichtet“, sagt Riepenhoff.
Die Schutzgebietsverordnung sei tatsächlich ein sehr starres Instrument, eine Überarbeitung der Schutzgebietsverordnung derzeit nicht angedacht. Es seien mehrere Klagen dazu anhängig. Sollten die Antragsteller damit erfolgreich sein, könne es zu einer Überarbeitung kommen.