Die Ernte von kranken und mitunter auch frischen Fichten läuft landesweit auf Hochtouren. Gestoppt wird sie regional nur durch die Witterung, welche die Forstunternehmer gelegentlich zu Aufarbeitungspausen zwingt. Meldungen über Bauholzmangel und lange Lieferzeiten stoßen darum bei Waldbesitzern auf Unverständnis, denn in den Wäldern türmen sich die Holzstapel. Wir haben in der Branche nachgefragt, wie es zu dieser Diskrepanz kommt.
Preise steigen täglich
„Wir haben hier zwei oder drei Preiserhöhungen für Holz-Lagerware in der Woche“, sagt Markus Piel, Leiter Vertrieb bei der DEG Dach-Fassade-Holz eG in Hamm. Die Marktlage sei extrem ernst, weil sich die Verfügbarkeit von Konstruktionsvollholz über Brettschichtholz und OSB-Platten bis zu CE-Latten im März enorm verknappt hat.
Piel sieht dafür drei zentrale Gründe: „Erstens gibt es die hohe Nachfrage in den USA und China für deutsches Holz. Hier kommt verschärfend hinzu, dass in beiden Ländern deutlich höhere Preise bezahlt werden, als sie bei uns üblich sind.“ Das heißt, dass die großen Player unter den Sägewerken mit dem Export trotz Transportkosten aktuell einiges mehr verdienen.
Der extreme Wintereinbruch in den USA sorgte dafür, dass sich die Fördermengen dort drastisch reduzierten. „Die Folge ist, dass die Amerikaner vermehrt Holz aus Deutschland importieren. Das gelingt ihnen, weil sie bereit sind, deutlich höhere Preise als die bei uns bisher üblichen zu bezahlen“, berichtet Piel.
Bauboom und kranke Wälder
Der zweite Grund ist für den Branchenkenner der Holzbau-Boom in Deutschland. Die Fertighausindustrie steuert auf eine Holzquote im Neubau von 25 % zu. Das heißt, dass auch der hiesige Bedarf schnell steigt. Doch zugleich befinden sich drittens die deutschen Wälder durch Stürme sowie extreme Dürre und dem daraus resultierenden Borkenkäferbefall, der vor allem die Fichten betrifft, in einem kritischen Zustand.
Fachleute gehen laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aktuell von einem Schadholzanfall von 171 Millionen Kubikmetern und einer Fläche von 285 000 ha aus, die wiederbewaldet werden muss. Demzufolge beträgt der finanzielle Schaden mehr als 40 000 €/ha.
Bis zu fünf Monate Lieferzeit
Die Folge der Verknappung sind Preiserhöhungen von rund 50 % bei Holz-Lagerware gegenüber dem Vorjahr. „Die Einkaufsgenossenschaften können die hohe Nachfrage nicht erfüllen, denn die Industrie verteilt Kontingente auf Basis der Vorjahreszahlen. Und diese Kontingente wurden zudem stark eingekürzt“, erläutert Piel und ergänzt. „Wir werden die zur Verfügung stehende Holz-Lagerware an unsere Mitglieder und Stammkunden im Sinne unseres genossenschaftlichen Versorgungsauftrags verteilen. Hamsterkäufe wird es bei uns nicht geben. Und wir müssen die Objektaufträge auf Verfügbarkeit prüfen.“ Verkauft werde die Holz-Lagerware nach Tagespreis zudem müssten die Betriebe sich auf Lieferzeiten von bis zu fünf Monaten einstellen.
Kein Experte kann seriös voraussagen, wie lange die Knappheit im Holzmarkt anhalten wird.
Eine offizielle Stellungnahme des Deutschen Säge- und Holzindustrie Bundesverbandes lag bis Redaktionsschluss nicht vor. Aus der Branche heißt es aber, dass die Sägebetriebe komplett ausgelastet sind und die Inlandsnachfrage nach Rohholz hoch sei. Mitunter komme es zu Engpässen in den Sägewerken, weil die Rohholzlogistik aus dem Wald zu den Verarbeitern überlastet sei.
Weitere Infos aus der Branche finden Sie hier.