Kleine Roboter, die beispielsweise Rüben säen und hacken, gibt es schon länger – erste Exemplare sind praxisreif. Das Unternehmen AgXeed aus den Niederlanden mit dem AgBot (Wochenblatt 51/2021) sowie andere namhafte Hersteller setzen dagegen auf große, autonom fahrende Zugpferde – mal mit der bekannten Dreipunkt-Kopplung, mal als Selbstfahrer.
Schlepper, ob autonom oder nicht, gibt es also viele. Trotzdem entschieden Krone und Lemken gemeinsam unter dem Namen Combined Powers, in den umkämpften Markt einzusteigen. Sie wollen sich mit einem entscheidenden Merkmal von der Konkurrenz absetzen.
Der Hintergrund
Zuerst: Nein, auch Krone und Lemken wollen den Landwirt nicht abschaffen. Im Gegenteil – mit dem autonomen Schlepper sollen den meist hoch qualifizierten Arbeitskräften simple Tätigkeiten, die viel Zeit in Anspruch nehmen, abgenommen werden.
Doch die Idee für die VTE ging bei den beiden Unternehmen, die bislang nicht im Traktoren-Geschäft aktiv waren, nicht vom Schlepper aus. Vielmehr stand von Anfang an die Optimierung des Arbeitsprozesses im Fokus, erklärten Vertreter beider Unternehmen.
„Seit Jahren sind Isobus und das Tractor Implement Management (TIM) bewährte Schnittstellen, über die Schlepper und Anbaugeräte miteinander kommunizieren“, erklärt Jan Horstmann, Geschäftsführer Konstruktion und Entwicklung bei Krone. „Aber nach wie vor haben wir das Problem, dass einige Traktorenhersteller nicht bereit sind, unseren Maschinen den vollen Zugriff auf ihre Schlepper zu geben“, so Burkhard Sagemüller, Leiter der Entwicklung bei Lemken, weiter.
Den Zugriff auf den Schlepper benötigen die Unternehmen jedoch, um ihren Anspruch, die bestmögliche Qualität des Arbeitsprozesses wieder in den Fokus zu rücken, erreichen zu können. Damit können Anbaugeräte z. B. die Zapfwellendrehzahl oder die Geschwindigkeit des Schleppers bestimmen, um Verschleiß und Kraftstoffbedarf zu optimieren.
Die Maschine
Aktuell befindet sich die VTE in der zweiten Generation, von der die Unternehmen zwei Modelle gebaut haben – eins in Blau und eins in Grün.
Die Maschine schöpft ihre Kraft aus einem 170 kW/230 PS starken MTU-Motor, der die Leistung auf Elektromotoren weitergibt. Diese sorgen wiederum für den Achs- und Zapfwellenantrieb. Mit vier Reifen der Dimension 650/65 R38 überträgt die VTE seine Kraft auf den Boden. In der zweiten Generation steht nur ein Hubwerk zur Verfügung, aber die Maschine lässt sich im Zug- oder Schubbetrieb fahren.
Per Fernbedienung manövriert der Bediener die VTE auf den Acker, wo diese die zuvor am PC oder Tablet-Computer geplante Arbeit dann vollkommen autonom ausführt. Das Gerät verfügt über diverse Kameras und Sensoren zur Umfeldwahrnehmung, die Unfälle ausschließen soll. Die Unternehmen haben den Systemtest mit einer Puppe im Kleegrasbestand demonstriert – mit Erfolg.
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Aktuell kann die VTE bereits sechs verschiedene Prozesse abbilden: Mähen, Wenden, Schwaden, Pflügen, Grubbern und Säen. Zu den größten Herausforderungen zählte es hierbei, der künstlichen Intelligenz beizubringen, dass sie in einen Grasbestand fahren darf, ähnlich hohe andere Objekte aber unbedingt meiden muss.
„Und wenn der Grubber zusitzt?“
Bei der aktuell vorgestellten zweiten Generation der VTE handelt es sich noch um eine Konzeptstudie, bei der auch die Entwickler immer wieder vor neuen Herausforderungen stehen. Klar ist: Grubber mit Scherschrauben gehören in diesem System wohl der Vergangenheit an. Es stellen sich aber Fragen, über die Entwickler bemannter Traktoren nicht nachdenken müssen – zum Beispiel: „Was ist, wenn Erntereste den Grubber verstopfen?“, „Wie sorgt die Einheit dafür, dass die Maiskörnern auf heterogenen Flächen immer gleich tief liegen?“, oder „Wie kontrolliere ich, ob die Arbeitsqualität des Wenders stimmt?“
Um Antworten auf diese Fragen bieten zu können, testen die Entwickler eine Vielzahl an verschiedenen Sensoren, die ihre Daten an das Zugfahrzeug übertragen, sodass datentechnisch tatsächlich eine Einheit entsteht, die bestmögliche Ergebnisse erzielt und z. B. Verstopfungen schon erkennen soll, bevor sie entstehen.
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Für die folgende, dritte Generation, die im kommenden Jahr auf den Äckern unterwegs sein soll, planen die Unternehmen – je nach Materialverfügbarkeit – mit fünf Einheiten. Die Markteinführung ist aktuell nicht geplant, das Ziel lautet aber: „Zur übernächsten Agritechnica oder der danach.“ Die Kosten sollen dann leicht über denen eines Premium-Traktors liegen.
Der rechtliche Rahmen
„Dass die Technik für sicheres autonomes Fahren da ist, haben wir jetzt gezeigt. Jetzt brauchen wir endlich rechtliche Rahmenbedingungen“, fordert Horstmann. Während die bisherigen Tests noch stets unter Beobachtung laufen, arbeiten Krone und Lemken daran, dass es bis zur Markteinführung zulässig ist, die Maschinen auf dem Acker allein zu lassen – ohne diesen einzäunen zu müssen.
Darüber hinaus erhofft man sich, ebenso wie viele Automobilhersteller auch, klare Regeln für Fahrten im öffentlichen Verkehr. Aktuell ist das Umsetzen der VTE nur per Tieflader oder per Fernbedienung möglich, sodass das System unter den aktuellen Voraussetzungen wohl arrondierten Betrieben mit großen Flächen vorbehalten ist.
Rückmeldungen erwünscht
„Normalerweise wissen wir ja, was unsere Kunden sich wünschen und entwickeln auf dieser Basis neue Geräte“, erklärt Sagemüller. Doch in diesem Fall haben Krone und Lemken die VTE bis zu diesem Punkt geheim entwickelt, ohne Rückmeldungen aus dem Markt zu erhalten. „Jetzt sind wir aber an einem Punkt, an dem wir dieses Feedback unbedingt brauchen, um in die richtige Richtung weiterentwickeln zu können“, so Sagemüller. Aus diesem Grund haben die Unternehmen eine Online-Umfrage erstellt und rufen Landwirte und Lohnunternehmen zur Teilnahme auf.
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