Hundeausbildung mal anders

ASP-Suchhunde ausbilden: Wie geht das?

Um bei einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen gewappnet zu sein, werden in NRW derzeit 16 Hunde darauf trainiert, Wildschweinkadaver zu finden. Wir waren beim Training dabei.

Freitagmorgen in einem Waldstück bei Nordwalde, Kreis Steinfurt. Auf den dreijährigen „Fiete“, die dreieinhalbjährige „Ylvi“ und die sechs Monate alte „Virpi“ wartet heute wieder eine besondere Trainingseinheit. Denn der Kleine Münsterländerrüde, die Labrador-Hündin und die Deutsch-Langhaarhündin durchlaufen derzeit eine Ausbildung zu Kadaver-Suchhunden.

Hier warten Martin Klostermann-Schröder und sein Hund auf ihren Einsatz. „Fiete“ muss nun den Zielgeruch finden. (Bildquelle: Petercord)

Was sich auf den ersten Blick befremdend anhören mag, hat einen bedeutsamen Hintergrund. Denn im Ernstfall sollen Hunde wie Fiete, Ylvi und Virpi Wildschein-Kadaver möglichst schnell finden – sollte es in NRW zu einen Ausbruch der Afrikanischen Wildschweinepest (ASP) im Wildschweinbestand kommen. Denn die Kadaver infizierter Sauen stellen die Quelle für weitere Ansteckungen gesunder Wildschweine dar.

Derzeit 16 Hunde

In der Ausbildung zur Kadaver­suche befinden sich derzeit in NRW 16 Hunde. Diese verteilen sich auf fünf Trainingsgruppen: in Bonn, Olpe, Münster, Arnsberg sowie in Altenböddeken bei Büren. Geleitet wird das Training von Olaf Müller, Mitarbeiter beim Landesbetrieb Wald und Holz NRW in Arnsberg. Seit 2014 ist er privat auch als Hundetrainer tätig.

(Bildquelle: Petercord)

Mit dabei ist an diesem Morgen ­Jan-Dirk Hubbert, der Besitzer von Virpi. Hubbert ist als Förster beim Regionalforstamt Münsterland tätig und betreut das Forstrevier Steinfurt. Fiete ist der Hund von Martin Klostermann-Schröder. Er betreut das Forstrevier Greven.

Die 16 Hunde, die derzeit in NRW zu Kadaver-Suchhunden ausgebildet werden, sind von sechs Monaten bis acht Jahren alt und gehören unterschiedlichen Rassen an. Neben dem Kleinen Münsterländer, Labrador und Deutsch-Langhaar ist beispielsweise auch ein Deutsch-Drahthaar, ein Griffon, ein Bayrischer Gebirgsschweißhund sowie ein Rauhaardackel mit dabei. „Die Rasse ist gar nicht so entscheidend“, erläutert der Hundetrainer. „Wichtig ist, dass die Hunde nicht zu stark jagdlich vorgearbeitet sind. Denn die Kadaver-Suchhunde sollen ja nicht ans Wild. „Jagdhunde lassen sich gerne verleiten“, weiß er aus Erfah­rung. „Kann ich den Hund dann überhaupt noch jagdlich verwenden?“, stellte sich Jan-Dirk Hubbert anfangs die Frage. Ihm gehört die junge Langhaarhündin Virpi, die derzeit auch für die Jagd ausgebildet wird. „Wichtig ist es, für die jewei­lige Aufgabe die Rituale und dazugehörigen Kommandos einzuhalten“, betont Müller. Das muss geübt werden – nicht nur alle 14 Tage im Rahmen der Trainingseinheiten. Jeder Hundeführer bekommt auch Hausaufgaben, was er mit seinem Vierbeiner in der Zwischenzeit üben soll.

24 Kandidaten in NRW

Kadaver-Suchhunde werden auch in anderen Bundesländern ausgebildet. „Die Konzepte sind dabei zum Teil sehr unterschiedlich“, berichtet Olaf Müller. So sind teilweise auch Privatpersonen eingebunden. NRW hat einen anderen Weg eingeschlagen und setzt zunächst auf Mitarbeiter aus den ­eigenen Reihen. „Quasi Dienstverpflichtete“, schmunzelt Müller.

(Bildquelle: Petercord)

„Verpflichtet zu dieser Ausbildung wurde aber niemand. Bei zwei Informationsveranstaltungen für alle Forstämter des Landesbetriebes Wald und Holz NRW und andere externe Behörden im Dezember 2021 bzw. Januar 2022 wurden interessierten Mitarbeitern Details zur ASP und zur Ausbildung von Kadaver-Suchhunden vorgestellt. „Wer dann Interesse hatte, mit seinem Hund an der Ausbildung teilzunehmen, konnte sich melden“, erzählt Müller. Insgesamt taten dies 24 Hundeführer.

Wie reagieren die Hunde auf Sauen?

Als nächstes galt es, bei den Hunden das Verhalten beim Zusammentreffen mit Sauen zu testen. Dies erfolgte über vier Tage im Schwarzwildgatter Lippstadt. Danach kristallisierten sich die besagten 16 Hunde als für die Ausbildung geeignet heraus. Von diesen gehören neun Bediensteten des Landesbetriebes Wald und Holz. Hinzu kommt eine Projekt­gruppe vom Technischen Hilfswerk mit fünf Hunden sowie zwei Veterinärinnen des Landesumweltamtes mit ihren Hunden.

Üben mit Geruchsmaschine

Die Methode des Rückverweisens in Verbindung mit einem sogenannten Bringselhalsband, die bei der Ausbildung der Kadaver-Suchhunde angewandt wird, stammt aus dem norwegischen Rettungseinsatz. „Sobald der Hund den Zielgeruch erreicht hat, soll er ein Bringsel aufnehmen und damit zu seinem Hundeführer zurück­kehren. Dieser weiß dann: Der Hund hat einen Wildschwein-Kadaver gefunden. Im nächsten Schritt soll der Hund seinen Führer dann zum toten Wildschwein führen“, erläutert Müller.

Das gezielte Training findet seit April statt. Alle 14 Tage trifft sich der Hundetrainer dazu mit den Teilnehmern der fünf Gruppen. Ein wichtiges Gerät dabei ist die „Geruchsmaschine“. Der Fachbegriff für dieses elektrische System lautet „Detection-Dog-Trainings-System (DDTS)“. Das Gerät dient dazu, Hunde positiv auf einen bestimmten Geruch zu konditionieren. „Hiermit werden zum Beispiel auch Sprengstoff- oder Drogen-Spürhunde ausgebildet“, erläutert Müller, während er das Gerät für den Einsatz vorbereitet.

Ziel- und Verleitgeruch

An der Vorderseite der Geruchsmaschine sind sieben Löcher („Slots“) zu sehen. Im Inneren des Gerätes befinden sich hinter jedem Loch jeweils zwei Dosen, die – da auf Schienen montiert – sich mechanisch verschieben lassen. Insgesamt lässt sich das Gerät also mit bis zu sieben Ziel- und sieben Verleitgerüchen befüllen. Zielgeruch sind in diesem Fall beispielsweise etwas Wildschweinschwarte oder ein Stück Knochen vom Wildschwein. Die jeweils rechten Dosen befüllt Müller mit möglichem Verleitgeruch, zum Beispiel Waldboden, etwas Rehwilddecke, einem Taschentuch, Handschuhen oder auch Teilen von einem seiner Schuhe. „Schließlich hinterlasse auch ich bei den Übungen im Wald Spuren“, erläutert der 59-Jährige. Mittels Tablet kann er programmieren, an welchem Loch der Hund Zielgeruch finden soll.

Kein Erfolg, keine Belohnung

Als erstes ist Fiete an der Reihe. Damit er weiß, dass es heute nicht zur Jagd geht, sondern es um Kadaver-Suche geht, legt ihm Martin Klostermann-­Schröder das ASP-Suchen­geschirr an. Mit „Finden“. erhält Fiete das Kommando, das Loch mit dem Zielgeruch aufzuspüren. Dort soll er zwei Sekunden bleiben, an Verleitgeruch maximal 0,5 Sekunden. Sensoren am Gerät erfassen die Zeit.

Während Fiete die Belohnung aufnimmt, wird automatisch ein anderes Geruchsloch aktiviert und die Suche beginnt von Neuem. Auf keinen Fall sollte der Hund weggezogen werden, wenn er zu lange bei einem Verleitgeruch verbleibt. „Die einzige ,Strafe‘ für den Hund ist, dass er keine Belohnung erhält“, so der Experte. Die Daten des jeweiligen Hundes werden erfasst, sodass sich über die Zeit der Trainingserfolg ermitteln lässt.

Jung und unerfahren

Die Arbeit mit dem Zielgeruch ist bereits Training für eingeübte Hunde wie Fiete. „Bei unerfahrenen Hunden trainieren wir zunächst mit einem Ersatzgeruch, zum Beispiel kleinen Gummistücken, die einfach nur stark nach Gummi riechen. Die Hunde sollen erst mal nur lernen, einen bestimmten Geruch zu finden“, so Müller.

Training an der Geruchsmaschine (Bildquelle: Petercord)

Doch selbst dafür ist die sechs Monate alte Virpi noch zu jung und unerfahren. Sie muss erst mal die Geruchmaschine an sich kennenlernen. Für sie legt der Hundetrainer jeweils ein Leckerli zufallsmäßig vor eines der Löcher, das sie durch Einsatz ihrer Nase finden muss.

Nicht verleiten lassen

Für eine weitere Übung legt Olaf Müller im Wald ein kleines Stück Wildschweinschwarte aus, das er mittels Haken am Boden befestigt. Das Ganze wird zusätzlich abgedeckt. In knapp 2 m Entfernung schmeißt er ein Apportel auf die Erde. Fietes Aufgabe ist es nun, im Zielgeruch (Wildschweinschwarte) das Apportel aufzunehmen und zu seinem Herrchen zu bringen, ohne sich vom Wildschweingeruch verleiten zu lassen und zur vermeintlichen Sau zu gehen. „Wildschweine können von der Aujeszkyschen Krankheit betroffen sein. Bei direktem Kontakt könnten sich Hunde mit dem Virus infizieren, was für die Vierbeiner tödliche Folgen hätte.

lvi ist schon weiter im Training. Für sie wird die Aufgabe daher schwerer: Wieder wird Wildschweinschwarte ausgelegt. Gut 2 m davon entfernt präpariert Müller auf gleiche Weise etwas Rehwilddecke. Dann wirft er das Apportel in die Nähe der Sauschwarte. Mit dem Kommando „Finden“ wird die Labradorhündin losgeschickt. Ihr ist anzumerken, dass sie das Reh gewittert hat. Sie lässt sich aber nicht verleiten, sondern nimmt das Apportel im Zielgeruch auf und bringt es zu ihrem Hundeführer. Er leint Ylvi an. Mit dem Kommando „Zeigen“ beauftragt Müller dann die Hündin, ihn zum Fundort zu leiten. „Das Apportel übernimmt hier die Funktion des Bringsels. Wir üben 50 Mal mit Apportel und einmal mit Bringsel“, erläutert er das Verhältnis der Trainingseinheiten. Die Prüfung und Zertifizierung der ersten ausgebildeten Hunde soll im November dieses Jahres erfolgen.

Fünfjähriges Projekt:
Zwischen dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW und dem Landwirtschaftsministerium gibt es eine Zielvereinbarung. Insgesamt hat das Projekt eine Laufzeit von fünf Jahren. „Mit unseren Bediensteten sammeln wir jetzt erst mal Erfahrung“, sagt Marc Mes­serschmidt, Leiter des Bereichs ASP-Prävention beim Landesbetrieb Wald und Holz NRW. Im Herbst soll ein zweiter Kurs starten, den wir dann auch für Freiwillige öffnen. Die Idee dabei: Sollte es in NRW zukünftig zu einem ASP-Ausbruch im Wildschweinbestand kommen, gäbe es administrative Teilnehmer vom Landesbetrieb, ergänzt durch Freiwillige. Wer Interesse hat, an der Ausbildung von Kadaver-Suchhunden teilzunehmen oder weitere Fragen zum Thema hat, kann sich bei Olaf Müller, Tel. (0  29  31) 78  66-349, E-Mail: olaf.mueller@­wald-und-holz.nrw.de bzw. Marc Messerschmidt, Tel. (02  51) 9  17  97-267, E-Mail: marc.messerschmidt@wald-und-holz.nrw.de melden.

Lesen Sie mehr:

Der Wald bietet unzähligen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum. Dabei leistet besonders die Eiche einen Mehrwert für die Artenvielfalt.

Die Betriebe in den ­von der Afrikanischen Schweinepest betroffenen Gebietenleiden massiv unter den Handelsbeschränkungen. Es wird eng in den Ställen.