Zwei Tage lang war die Halle Münsterland fest in der Hand der Imker: Am vergangenen Wochenende fand zum 30. Mal der „Apisticus-Tag“ in Münster statt. Dabei war die Spannung im Vorfeld groß: Würde die Veranstaltung für Imker und Naturinteressierte ihre Erfolgsgeschichte nach der Corona-Pause fortsetzen können, fragte sich nicht nur Dr. Marika Harz vom Bieneninstitut der Landwirtschaftskammer (LWK) NRW in Münster. Auch die Mitveranstalter vom Landesverband Westfälischer und Lippischer Imker, dem Verein Apis sowie dem Kreisimkerverein Münster waren gespannt auf die aktuelle Resonanz.
80 Aussteller, 3200 Besucher
Entsprechend groß war die Freude über die langen Besucherschlangen vor den Eingängen der Halle Münsterland. Insgesamt gut 3200 Besucher – nicht nur aus NRW, sondern auch anderen Bundesländern sowie dem angrenzenden Ausland –nutzten das Angebot, sich bei den Fachvorträgen bzw. bei den rund 80 Ausstellern der Messe zu informieren und mit Imkerbedarf auszustatten.
20.000 Imker in NRW
Ziel der Veranstaltung sei es, Imker, Wissenschaft und Handel zusammenzubringen, betonte NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen in ihrem Grußwort. „Nutzen Sie die Gelegenheit zum Dialog“, forderte sie die Besucher auf. Schließlich bringe der Klimawandel viele neue Herausforderungen für die Imkerei. Entsprechend wichtig ist laut Gorißen die Aus- und Weiterbildung von Imkern, was vom Land unterstützt werde.
Insgesamt gibt es in NRW rund 20.000 Imker. Gut die Hälfte davon ist in den 215 Imkervereinen Westfalen-Lippes organisiert. „Das sind so viele Imker wie zuletzt vor 63 Jahren“, berichtete Dr. Thomas Klüner, Vorsitzender des Landesverbandes Westfälischer und Lippischer Imker. Auch die Zahl der Völker liegt mit fast 69,000 so hoch wie seit mehr als 50 Jahren nicht mehr. Das führt zu einem großen Bedarf an Schulungen – bei gleichzeitig zu knapper Personalausstattung im Bieneninstitut in Münster. „Wir benötigen einen weiteren Bienenfachberater“, lautete daher Klüners Appell an die Ministerin.
Von Geschichte zu aktuellen Fragen
Auf große Resonanz stießen die Fachvorträge. „Eine Reise durch die Geschichte der Imkerei“ bot Wulf-Ingo Lau vom Institut für Bienenkunde in Celle. Er berichtete beispielsweise, dass die Indianer als Ureinwohner Amerikas Honigbienen nicht kannten. Daher bezeichneten sie diese als „die Fliegen des weißen Mannes“. „Waren Honigbienen in den Bäumen, wussten die Indianer, dass weiße Siedler nicht mehr weit waren“, so Lau.
Mit der aktuellen Frage, wie sich der Klimawandel auf unsere Honigbienen auswirkt, befasste sich Dr. Christoph Otten vom Fachzentrum Bienen und Imkerei in Mayen/Rheinland-Pfalz. Steigende Temperaturen hätten Einfluss auf Trachtbeginn und -verlauf, Blühbeginn, Nektarsekretion und Tautrachtentwicklung, aber auch auf die Flugaktivität der Bienen, Nektar- und Polleneintrag und damit auf die Entwicklung der Völker, erläuterte der Fachmann.
Nicht bestätigen konnte Otten, dass der Futterverzehr der Bienen im Winter steigt. „Das höre ich jedes Jahr von Imkern. Doch unsere Ergebnisse bestätigen dies nicht.“ Zudem würden Bienen auch nicht am besten auf dem eigenen Honig überwintern. „Völker mit mineralstoffreicherem Futter haben eher Probleme zu überwintern“, so Otten. Gerade Tautracht könne zu Verdauungsproblemen bei den Bienen führen.
Was sich immer wieder bestätige: Ist der Dezember mild, sei die Überwinterung der Bienen eher günstig. Hingegen käme es nach hohen Temperaturen im Februar zu erhöhten Verlusten im darauffolgenden Winter. Der Grund: Varroamilben können sich durch den Temperatur-bedingt frühen Trachtbeginn stärker vermehren. „Wir können also schon fast ein Jahr vorher sagen, wie die Bienenverluste im kommenden Winter ausfallen“, resümierte der Experte.
Details zur Varroamilbe
Apropos Varroa: Spannende Einblicke in das Leben der Milben bot ein Workshop von Dr. Joachim Eberhardt, Biologe aus Münster. Die Parasiten, die sich in den Brutzellen der Honigbienen vermehren, haben wenig Zeit. Denn sie müssen sich zwischen dem Schließen und dem Öffnen des Brutdeckels der Jungbienen entwickeln. „Daher bevorzugen Varroamilben Drohnenbrut. Sie ist länger verdeckelt“, erläuterte der Referent. „Weibliche Milben müssen vor der Aushärtung ihres Chitinpanzers begattet werden. Gleichzeitig muss das Chitin ausgereift sein, wenn sich der Brutdeckel beim Schlupf der Honigbiene öffnet. Ansonsten werden die Milben von den Putzbienen gefunden.
„Bienen sehen kein Rot. Für sie ist das Rotbraun der Milbe beige und ähnelt damit den Bauchschuppen der Bienen, zwischen denen sich die Milben daher perfekt verstecken können. Eine Lösung für das Problem wären varroaresistente Honigbienen. Dass die Zucht auf einem guten Weg dorthin ist, verdeutlichte Martin Gabel vom Bieneninstitut im hessischen Kirchhain.
Apisticus des Jahres 2023
Traditionell wird im Rahmen der Veranstaltung der Preis „Apisticus des Jahres“ verliehen. In diesem Jahr erhielten Christa und Adolf Winkler aus Hohen Neuendorf in Brandenburg diese Auszeichnung für ihre großen Verdienste im Bereich der Honigbienenzüchtung.
Ende der der 1970er-Jahre suchte die damalige Forschungsstelle für Bienenwirtschaft der DDR eine Expertin für die künstliche Besamung von Bienenköniginnen, um die Zucht der Honigbienen voranzubringen. Sie fanden sie mit Christa Winkler. Technische Unterstützung erhielt diese von ihrem Mann, dem mit der „Winkler Spritze“, einer Kolbenspritze mit Dosiereinrichtung, eine „bahnbrechende“ Erfindung für die künstliche Besamung gelang, berichtete „Laudator“ Friedrich-Karl Tiesler vom Zuchtbeirat im Deutschen Imkerbundes.
Zu den weiteren Entwicklungen Winklers zählte eine Kühlbox, in der sich Drohnensperma über Wochen hält. Nach der Wende war das Ehepaar fachbezogen in ganz Deutschland, aber auch in angrenzenden Ländern wie Luxemburg, der Schweiz und Frankreich tätig. „Winklers haben immer hilfsbereit und niemals überheblich mehr als 40 Jahre lang zur Verbesserung der technischen Entwicklung bei der Bienenzucht beigetragen“, betonte Tiesler.
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