Umgang mit dem Wolf
Die bestehenden rechtlichen Unzulänglichkeiten und die zunehmenden Probleme mit Wölfen haben dazu geführt, dass 2020 das BNatSchG novelliert und mit § 45 a eine eigene gesetzliche Regelung im Umgang mit dem Wolf eingefügt wurde. Vereinfacht gilt nun: Wenn sich Nutztierrisse keinem bestimmten Wolf eines Rudels zuordnen lassen, darf der Abschuss von einzelnen Mitgliedern des Rudels auch ohne Zuordnung der Schäden zu einem bestimmten Tier bis zum Ausbleiben der Schäden fortgeführt werden. Die Möglichkeit des Wolfsabschusses gilt auch für Entnahmen „im Interesse der Gesundheit des Menschen“. Der Abschuss nur eines einzigen Wolfes, wie aktuell bei Löningen verdeutlicht aber, wie hoch die Wellen danach schlagen. Der ehemalige grüne Umweltminister Christian Meyer sprach von „keinem guten Tag für den Artenschutz in Niedersachsen“. Die Umweltverbände WWF und NABU kritisierten die „geheimen Abschusslisten“ der Landesregierung. Der NABU hat zudem bei der EU eine Beschwerde gegen die seit dem 20. November geltende niedersächsische Wolfsverordnung eingereicht. Laut Ministerium regelt sie die in Niedersachsen zumutbaren Herdenschutzmaßnahmen. Bisherige pauschale Empfehlungen von 120 cm hohen Schutzelektrozäunen gegen Wölfe seien nicht in allen Fällen – zum Beispiel am Deich oder in der Heide – geeignet und zumutbar. Zudem ist in der VO die Entnahme eines Wolfes „im Interesse der Gesundheit des Menschen“ geregelt.
Die regierende CDU- und SPD-Fraktion hatte bereits im November 2020 in einem gemeinsamen Entschließungsantrag die Aufnahme des Wolfes in das niedersächsische Jagdrecht gefordert. Des Weiteren wurde der Bund zur Definition des günstigen Erhaltungszustandes sowie zu Managementplänen für ein rechtssicheres Bestandsmanagement aufgefordert. „Ja, der Wolf gehört in gewissem Maß nach Deutschland“, betont Gregor Beyer, Geschäftsführer des Forum Natur Brandenburg. Mit 600 Wölfen weist das Bundesland derzeit die weltweit höchste Wolfsdichte auf. Nach Ansicht Beyers ist es aber höchste Zeit, sich in Deutschland auf einen „Akzeptanzbestand“ zu verständigen.
Wölfin in Niedersachsen erschossen
In Niedersachsen wurde vor einer Woche eine Wölfin aus dem Herzlaker Rudel bei Löningen, Landkreis Cloppenburg, erschossen. Wie das Umweltministerium in Hannover mitteilte, waren im Territorium des Rudels Herzlake seit Ende 2018 rund 500 Schafe von Wölfen getötet worden. Dabei überwanden mehrere Tiere des Rudels mehrfach „zumutbaren Herdenschutz“ (zum Beispiel 120er-Zäune, Herdenschutzhunde). Zudem war es nachweislich zu zahlreichen, weiteren Rissen in Deichnähe gekommen. Dabei sei alleine bei einem Schäfer ein Schaden von bislang 50.000 € entstanden.
Nachdem zunächst im Frühjahr 2020 vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) eine Ausnahmegenehmigung zur Tötung einer Wölfin des Rudels erteilt worden war, wurde aufgrund weiterer Schadensereignisse, die nunmehr genetisch überwiegend einem männlichen Wolf des Rudels zugerechnet werden konnten, wiederum vom NLWKN im September 2020 eine erneute Ausnahmegenehmigung erteilt. Die nun gemeldete Tötung der Wölfin aus dem Herzlaker Rudel sei vollumfänglich nach dem Bundesnaturschutzgesetz (§ 45 a) gedeckt, teilte das Ministerium mit. Um die mit dem Vollzug befasste Person vor Übergriffen zu schützen, wird ihre Identität nicht bekannt gegeben.
Von zwei Wolfsberatern getrennt
Das Niedersächsische Umweltministerium hat zwei ehrenamtliche Wolfsberater von ihren Aufgaben entbunden. Diese hätten sich als Vorsitzender bzw. stellvertretener Vorsitzender eines Wolfsschutzvereins wiederholt öffentlich gegen Entscheidungen des Ministeriums sowie gegen die Wolfsverordnung ausgesprochen. Damit verstießen sie gegen die von ihnen bei Amtsantritt unterzeichneten Grundsätze. „Wir können als Land nicht verlangen, dass Weidetierhalter einen Wolfsberater für Rissaufnahmen und Zaunkontrollen anrufen, der in seiner Vereinstätigkeit lautstark für den kompromisslosen Schutz problematischer Einzelwölfe eintritt“, so Umweltminister Olaf Nies.
Folgen für den Naturschutz
Naturschützer nachdenklich stimmen sollte ein Forschungsbericht der Universität Freiburg und der Hochschule Geisenheim. Gerade Nebenerwerbsbetriebe und Hobbyhaltungen seien wichtige Partner des angewandten Naturschutzes und der Landschaftspflege. Angepasste Beweidung sei für den Erhalt einer großen Zahl an Lebensraumtypen sowie Arten notwendig. Die vom Wolf ausgelösten Verhaltensänderungen der Herden und die psychische Belastung durch die Sorge um bzw. den Verlust von Tieren, könnte zur Aufgabe der Weidetierhaltungen führen, deren Ausmaß nicht einzuschätzen sei. Der Naturschutz würde wichtige Partner verlieren.